Werne. Die Babyboomer-Jahrgänge, die künftig in den Ruhestand wechseln, demografischer Wandel, Wettkampf um qualifizierte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt oder auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – gerade für kleinere Städte wie Werne ist die Personalentwicklung in der Verwaltung ein großes Thema.
Im Haupt- und Finanzausschuss (9. Februar 2023) hat Dirk Mahltig, Dezernent für Verwaltungsservice, Digitalisierung und Datenverarbeitung, ein umfassendes Konzept mit dem Schwerpunkt Demografie vorgelegt und Handlungsbedarf bei Personalfindung und Bindung aufgezeigt.
„Ein Großteil der Erwerbstätigen in Deutschland ist älter als 50 Jahre. Auch in den
Verwaltungen werden in den nächsten Jahren viele qualifizierte Personen in den Ruhestand gehen. Das bedeutet aber nicht nur Verlust an Personal, sondern vor allem ein Verlust an (Lokal-) Wissen und Praxiserfahrung“, umreißt er im Vorwort die Situation. Außerdem setzten große Krisen, der ökologische Umbau von Gesellschaft und Wirtschaft sowie die zunehmende Komplexität von Prozessen die Mitarbeitenden unter enormen Druck, heißt es weiter.
So zeichnen sich in der Werner Stadtverwaltung ebenso wie in jenen anderer Kommunen ähnliche Entwicklungen ab: Freie Stellen können kaum oder gar nicht (nach)besetzt werden. Gleichzeitig brächten neue Projekte wie Klimaschutz, Mobilität, Bürgerdialog und die in alle Verwaltungsabteilungen hineinreichende Digitalisierung eine Aufgabenfülle mit sich, die mit dem vorhandenen Personal nicht mehr abzudecken sei.
Für die Verwaltung der Stadt Werne waren 2022 knapp dreihundert Mitarbeitende tätig. Im Jahr 2027 werden es 246 (minus 6 Prozent) und 2032 dann 194 (minus 34 Prozent) sein, hat Mahltig berechnet. Die Zahl der jährlichen Neueinstellungen habe sich innerhalb von zehn Jahren immerhin verdreifacht. Allein in den vergangenen drei Jahren gab es insgesamt 92 neu eingestellte Verwaltungskräfte. Inklusive der Auszubildenden mache dies rund ein Drittel der Mitarbeiterzahl aus. Das führte für die Personalverwaltung zu einem deutlich gestiegenen Arbeitsaufwand.
Gelingende Beschäftigten-Bindung
Doch wie bestehen in Konkurrenz zu den Verwaltungen in größeren, wenn kleinere Städte mit dem dortigen Gehaltsgefüge nicht mithalten können? In seiner Analyse geht Mahltig detailreich auf verschiedene Aspekte ein, nennt Aus- und Weiterbildung, Fortbildung und Qualifizierung von Führungskräften. Betriebliches Gesundheitsmanagement und eine altersgerechte Arbeitsplatzgestaltung gehören dazu. Ferner nennt der Dezernent Handlungsempfehlungen, um eine positive Arbeitgebermarke zu schaffen und so für eine gelingende Beschäftigten-Bindung zu sorgen.
Dazu zählt die professionelle Einarbeitung und Integration der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz (Onboarding) sowie die Unterstützung beim Wechsel (Crossboarding) oder Wiedereinstieg (Reboarding). Verlässt ein Mitarbeitender die Arbeitsstelle (Offboarding), sind beispielsweise auf fachlicher Ebene der Wissenstransfer und auf persönliche Ebene Wertschätzung gefragt.
Bisher sei es der Stadtverwaltung Werne (fast) immer gelungen, vakante Stellen mit qualifizierten Mitarbeiter/innen zu besetzen. Dies gestalte sich aber zunehmend schwieriger. Allein die Aussicht auf einen sicheren Arbeitsplatz genüge heute nicht mehr. „Weiche Kriterien wie Flexibilität und Vereinbarkeit von Beruf und Familie würden immer wichtiger“, bilanziert Dirk Mahltig. Eine Flexibilität, wie sie die Stadt Werne ihren Mitarbeitenden mit flexiblen Arbeitszeiten, Gleitzeit und Teilzeitmodellen auch schon lange biete.
An der „Sammlung der Probleme“ vermisste Grünen-Fraktionschef Benedikt Striepens schließlich mehr Handlungsanweisungen, man sei aber einen Schritt weiter, sagte er. Uta Leisentritt (CDU), schloss sich ihm an. Vor einem Jahr habe man in dem Gremium die Forderung nach einem Konzept gestellt, jetzt freue man sich über den ersten Aufschlag. Für die Beschäftigten-Bindung müsse man genügend Mittel etwa für Qualifizierung oder Gesundheitsförderung (Fitness/ Solebad) bereitstellen, argumentierte sie sinngemäß. Für Siegfried Scholz (SPD) bietet die „Checkliste“ eine gute Basis.
Tatsächlich sei es schwierig, qualifiziertes Personal zu finden, daran müsse man intensiver arbeiten, so Bürgermeister Lothar Christ. „Wir nehmen die Anträge ernst“, betonte er. Man werde Maßnahmen entwickeln und im Laufe des Jahres dann Geld bereitstellen.