Werne. Ein reicher Mann blickt am Ende der Erntezeit auf seine vollen Getreidespeicher. Er sieht, dass kein Platz mehr zum Deponieren der neuen Erntemenge da ist. Der erfolgreiche Getreidebauer schmiedet deshalb Pläne für weitere Getreidespeicher. Der Kornbauer glaubt sich nun für lange Zeit sehr gut versorgt. Doch wenige Stunden später ist er tot.
Diese Geschichte erzählt Jesus in einem seiner Gleichnisse. Was hat der Mensch, von dem Jesus spricht, nun falsch gemacht? Aus irdischer Sicht wohl gar nichts. Sein Bauentschluss ist angesichts der riesigen Ernte wohl logisch. Sein Fehler besteht, so erklärt Jesus, in seiner Selbstsicherheit.
Nun wird der eine oder andere Leser einwenden, er sei kein reicher Kornbauer, sondern habe ganz andere Sorgen. Wir leben in einer schwierigen Zeit. Die warmen Monate sind vorbei, die winterliche Kälte steht bevor. Manche Menschen wissen nicht, wie sie angesichts der horrenden Gaspreise ihre Wohnung beheizen können. Leere Supermarktregale bei bestimmten Produkten signalisieren eine Ausnahmesituation. Und wer mit seinem Auto täglich zur Arbeit fahren muss, stöhnt unter astronomisch hohen Benzin- und Dieselpreisen. Außerdem droht noch Corona und manche erwarten für 2023 eine große Wirtschaftskrise. Was sind dem gegenüber schon die Sorgen eines reichen Bauern?
Übertragen auf unsere Zeit ist der reiche Kornbauer ein gut bezahlter Manager, dem es darum geht, sein Vermögen zu sichern. Ihm ist es egal, wie teuer das Heizen oder die Autofahrt ist. Er wähnt sich auf der guten Seite des Lebens. An Gott denkt er nicht im geringsten. Wozu auch? Er hat doch alles, was ihm mittel- oder sogar langfristig ein gutes Leben sichert.
Doch was sollen Menschen machen, die eben nicht im Geld schwimmen? Natürlich enthält die Bibel kein Rezept für Geldvermehrung oder versteckt einen Geheimweg zu irgendwelchen Schätzen. Jesus gibt im selben Kapitel des Lukas-Evangeliums einen wichtigen psychologischen Rat, der heute genau so aktuell ist, wie vor 2.000 Jahren. Er warnt davor, sich Sorgen zu machen. Das heißt selbstverständlich nicht, den Kopf in den Sand zu stecken und so zu tun, als gäbe es Energiekrise, Seuche und Krieg nicht.
Wer sich nur mit düsteren Sorgen umgibt, gerät auf eine Einbahnstraße, an deren Ende die Panik lauert. Jeder weiß, dass die Panik die allerschlechteste Reaktion auf Probleme ist. Neben dieser Einbahnstraße stehen Wölfe von rechts und links, die die Ängste anheizen und die Menschen auf der Einbahnstraße noch schneller in die Panik treiben. Deswegen warnt Jesus davor, sich Sorgen zu machen. Was aber bietet er als Alternative an?
Genau hier beginnt die christliche Antwort auf die Sorgenfrage. Wie schon festgestellt, sehen auch Christen die Probleme. Sie sehen jedoch gleichzeitig die Realität Gottes und vertrauen ihm, wenn sie ihn um Hilfe bitten. Dieser Gott ist größer, als jede Sorge es je sein kann. Wer nicht nur Sorgen sieht, behält eine nüchterne Einschätzung der Gegenwart. Bisher ist nicht klar, wie der kommende Winter wettermäßig wird.
Ebenso unklar ist, in welchem Umfang der Staat hilft und wie diese Hilfe bei den Bürgern ankommt. Diese Sorgen sind rein vorsorgliche Gedanken und orientieren sich am schlimmstmöglichen Szenario. Das gilt ebenso für den Ukrainekrieg. Wer jetzt schon Atompilze über westlichen Großstädten sieht, verliert den Blick für die gegenwärtigen Probleme. Wie können wir weiteren Platz für ukrainische Flüchtlinge bereiten, ist eines dieser Probleme. Die Warnung und Mahnung Jesu ist deutlich: „Seid wachsam und nüchtern!“
Mit freundlichen Grüßen
Hermann-Peter Steinmüller, Christliche Gemeinde Werne