Montag, September 25, 2023

Weihnachten 1901 wurde es in Werne heller

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Werne. Auch die Weihnachtszeit hat ihre historischen Reminiszenzen. In Werne zumal, denn an einem Weihnachtsabend des Jahres 1901 – vor 120 Jahren also – flammte in der St.-Christophorus-Kirche zum ersten Mal das elektrische Licht auf und löste die warme, jahrhundertealte Kerzenbeleuchtung, und auch die nicht so alte, aber immer noch sehr stimmungsvolle Petroleumbeleuchtung des Kircheninnern ab.

Doch nicht nur in der altehrwürdigen Pfarrkirche wurde es damals heller. Die Werner Innenstadt hatte schon einige Zeit vorher die „Segnungen des technischen Fortschritts“ erfahren, denn zu Beginn des Jahres 1901 hatte der Ingenieur Heinrich Kersting vom Magistrat der Stadt Werne die Genehmigung erhalten, die Beleuchtung der Stadt „mittels elektrischen Lichtes“ zu übernehmen.

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Allerdings hätte er es wohl ohne die finanzielle Hilfe des Bauern Schulze-Wedeling aus Rünthe (Besitzer des seinerzeitigen „Fürstenhofes“) nicht geschafft. Der gab das Geld, und eines Tages flammten in der Werner Innenstadt an etlichen Holzpfosten die ersten elektrischen Lampen auf. Sehr zum Erstaunen und zur Freude der Bevölkerung, denn die vorherigen Petroleum-Lampen spendeten einen zwar recht warmen, aber keineswegs ausreichenden Schein.

Das verstanden die elektrischen Glühbirnen besser, denen die notwendige Energie von Wernes erstem „Elektrizitätswerk“ an der Penningrode gegenüber der damaligen Molkerei Heemann geliefert wurde. Übrigens war noch im August 1900 das „Amt eines städtischen Laternenanzünders“ vergeben worden. Mathias Jasper erhielt es, der in die Werner Stadtgeschichte als letzter Laternenanzünder eingegangen ist.

Immerhin war die Petroleumbeleuchtung zwar nicht so hell wie das elektrische Licht, aber zweifellos billiger. Damals wenigstens. Denn seinerzeit kostete ein Liter Petroleum 22 Pfennige. Wie teuer die Stadt den ersten elektrischen Strom zu bezahlen hatte, war leider nicht zu eruieren. Der Fortschritt hatte Werne jedenfalls auch auf dem Gebiet der Beleuchtung erreicht. Und er ließ sich nicht mehr aufhalten. Eines Tages übernahm die Stadt die Stromversorgung in eigener Regie. Das eigene „Elektrizitätswerk“ am Hagen wurde errichtet. Später diente es lange Jahre der Freiwilligen Feuerwehr als zuhause – und ist inzwischen einer modernen Wohnanlage gewichen.

Briefkopf des ersten Elektrizitätswerkes in Werne. Abbildung: Archiv Rainer Schulz

Nach einer Reihe von Betriebsjahren wurde der Strom vom Elektrizitätswerk Westfalen gekauft und über das eigene Netz geleitet, später — im Jahre 1929 — übernahm schließlich das den VEW angeschlossene Gersteinwerk die Stromversorgung Wernes. So blieb es im Grunde genommen bis heute, nachdem sich ein zwischenzeitlicher Plan, im Zuge der Zechenverbundwirtschaft in Werne ein eigenes Kraftwerk zu bauen, zerschlagen hatte. Das war um 1948/50 herum.

Ein Kuriosum in der Zeit der Elektrifizierung Wernes lieferte unser unvergessenes Original, Central-Theater-Besitzer Carl Brauckhoff. Seinem Kino ging es nicht immer glänzend. Auch damals nicht, es war eine wirtschaftlich schwache Periode, als der elektrische Strom Werne eroberte. Die Lichtrechnungen wurden unserem Carl einfach zu hoch. Also wurde er zum „Selbstversorger“.

Carl Brauchhoff, hier als Schützenoberst auf dem Pferd unterwegs, betrieb sein Kino mit einem Dieselaggregat. Foto: Archiv R. Schulz

Er erstand kurzerhand ein Dieselaggregat zur Stromerzeugung und speiste damit seine Vorführgeräte und alles, was im Central-Theater elektrischen Strom benötigte. Die Wenigsten werden sich heute noch an jene Werbezettel erinnern, mittels derer der pfiffige Brauckhoff darauf aufmerksam machte, dass sein Filmtheater „mit eigener Licht- und Kraftanlage“ arbeitete. Wer erinnert sich noch an jenes monotone „Tuckern“ des Dieselaggregats, das schon zur Stummfilmzeit die Filmvorführungen „untermalte“? Vom speziellen „Duft“ in der Umgebung des Kinos gar nicht zu reden . . .!

Ja, es war nicht immer in Werne so strahlend hell wie jetzt in der Vorweihnachtszeit. Dennoch steht es fest, dass sich unser Städtchen dem Fortschritt am Ende nie verschlossen hat, wenn er an Wernes Tor klopfte. Und das sollte uns eigentlich die Hoffnung geben, dass uns dieser unternehmende Geist auch weiterhin beflügelt. – sjv –  

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