Werne. Joseph Funhoff war Seele und Motor des Heimatvereins Werne. Am Mittwoch, 7. Juni, ist er gestorben. Der Heimatverein spricht seiner Frau Ulla und den Söhnen mit ihren Familien sein tiefes Mitgefühl aus. Die Mitglieder des Heimatvereins trauern um ihren langjährigen Geschäftsführer und Organisator. 37 Jahre hat Joseph Funhoff im Vorstand die Geschicke des Vereins gelenkt und geleitet.
Sein Engagement begann vor 64 Jahren: Schon in der Schulzeit hat ihn die Liebe zur Heimat und zur Stadt Werne erfasst. Dazu kam die Verwurzelung in der Geschichte der Stadt Werne, denn die Funne ist ein bekannter Bachlauf im Münsterland und an ihm lag über Jahrhunderte der „Funnenhof“ oder „Funhoff“. Schon auf der ersten Personenliste des Bürgerbuches aus dem 15. Jahrhundert finden wir daher den Namen der Familie Funhoff. Der Hof, der in der Nähe der heutigen Gasverdichterstation lag, existiert schon lange nicht mehr, aber die Funhoffs sind weiter in der Stadt sehr präsent.
1959 standen die großen politischen Vorzeichen in Richtung Europa, Joseph trat in den Heimatverein ein. Kurz nach seiner Schulzeit, noch in der Ausbildung, hat er diese Richtung für sein weiteres Leben festgelegt und war so die Person mit der längsten Mitgliedschaft im Heimatverein.
Die Berufsausbildung führte ihn ins Ordnungsamt der Stadt Werne. Bei der Viehzählung und Bestandsprüfung war er immer wieder in den Bauerschaften der Stadt unterwegs und kannte jeden alten Einwohner und jeden Schleichpfad. Dadurch waren ihm alle Stadtgrenzen und jeder Grenzverlauf bekannt wie keinem Zweiten. Für das Projekt „Schnadesteine“ eine perfekte Vorbereitung. Seine Gewissenhaftigkeit und sein angenehmer Charakter bescherten ihm eine erfolgreiche berufliche Laufbahn. Zuletzt war er als Standesbeamter für die Stadt tätig, was sich mit seinem Hobby – der Ahnenforschung – bestens verband.
War die Arbeit im Heimatverein zuerst bescheiden und nicht tragend, so änderte sich das spätestens ab dem Jahr 1985. Als Vorstandsmitglied gestaltete er die Geschicke des Vereins entscheidend mit. So gewann der Verein durch seine Tätigkeit Resonanz und Zulauf. Aus einem beschaulichen Grüppchen wurde eine städtische Institution, die heute z.B. bauliche Akzente wie eine Skulptur für den neuen Kreisverkehr setzt, die Denkmalpflege unterstützt oder insektenfreundliche Flächen im Stadtkern anlegt. In den ersten Jahren seiner Vorstandstätigkeit sorgte er dafür, dass ein strukturiertes Jahresprogramm auf den Weg gebracht wurde. Dabei wurde auch Heimatgeschichte in Werne durch Gedenktafeln sichtbar.

Noch deutlicher tritt seine Handschrift ab 1996 zu Tage: Mit dem Vorsitzenden Willi Lülf, langjährigem Bürgermeister der Stadt, traf er die Vereinbarung: „Du bist unser Repräsentant und ich mache die tägliche Arbeit als Dein Stellvertreter.“ So hat er sich gesehen: Als Arbeiter, Macher, Vorbereiter, Nachbereiter. Und bis zum Schluss war er der Motor, der Inspirator, die Seele des Vereins: Mister Heimatverein.
Seit 1999 belebte er die Schnadegänge wieder. Dazu gehörte vorab, dass passende Stellen für die Schnadesteine gefunden wurden und mit den Grundbesitzern und den Nachbargemeinden die zugehörigen Vereinbarungen getroffen werden mussten. Dann benötigte man Sponsoren für die Steine und deren Gestaltung und zum Schluss die Organisation für eine Veranstaltung zur Einweihung des Steins. Inzwischen sind die die Schnadegänge so zur Tradition geworden, dass Joseph Funhoff die Jahrestage organisiert hat.
2002 war er Mitbegründer des Arbeitskreises „Geschichte“ im Heimatverein. Dieser wurde unter seiner Führung im Laufe der Jahre sehr aktiv. Die Geschichte der Stadt Werne und die Einbettung der Stadtgeschichte in den deutschen historischen Kontext wurden in der Schriftenreihe „Stadt, Gesellschaft und Politik in Werne“ aufgearbeitet. In diesem Rahmen wurden Joseph Funhoff und Dr. Franz-Josef Schulte-Althoff 2021 mit dem Kulturpreis der Stadt Werne ausgezeichnet.
Da Joseph Funhoff auch die alte deutsche Schrift lesen konnte, bemühte er sich besonders um das Lesen alter Dokumente. Aus diesem Hobby wurde eine Leidenschaft, die dazu führte, dass er mit weiteren Mitstreitern über 1.400 Seiten alter Magistratsprotokolle der Stadt Werne transkribierte (Joseph sagte bescheiden: „lesbar machte“). Für das Verständnis der Geschichte von Stadt, Gesellschaft und Politik in Werne ein unschätzbares Gut.
Und wenn sich jemand schon so weit in die alten Archive der Stadt eingegraben hatte, dann befasste er sich auch dazu mit Bevölkerungslisten, Häuserlisten, Volkszählungslisten und Schülerlisten der alten Zeit. Die Ergebnisse sind heute für Interessierte auf der Homepage des Heimatvereins einsehbar und abrufbar. Sie tragen zur individuellen Ahnenforschung von interessierten Bürgern bei. Joseph Funhoff betrieb die Erforschung der eigenen Ahnen akribisch, lehrte Ahnenforschung an der VHS und stand bis zu seinem Tod jeder interessierten Person mit Rat und Tat zu Seite.
Unser Joseph Funhoff war in jeder Sparte des Heimatvereins aktiv und gestaltend unterwegs: Da waren monatliche Radtouren, Erkundung der Bauerschaften, Pflege der Schnadestellen, Instandhaltung von Bildstöcken, die plattdeutsche Sprache, Digitalisierung alter Fotos, Vorbereitung von Liedernachmittagen, Erntedank- und Adventsfeiern, … Da er alles ehrenamtlich versah, war die Verleihung des Ehrenamtspreises der Stadt Werne im Jahr 2005 nur eine logische Konsequenz.
2015 wurde Joseph Ehrenvorsitzender des Heimatvereins, 2021 erhielt er den Kulturpreis der Stadt Werne. Im September hatte er sich von der aktiven Vorstandsarbeit zurückgezogen und wollte ein wenig kürzertreten.