Sonntag, März 26, 2023

Werkfeuerwehr Gersteinwerk nach 84 Jahren aufgelöst

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Sto­ckum. Die Werk­feu­er­wehr des Ger­stein­werks in Wer­ne-Sto­ckum hat nach 84 Jah­ren am 19. August 2020 plan­mä­ßig ihre Arbeit ein­ge­stellt. Die Brand­schutz­ver­ant­wor­tung für das Kraft­werks­ge­län­de mit vier ver­blei­ben­den Gas­blö­cken liegt fort­an bei der Frei­wil­li­gen Feu­er­wehr Wer­ne. Bei Gui­do Ernst, Lei­ter der Werk­feu­er­wehr, sorg­te die Besie­ge­lung beim Pres­se­ter­min am Mon­tag für viel Wehmut.

Haupt­grund für die­se „Rekom­mu­na­li­sie­rung der Werk­feu­er­wehr“ ist das Ende der Stein­koh­le­ver­stro­mung in Wer­ne-Sto­ckum. Seit Block K im April 2019 still­ge­legt wur­de, hat sich das Brand­schutz-Risi­ko deut­lich ver­rin­gert. Rück­te die Werk­feu­er­wehr frü­her bis zu 200-mal pro Jahr aus, schlu­gen die rund 4.500 Brand­mel­der zuletzt nur noch rund 50-mal aus – Fehl­alar­me ein­ge­rech­net. Auf dem Kraft­werks­ge­län­de lagern kei­ne Stof­fe mehr, die per Stör­fall­recht eine Werk­feu­er­wehr vor­schrei­ben wür­den. Zudem wer­den Ende 2020 statt der ursprüng­lich 200 Mit­ar­bei­ter nur noch elf Kol­le­gen im Kraft­werk arbei­ten – zu wenig, um rund um die Uhr einen vol­len Lösch­zug bereit zu halten.

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Sein Opa und sein Vater waren schon bei der Werk­feu­er­wehr, schließ­lich auch Gui­do Ernst, der sag­te: „Es fühlt sich unwirk­lich an, jetzt los­las­sen zu müs­sen. Die Arbeit war mehr Beru­fung als Beruf. Aber die Fort­füh­rung macht kei­nen Sinn mehr.” Der bis­he­ri­ge Lei­ter und nun „nur” noch Brand­schutz­be­auf­trag­te über­reich­te sym­bo­lisch einen XXL-Spe­zi­al­schlüs­sel, der zum Zurück­set­zen einer Brand­mel­de­an­la­ge benö­tigt wird, an Wer­nes Feu­er­wehr-Chef Tho­mas Temmann.

„Durch inten­si­ve Vor­ar­beit und vie­le gemein­sa­me Übun­gen und Ein­sät­ze mit den Kame­ra­den der Werk­feu­er­wehr füh­len wir uns sehr gut vor­be­rei­tet auf die neue Auf­ga­be”, mein­te Tem­mann. Er beton­te aber, dass sich die Frei­wil­li­ge Feu­er­wehr nicht um neue Auf­ga­ben rei­ße, denn sonst käme das Ehren­amt irgend­wann an sei­ne Gren­ze. Durch eine neue Brand­mel­de­an­la­ge im Werk sei er aber guter Din­ge, dass Fehl­alar­me mini­miert werden.

Die Brandschutzverantwortung im Gersteinwerk ist nach zweieinalb Jahren detaillierter Vorbereitung von der Werkfeuerwehr an die Freiwillige Feuerwehr Werne übergeben worden. Bürgermeister Lothar Christ (von links), Jörg Mehringskötter (Feuerwehr Werne), Guido Ernst (Leiter Werksfeuerwehr), Werkleiter Christoph Schlechter und Thomas Temmann, Chef der Freiwilligen Feuerwehr Werne, waren dabei. Foto: Wagner
Die Brand­schutz­ver­ant­wor­tung im Ger­stein­werk ist nach zwei­einalb Jah­ren detail­lier­ter Vor­be­rei­tung von der Werk­feu­er­wehr an die Frei­wil­li­ge Feu­er­wehr Wer­ne über­ge­ben wor­den. Bür­ger­meis­ter Lothar Christ (von links), Jörg Meh­rings­köt­ter (Feu­er­wehr Wer­ne), Gui­do Ernst (Lei­ter Werks­feu­er­wehr), Werk­lei­ter Dr. Chris­toph Schlech­ter und Tho­mas Tem­mann, Chef der Frei­wil­li­gen Feu­er­wehr Wer­ne, waren dabei. Foto: Wagner

