Werne. Oliver Krischer, NRW-Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr, hatte der Ortsverband Werne von Bündnis 90/ Die Grünen am späten Freitagnachmittag (21.10.2022) in der Mensa des Anne-Frank-Gymnasiums zu Gast.
Mit auf dem Podium war Bürgermeister Lothar Christ, der den Politiker-Besuch aus Düsseldorf dazu nutzte, drängende Fragen zu verkehrlichen und umweltpolitischen Themen loszuwerden, die für die Stadt Werne, die Region und darüber hinaus auch bundesweit von Bedeutung sind.
Statt eines Vortrags hatte man sich angesichts des eng getakteten Terminplans des Gastes auf eine Fragerunde geeinigt, die die beiden OV-Sprecher Rita Benning-Schüttpelz und Christoffer Diedrich moderierten. Die Antworten des Ministers zu Themen wie dem Ausbau des 2. Bahngleises zwischen Werne und Münster, dem geplanten Wasserkraftwerk an der Lippe in Stockum und dem Radschnellweg RS1 wollten auch Vertreter aus den grünen Orts- und Kreisverbänden aus Ascheberg, Herbern, Nordkirchen, Unna und Coesfeld und heimischen Bürgerinitiativen hören.
Planungsstand 2. Gleis Lünen – Münster
Verspätungen, Zugausfälle, Ein-Stunden-Takt machen die Bahnfahrt auf der Strecke Lünen – Münster (Werne, Capelle, Ascheberg, Davensberg, Amelsbüren) nicht nur im Regionalverkehr zum Zeitspiel, sondern auch für den Fernverkehr zwischen den norddeutschen Ballungsgebieten, dem Ruhrgebiet sowie den Räumen Frankfurt/ Nürnberg / München.
Im April hatte NRW-Ministerpräsident Wüst angekündigt, den Planungsauftrag an die Deutsche Bahn zu übergeben. Im Mai folgte der große Durchbruch, als Staatssekretär Michael Theurer vom Bundesverkehrsministerium in Werne den Ausbau der 24 Kilometer langen Teilstrecke von Werne bis Münster-Süd in Aussicht stellte.
Etwa 90.000 Autofahrten, schätzte Karl-Friedrich Ostholt am Rande des Ministerbesuchs gegenüber WERNEplus ein, könnten so per anno wegfallen. Er hatte vor drei Jahren aus der Kaufmannschaft „Wir für Werne“ heraus ein breites Bündnis für die Forderung nach dem 2. Gleis geschmiedet. Darin vertreten sind die Oberbürgermeister der Großstädte Dortmund und Münster, die Industrie- und Handwerkskammern und die Bürgermeister/innen der Strecken-Anrainer.
„Ist der Planungsauftrag schon bei der Bahn, sind die Ausschreibungen schon raus, gibt es Ansprechpartner?”, fragte Bürgermeister Lothar Christ bei Oliver Krischer nach. Die ganze Region stehe in einem breiten Bündnis dahinter.
„Die Finanzierung steht, aber das Personal für die Planung fehlt. Das ist der Flaschenhals, die Leute gibt es einfach nicht.“
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer zum 2. Bahngleis
Der Verkehrsminister mochte noch keine „Einladung zum Spatenstich“ aussprechen. Die gemischten Zuständigkeiten der drei Beteiligten Bund, Land und Bahn machten die Sache nicht einfacher. „Die Finanzierung steht, aber das Personal für die Planung fehlt. Das ist der Flaschenhals, die Leute gibt es einfach nicht“, stellte er den grassierenden Personalmangel fest. Dennoch rechne er in „allernächster Zeit mit einem positiven Ergebnis“, hieß es. „Da gibt es keinen Dissens.“
Planungsstand Radschnellweg RS1
Auf die Frage von Christoffer Diedrich nach Neuigkeiten zum Thema RS1 – die Stadt Werne strebt hier ebenfalls seit langem einen Zuwegung an – trat der Verkehrsminister allerdings auf die Bremse. Die Euphorie sei zunächst groß gewesen, die Umsetzung stoße allerdings auf große Schwierigkeiten. So seien Grundstücksfragen ein Riesenproblem. „Es gibt für das Bauen von Radwegen auf eigenen Routen kein vernünftiges Recht in Deutschland“, führte er zudem aus und betonte: „Aber der Druck ist da. Wir haben das Geld und wir müssen Strukturen schaffen.“ Der Radverkehr zähle immer mehr zur Alltagsmobilität und müsse einen Anteil von 30 Prozent erreichen.
Aufhorchen ließ die Einschätzung des Ministers zum 9‑Euro-Ticket. Das sei für den ÖPNV ähnlich bedeutend gewesen, wie der Mauerfall. 99 Prozent der Menschen kennen die Ticket-Aktion, die besten Marken hätten nicht diese Bekanntheit. 80 Prozent der Kunden seien zufrieden bis sehr zufrieden gewesen und auch von den Erstfahrern sei viel positive Resonanz gekommen. Das Nachfolge-Ticket für 49 Euro sei in Arbeit. Jetzt wird vieles möglich, das hatte ich nicht erwartet, gab er zu. Nur so könnten auch Jahre der Stagnation bei Bus und Bahn überwunden werden, ansonsten käme es hier zu einem Abbau, hieß es. Da seien sich die 16 Verkehrsminister einig. Denn: Verkehrspolitik ist auch Klimapolitik.
Wasserkraftwerk an der Lippe in Stockum
Bei der Nutzung von Wasserkraft zur regenerativen Stromerzeugung und einer ökologischen Verbesserung von Gewässern gebe es Interessengegensätze, stellte Oliver Krischer fest. Er habe eine Reihe von Briefen bekommen, schilderte er. Wasserkraftnutzung habe ein eher begrenztes Potenzial, dennoch sei es sein Bestreben, beides möglich zu machen. „Da muss man beides hinkriegen“, fand er.
Den Hinweis auf einen Kreisverkehr an der Kreuzung Kamener Straße / Südring und der künftigen Einfahrt zur Surfwrld, den Werners Bürgermeister ansprach, nahm der Grünen-Politiker ebenso mit wie jenen von Holger Bergermann von der Initiative Rad, einen Lückenschluss für Radfahrer auf der Lünener Straße ab Steintor-Kreuzung bis zum Ortsausgang zu prüfen.