Werne. Das Wetter war wie bestellt: ein lauer Sommerabend mit angenehmen Temperaturen. „Stand so im Drehbuch“, scherzte Christoph Bergmann, zweiter Vorsitzender der Freilichtbühne Werne. Zufrieden schaute er über die voll besetzten Zuschauerränge. Die zweite Schlagerrevue in der Geschichte der Bühne hatte der Laienspielschar ein ausverkauftes Haus beschert.
Das sonst von Kindern dominierte Publikum hatte einen Altersdurchschnitt, der eindeutig über 18 Jahren lag. Alle gingen aber genauso begeistert mit wie sonst die Kleinen, als Bergmann zu Beginn die gute Stimmung weiter anheizte. Schon die erste Szene weckte Erinnerungen: Wissendes Gelächter erscholl, als Vater Spengler (Christian Neugebauer) und Tochter Doro (Janine Muhlberg) einen der ersten Videorekorder des Jahrzehnts anzuschließen versuchten.
Ganz offensichtlich hatten viele Zuschauerinnen und Zuschauern ihre Jugend oder junge Erwachsenenzeit in jenem Jahrzehnt verlebt, das der diesjährigen Schlagerparade das Motto geliefert hatte: Schlager, Stars und deutsche Welle — die 80er-Show. „Und jetzt alle“, feuerte eine Zuschauerin ihre Sitznachbarn an, als Rolli König, alias Thormen Ehrhardt in einer Parodie von Roland Kaiser, „Manchmal möchte ich schon mit dir“ anstimmte. Prompt erklang der Refrain vielstimmig aus Hunderten Kehlen. Und auch die Moves saßen wie damals.
Die Geschichte knüpfte an die erste Revue an, die 2018 inszeniert worden war: „Schlager lügen nicht“. Mit der Fortsetzung hatte die Bühne auf das bewährte Regie-Team gesetzt: Sabine Ibrahim und Sarah Jane Jücker präsentierten auch dieses Stück von Thomas Schiffmann unterhaltsam. Die Zeitreise wurde mit gut platzierten Details und liebevoller Ironie umgesetzt.

Im Frisörsalon, wo Doro arbeitet, ließ sich eine Kundin die regenbogenfarbene Punkfrisur ondulieren und ein Kunde die Vokuhila richten. Auch die langstieligen Rosen fehlten nicht, die im Fernsehklassiker „Hitparade“ von verzückten Fans an den jeweiligen verehrten Star überreicht wurden. Im Stück hieß der Dauerbrenner „Schlagerparade“ – die Lieblingssendung von Doro und ihrer Mutter. Was die beiden im holzverkleideten Röhrenfernseher sahen, wurde fürs Publikum mitten im Bühnenrund präsentiert.
Wie schon beim ersten Mal bildete der Plot im Wesentlichen den Aufhänger für die eigentlichen Hauptakteure, die Schlager von einst. Es war ein Wiederhören mit bewährten Klassikern: „Hohe Berge“, „Ich seh’ den Sternenhimmel“ und „Da da da, ich lieb Dich nicht“, letzteres vorgetragen als Streitgespräch zwischen Doro und ihrem Freund Jürgen (Maximilian Falkenberg).

Zwischendurch dröhnte — eine weitere schöne Reminiszenz — die Erkennungsmelodie von Dallas durch die Freilichtbühne. Darstellerinnen und Darsteller zeigten sich durch die Bank gut aufgelegt und übertrugen ihre Spiel- und Sangesfreude auf ihre Zuschauer. Die sangen die Songs mal laut, mal leiser und vor sich hinschunkelnd mit. Und lachten lauthals, als eine „technische Panne“ den Playback-Gesang des abgehalfterten Schlagersängers Rolli König als solchen entlarvte. Der Auftritt — besser gesagt: die Auffahrt — eines echten Oldtimers zum Song „Ich will Spaß“ wurde jubelnd beklatscht.
An kleinen Seitenhieben gegen die Rollenbilder von Mann und Frau fehlte es auch nicht. Wie ein gut einstudiertes Klischee fläzte sich Papa Spengler im Jogginganzug auf dem Sofa, während die bügelnde Gattin ihm aufs Stichwort ein Bier brachte – und den Herrn gleich darauf in Sachen Bildung eines Besseren belehrte.
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