Donnerstag, Februar 15, 2024

AFG-Schüler: Neuer Name für „Russischen Friedhof“

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Werne. Die Gedenkstätte „Russischer Friedhof“ am Südring soll in Zukunft „Gedenkstätte Zwangsarbeit Werne“ heißen.

Angestoßen haben die Namensänderung der Begräbnisstätte, wo nach dem Zweiten Weltkrieg Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter beigesetzt worden waren, Schülerinnen und Schüler des Anne-Frank-Gymnasiums Werne. Angestoßen haben sie aber mehr. Denn bei einem bloßen symbolischen Akt der Umbenennung soll es nicht bleiben.

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Vielmehr ist der Ausbau der Gedenkstätte zu einem außerschulischen Lernort das Ziel der geschichtsbewussten AFG-Jugendlichen. Diese solle zudem zu einem Ort der Begegnung und des Erinnerns für die Werner Bevölkerung werden. Eine lebendige Erinnerungskultur verstehen die Schülerinnen und Schüler als Auftrag der Namensgeberin ihrer Schule.

Ihre Ideen dazu machte eine AFG-Delegation in der Sitzung des Stadtrates am Mittwoch, 28. September 2022, in einer eindrucksvollen Präsentation deutlich. Künftig wollen sie für die dauerhafte Pflege des Gräberfeldes und gestalterische Maßnahmen sorgen. Auch die derzeit kaum kenntliche Zuwegung zum Friedhof solle, so die Planung der Gymnasiasten, mit einer Hinweistafel in den Blick gerückt werden, die das selbst entwickelte Logo für die Gedenkstätte tragen soll.

Als Basis eines langfristigen Engagements hatte das AFG nach eingehender Archivforschung mehrerer Geschichtsleistungskurse sowie der Openion-AG bei der Stadt Werne um die Übernahme der Patenschaft für die Gedenkstätte gebeten. Die Initiative mündete im Januar 2022 in die feierliche Übergabe der Patenschaftsurkunde durch Bürgermeister Lothar Christ.

Geschichtsbewusst und engagiert präsentierte die AFG-Delegation ihre Ideen im Stadtrat. Foto: Gaby Brüggemann

Geschichtsbewusste Erinnerungskultur

Auf dem „Russischen Friedhof“, der später den Zusatz „sogenannter Russischer Friedhof“ bekam, sind 111 Opfer von Zwangsarbeit aus Russland, der Ukraine, Belarus, Polen und Rumänien bestattet. Darunter sind neben 13 Frauen auch zehn Kinder. Neben Arbeiter/innen des Zwangsarbeitslagers der Zeche Werne wurden hier auch in der Werner Umgebung verstreut begrabene Zwangsarbeiter zusammengeführt, recherchierten die Jugendlichen.

Die Runde der Ratsmitglieder verfolgte beeindruckt die klaren Ausführungen der Jugendlichen und Bürgermeister Lothar Christ sparte nicht mit Anerkennung für die „überzeugende Präsentation, die Kreativität und das große Engagement“. Der Friedhof sei eine der wenigen Stellen in Werne, wo das Nazi-Unrecht heute noch sichtbar werde. Dies angemessen hervorzuheben, habe man nicht hinbekommen, räumte er aus Sicht der Stadt ein.

Auch die derzeit kaum kenntliche Zuwegung zum Friedhof solle, so die Planung der Gymnasiasten, mit einer Hinweistafel in den Blick gerückt werden, die das selbst entwickelte Logo für die Gedenkstätte tragen soll. Foto: Wagner

„Ganz fantastisch“, zeigte sich Uta Leisentritt, Vorsitzende der CDU-Fraktion, „absolut begeistert“ von der Präsentation, die von den Jugendlichen im Wechsel vorgetragen wurde. Dass das Thema heute so aktuell sei, habe niemand ahnen können, ergänzte sie.

Lars Hübchen (SPD) wies auf darauf hin, dass der Friedhof lange ein „Schattendasein“ geführt habe. „Großes Kompliment, eine neue Qualität“, lobte er.

„Chapeau“, schloss sich Dr. Thomas Gremme (UWW) seinen Vorrednern an, und regte an, den Namen in Gedenkstätte Zwangsarbeiter Werne zu ändern. Denn man wolle ja der Menschen gedenken und nicht der Zwangsarbeit, meinte er.

Bärbel Börste (Bündnis 90/Die Grünen) betonte: „Die Umbenennung war längst überfällig, insbesondere auch als Auseinandersetzung mit der Erstarkung der Rechten“. Es sei wichtig, das Gedenken über Generationen weiter zu tragen, hieß es sinngemäß.

Marita Funhoff (SPD) appellierte an die Jugendlichen: „Geht mit dem Konzept noch stärker an die Öffentlichkeit, tragt es außen.“

Ohne Ausnahme stimmten die Ratsmitglieder für die Namensänderung und eine neue Zukunft der Gedenkstätte in einem hoffentlich größeren öffentlichen Bewusstsein. Ob der Vorschlag von Dr. Gremme umgesetzt werden soll, überließ die Runde auf Vorschlag des Bürgermeisters den Gymnasiasten und entließ diese – und das war ebenso ungewöhnlich wie verdient – mit langanhaltendem Applaus.

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