Samstag, März 25, 2023

OVG nimmt sich Kalkulation der Abwassergebühren vor

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Wer­ne. Das nord­rhein-west­fä­li­sche Ober­ver­wal­tungs­ge­richt (OVG) hat sei­ne Recht­spre­chung zur Berech­nung der Abwas­ser­ge­büh­ren geän­dert und einem Klä­ger gegen die Stadt Oer-Erken­sch­wick Recht gege­ben. Das Urteil kön­ne weit­rei­chen­de Fol­gen für die Gebüh­ren­kal­ku­la­tio­nen aller Städ­te und Gemein­den in Nord­rhein-West­fa­len haben, heißt es Berich­ten zufol­ge zum Urteil.

Weil dem­nach alle Städ­te glei­cher­ma­ßen kal­ku­liert haben, dürf­te der Rich­ter­spruch im Fal­le von Oer-Erken­sch­wick nun Krei­se zie­hen. Grund­sätz­lich dür­fen Gebüh­ren maxi­mal kos­ten­de­ckend erho­ben werden.

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Das OVG Müns­ter kom­me in sei­nem Urteil zu der Auf­fas­sung, dass die Berech­nung von kal­ku­la­to­ri­schen Abschrei­bun­gen und kal­ku­la­to­ri­schen Zin­sen in der Abwas­ser­ge­bühr zu einem Gebüh­ren­auf­kom­men führt, das die Kos­ten der Anla­gen über­schrei­tet. So lägen laut der Ände­rung der bis­he­ri­gen, 1994 begrün­de­ten Recht­spre­chung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, zwei grund­le­gen­de Kal­ku­la­ti­ons­feh­ler vor:

Anders als bei der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung, sei der gleich­zei­ti­ge Ansatz einer Abschrei­bung der Ent­wäs­se­rungs­an­la­gen mit ihrem Wie­der­be­schaf­fungs­zeit­wert sowie einer kal­ku­la­to­ri­schen Ver­zin­sung des Anla­ge­ver­mö­gens mit dem Nomi­nal­zins­satz (ein­schließ­lich Infla­ti­ons­ra­te) unzu­läs­sig. Der Wie­der­be­schaf­fungs­zeit ist der Preis, den eine Anla­ge glei­cher Art und Güte für die Neu­an­schaf­fung gezahlt wer­den müsste.

Außer­dem sei der von der Stadt (Oer-Erken­sch­wick) in der Gebüh­ren­kal­ku­la­ti­on – eben­falls auf Basis der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung – ange­setz­te Zins­satz von 6,52 Pro­zent sach­lich nicht mehr gerecht­fer­tigt. Bis­lang wur­de der ein­heit­li­che Nomi­nal­zins­satz für Eigen- und Fremd­ka­pi­tal aus dem Durch­schnitt der Emis­si­ons­ren­di­ten für fest­ver­zins­li­che Wert­pa­pie­re über einen Zeit­raum von 50 Jah­ren zugrun­de gelegt. Fer­ner konn­ten Städ­te und Gemein­den einen pau­scha­len Zuschlags von 0,5 Pro­zent­punk­ten für höhe­re Fremd­ka­pi­tal­zin­sen erhe­ben. Das gehe über eine ange­mes­se­ne Ver­zin­sung des für die Abwas­ser­be­sei­ti­gungs­an­la­gen auf­ge­wand­ten Kapi­tals hin­aus, urteil­te jetzt das OVG.

Statt­des­sen hält es das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt für ange­mes­sen, bei einer ein­heit­li­chen Ver­zin­sung den zehn­jäh­ri­gen Durch­schnitt die­ser Geld­an­la­gen ohne einen Zuschlag zugrun­de zu legen. Dar­aus ergä­be sich für das Jahr 2017 bei der von der Stadt Oer-Erken­sch­wick ansons­ten gewähl­ten Metho­de ein Zins­satz von 2,42 Prozent.

Aktu­ell käme bei einer Durch­schnitts­be­rech­nung über zehn Jah­re ange­sichts der all­ge­mei­nen Zins­ent­wick­lung wohl ein noch gerin­ge­rer Zins­satz zustan­de, schätz­te Alex­an­der Höring, Refe­rent von Käm­me­rer Mar­co Schul­ze-Becking­hau­sen auf Nach­fra­ge von WERN­Eplus, ein. Anders als im Bei­spiel der Stadt Oer-Erken­sch­wick hat­te die Stadt Wer­ne bei der Kal­ku­la­ti­on der Abwas­ser­ge­büh­ren im Jahr 2021 bereits einen redu­zier­ten Zins­satz von 4,75 Pro­zent zugrun­de gelegt. Auf Basis des OVG-Urteils wer­de man die Gebüh­ren im Herbst neu kal­ku­lie­ren, hieß es.

Ina Schar­ren­bach, geschäfts­füh­ren­de NRW-Minis­te­rin für Hei­mat, Kom­mu­na­les, Bau und Gleich­stel­lung, zum Rich­ter­spruch: „Das Urteil ist weit­rei­chend und bedarf einer inten­si­ven Prü­fung. Die Urteils­be­grün­dung liegt noch nicht vor. Eine Prü­fung schließt auch mög­li­che Ver­än­de­run­gen an lan­des­ge­setz­li­chen Grund­la­gen ein, damit in Zukunft eine qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Abwas­ser­ent­sor­gung gesi­chert wer­den kann, wie sie auch das euro­päi­sche Recht for­dert. Das Urteil ist noch nicht bestands­kräf­tig und es ist abzu­war­ten, ob die beklag­te Stadt Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de beim Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt erhebt.“

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