Die Werk­feu­er­wehr um Gui­do Ernst hat­te in der Vor­be­rei­tung alle rele­van­ten Gefah­ren­be­rei­che doku­men­tiert und mit soge­nann­ten Feu­er­wehr­lauf­kar­ten, ein ana­lo­ges Navi­ga­ti­ons­ge­rät, dafür gesorgt, dass die Ein­hei­ten schnell vor Ort ein­grei­fen kön­nen, wenn sie gebraucht wer­den. Denn beson­ders die Orts­kennt­nis sei eine Her­aus­for­de­rung gewe­sen, so Tho­mas Temmann.

Die Bezirks­re­gie­rung Arns­berg hat den Pro­zess beglei­tet und kon­kre­te Auf­la­gen erteilt: So muss­ten z.B. alle Gebäu­de durch­num­me­riert, neue Feu­er­wehr­plä­ne erstellt, die Stand­or­te aller Rauch­mel­der ver­zeich­net und sämt­li­che Gefah­ren­be­rei­che doku­men­tiert wer­den. Alles, damit sich die rund 160 Ein­satz­kräf­te der Frei­wil­li­gen Feu­er­wehr im Ernst­fall zurecht­fin­den. Und es funk­tio­niert: Seit Jah­res­be­ginn gin­gen sie­ben Alar­me vom Werks­ge­län­de gleich­zei­tig bei der Frei­wil­li­gen Feu­er­wehr Wer­ne und der Werk­feu­er­wehr ein. Bei die­sen Ein­sät­zen war die Werk­feu­er­wehr stets prä­sent. Doch die Ein­satz­lei­tung vor Ort lag bereits bei den Kol­le­gen der städ­ti­schen Feu­er­wehr. Die­se „Dop­pel­be­reit­schaft“ ende­te mit Geneh­mi­gung der Bezirks­re­gie­rung ver­gan­ge­ne Woche.

Bür­ger­meis­ter Lothar Christ dank­te den Mit­glie­dern der Werk­feu­er­wehr und zoll­te sei­nen Respekt für die gute Zusam­men­ar­beit mit der Frei­wil­li­gen Feu­er­wehr in den ver­gan­ge­nen Jah­ren. Tem­mann ergänz­te: „Die Kol­le­gen hier waren immer unser fünf­ter Lösch­zug, sie haben immer dazu gehört. Es tat gut, die Werk­feu­er­wehr im Rücken zu haben.” Tat­säch­lich sind eini­ge „Blau­rö­cke” des Ger­stein­werks auch Mit­glied im Lösch­zug Sto­ckum. Der stell­ver­tre­ten­de Lei­ter der Feu­er­wehr Wer­ne, Jörg Meh­rings­köt­ter, hat­te wie­der­um selbst eine 36-jäh­ri­ge Ver­gan­ge­nen­heit bei der Werk­feu­er­wehr. Ob viel­leicht das eine oder ande­re Fahr­zeug der Kol­le­gen zum Lösch­zug Sto­ckum wech­selt, sei aller­dings unge­wiss. „Wir füh­ren Gesprä­che, aber RWE hat natür­lich noch eini­ge Wer­ke, wo die­se gebraucht wer­den”, so Mehringskötter.

Dr. Chris­toph Schlech­ter, Lei­ter des Ger­stein­werks, erklär­te: „Den letz­ten Tag ihrer Ein­heit haben die Män­ner unse­rer Werk­feu­er­wehr genau­so vor­be­rei­tet, wie sie hier jahr­zehn­te­lang ihre Arbeit erle­digt haben: pro­fes­sio­nell und als Team­play­er. Dafür ver­die­nen sie höchs­ten Respekt. Eine so tra­di­ti­ons­rei­che Abtei­lung auf­zu­lö­sen, ist hart.”

Doch die Rol­le des Ger­stein­werks habe sich gewan­delt und eine Werk­feu­er­wehr sei nicht mehr erfor­der­lich. Ein deut­lich ver­klei­ner­tes Kraft­werks­team sor­ge hier künf­tig dafür, dass die fle­xi­blen Gas­blö­cke Strom bereit­stel­len, wenn es der Markt erfor­dert. Die Blö­cke F und G sind ab Okto­ber Bestand­tei­le der Kapa­zi­täts­re­ser­ve der deut­schen Übertragungsnetzbetreiber.

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