Donnerstag, März 30, 2023

AFG-Schüler: Neuer Name für „Russischen Friedhof“

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Wer­ne. Die Gedenk­stät­te „Rus­si­scher Fried­hof“ am Süd­ring soll in Zukunft „Gedenk­stät­te Zwangs­ar­beit Wer­ne“ heißen. 

Ange­sto­ßen haben die Namens­än­de­rung der Begräb­nis­stät­te, wo nach dem Zwei­ten Welt­krieg Zwangs­ar­bei­te­rin­nen und ‑arbei­ter bei­gesetzt wor­den waren, Schü­le­rin­nen und Schü­ler des Anne-Frank-Gym­na­si­ums Wer­ne. Ange­sto­ßen haben sie aber mehr. Denn bei einem blo­ßen sym­bo­li­schen Akt der Umbe­nen­nung soll es nicht bleiben.

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Viel­mehr ist der Aus­bau der Gedenk­stät­te zu einem außer­schu­li­schen Lern­ort das Ziel der geschichts­be­wuss­ten AFG-Jugend­li­chen. Die­se sol­le zudem zu einem Ort der Begeg­nung und des Erin­nerns für die Wer­ner Bevöl­ke­rung wer­den. Eine leben­di­ge Erin­ne­rungs­kul­tur ver­ste­hen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler als Auf­trag der Namens­ge­be­rin ihrer Schule.

Ihre Ideen dazu mach­te eine AFG-Dele­ga­ti­on in der Sit­zung des Stadt­ra­tes am Mitt­woch, 28. Sep­tem­ber 2022, in einer ein­drucks­vol­len Prä­sen­ta­ti­on deut­lich. Künf­tig wol­len sie für die dau­er­haf­te Pfle­ge des Grä­ber­fel­des und gestal­te­ri­sche Maß­nah­men sor­gen. Auch die der­zeit kaum kennt­li­che Zuwe­gung zum Fried­hof sol­le, so die Pla­nung der Gym­na­si­as­ten, mit einer Hin­weis­ta­fel in den Blick gerückt wer­den, die das selbst ent­wi­ckel­te Logo für die Gedenk­stät­te tra­gen soll.

Als Basis eines lang­fris­ti­gen Enga­ge­ments hat­te das AFG nach ein­ge­hen­der Archiv­for­schung meh­re­rer Geschichts­leis­tungs­kur­se sowie der Open­ion-AG bei der Stadt Wer­ne um die Über­nah­me der Paten­schaft für die Gedenk­stät­te gebe­ten. Die Initia­ti­ve mün­de­te im Janu­ar 2022 in die fei­er­li­che Über­ga­be der Paten­schafts­ur­kun­de durch Bür­ger­meis­ter Lothar Christ.

Geschichts­be­wusst und enga­giert prä­sen­tier­te die AFG-Dele­ga­ti­on ihre Ideen im Stadt­rat. Foto: Gaby Brüggemann

Geschichts­be­wuss­te Erinnerungskultur

Auf dem „Rus­si­schen Fried­hof“, der spä­ter den Zusatz „soge­nann­ter Rus­si­scher Fried­hof“ bekam, sind 111 Opfer von Zwangs­ar­beit aus Russ­land, der Ukrai­ne, Bela­rus, Polen und Rumä­ni­en bestat­tet. Dar­un­ter sind neben 13 Frau­en auch zehn Kin­der. Neben Arbeiter/innen des Zwangs­ar­beits­la­gers der Zeche Wer­ne wur­den hier auch in der Wer­ner Umge­bung ver­streut begra­be­ne Zwangs­ar­bei­ter zusam­men­ge­führt, recher­chier­ten die Jugendlichen.

Die Run­de der Rats­mit­glie­der ver­folg­te beein­druckt die kla­ren Aus­füh­run­gen der Jugend­li­chen und Bür­ger­meis­ter Lothar Christ spar­te nicht mit Aner­ken­nung für die „über­zeu­gen­de Prä­sen­ta­ti­on, die Krea­ti­vi­tät und das gro­ße Enga­ge­ment“. Der Fried­hof sei eine der weni­gen Stel­len in Wer­ne, wo das Nazi-Unrecht heu­te noch sicht­bar wer­de. Dies ange­mes­sen her­vor­zu­he­ben, habe man nicht hin­be­kom­men, räum­te er aus Sicht der Stadt ein.

Auch die der­zeit kaum kennt­li­che Zuwe­gung zum Fried­hof sol­le, so die Pla­nung der Gym­na­si­as­ten, mit einer Hin­weis­ta­fel in den Blick gerückt wer­den, die das selbst ent­wi­ckel­te Logo für die Gedenk­stät­te tra­gen soll. Foto: Wagner

„Ganz fan­tas­tisch“, zeig­te sich Uta Lei­sen­tritt, Vor­sit­zen­de der CDU-Frak­ti­on, „abso­lut begeis­tert“ von der Prä­sen­ta­ti­on, die von den Jugend­li­chen im Wech­sel vor­ge­tra­gen wur­de. Dass das The­ma heu­te so aktu­ell sei, habe nie­mand ahnen kön­nen, ergänz­te sie.

Lars Hüb­chen (SPD) wies auf dar­auf hin, dass der Fried­hof lan­ge ein „Schat­ten­da­sein“ geführt habe. „Gro­ßes Kom­pli­ment, eine neue Qua­li­tät“, lob­te er.

„Cha­peau“, schloss sich Dr. Tho­mas Grem­me (UWW) sei­nen Vor­red­nern an, und reg­te an, den Namen in Gedenk­stät­te Zwangs­ar­bei­ter Wer­ne zu ändern. Denn man wol­le ja der Men­schen geden­ken und nicht der Zwangs­ar­beit, mein­te er.

Bär­bel Börs­te (Bünd­nis 90/Die Grü­nen) beton­te: „Die Umbe­nen­nung war längst über­fäl­lig, ins­be­son­de­re auch als Aus­ein­an­der­set­zung mit der Erstar­kung der Rech­ten“. Es sei wich­tig, das Geden­ken über Gene­ra­tio­nen wei­ter zu tra­gen, hieß es sinngemäß.

Mari­ta Fun­hoff (SPD) appel­lier­te an die Jugend­li­chen: „Geht mit dem Kon­zept noch stär­ker an die Öffent­lich­keit, tragt es außen.“

Ohne Aus­nah­me stimm­ten die Rats­mit­glie­der für die Namens­än­de­rung und eine neue Zukunft der Gedenk­stät­te in einem hof­fent­lich grö­ße­ren öffent­li­chen Bewusst­sein. Ob der Vor­schlag von Dr. Grem­me umge­setzt wer­den soll, über­ließ die Run­de auf Vor­schlag des Bür­ger­meis­ters den Gym­na­si­as­ten und ent­ließ die­se – und das war eben­so unge­wöhn­lich wie ver­dient – mit lang­an­hal­ten­dem Applaus.

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