Freitag, März 31, 2023

„Die Jugendhilfe muss sich den Aufgaben stellen, die kommen“

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Wer­ne. Uwe Schenk, lang­jäh­ri­ger Geschäfts­füh­rer der Jugend­hil­fe Wer­ne, ist in den Ruhe­stand gewech­selt. Im zwei­ten Teil des Inter­views berich­tet er wei­ter über sei­ne Arbeit und was er nun mit sei­ner grö­ßer gewor­de­nen Frei­zeit anstellt. Hier geht es zum ers­ten Teil des Gesprächs.

Die Jugend­hil­fe wächst und ist schon seit vie­len Jah­ren auch jen­seits der Stadt­gren­zen in ver­schie­dens­ten Bereichen tätig. War­um die­ser Expansionskurs?

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Dafür gibt es zwei Grün­de. Der eine ist, dass für eine stabile Orga­ni­sa­ti­on eine bestimm­te wirt­schaft­li­che Grö­ße erfor­der­lich ist. Als wir nur vier Grup­pen hat­ten, waren fünf freie Heim­plät­ze für uns schon eine exis­ten­zi­el­le Fra­ge. Eine breit auf­ge­stell­te Ein­rich­tung ist natür­lich viel sta­bi­ler. Und es gibt viel mehr Syn­er­gie­ef­fek­te. Der ande­re Grund ist der Inhalt­li­che. Es gibt viel zu tun. Wir sind in den meis­ten Fäl­len nur aktiv gewor­den, wenn Gefahr für das Kin­des­wohl bestand. Heu­te tun wir mehr und sind in vie­len Berei­chen prä­ven­tiv tätig.

Kin­der­heim, Wohn­grup­pen, Schul­so­zi­al­ar­beit, offe­ne Ganz­tags­schu­len, Bera­tungs­an­ge­bo­te, Street­wor­ker, Jugend­zen­tren und, und, und. Sie beschäf­ti­gen inzwischen rund 500 Mit­ar­bei­ter an unzäh­li­gen Stand­or­ten. Wie behält man da den Überblick?

Wie in ande­ren Unter­neh­men die­ser Grö­ßen­ord­nung gibt es eine inter­ne Struk­tur. Es gibt eine Auf­ga­ben­ver­tei­lung und es gibt für die ein­zel­nen Seg­men­te Bereichs­lei­ter, die auf­grund unse­rer Orga­ni­sa­ti­ons­phi­lo­so­phie rela­tiv selbständig arbei­ten. Ich muss geste­hen, dass ich – vor allen in den letz­ten Jah­ren – man­che Ange­bo­te gar nicht mehr per­sön­lich erlebt habe. Aber der Über­blick wur­de durch die Struk­tur geschaf­fen und ich habe das Glück gehabt, eine tol­le Lei­tungs­mann­schaft zu haben, auf die ich mich hun­dert­pro­zen­tig ver­las­sen konn­te. So konn­te ich mich um über­ge­ord­ne­te The­men kümmern.

Die Lei­tung eines sol­chen Unter­neh­mens erfor­dert ein gutes (auch kauf­män­ni­sches) Manage­ment. Sie sind Pädagoge. Wel­chen Anteil hat­te zuletzt die päd­ago­gi­sche Arbeit in Ihrem Alltag?

Als ich Lei­ter des Kin­der­heims gewor­den bin, gab es tatsächlich die Not­wen­dig­keit, dass ich mich in die wirtschaftlichen The­men neu ein­ar­bei­te. Am Anfang war meine Buch­hal­te­rin die ein­zi­ge Quel­le, von der ich pro­fi­tie­ren konn­te. Ich habe mich dann fort­ge­bil­det und im Lau­fe der Zeit Assis­ten­ten ein­ge­stellt, die mir zuge­ar­bei­tet haben. Ich bin der fes­ten Über­zeu­gung, dass es sinn­voll ist, dass die Lei­tung eines sol­chen Unter­neh­mens tat­säch­lich durch einen Päd­ago­gen erfolgt und die Wirt­schaft­lich­keit die Metho­de ist.

In dem Sin­ne war mein pädagogischer Anteil das Gesamtziel, also zu sagen: Wir wol­len den Kin­dern hel­fen. Wir wol­len die Fami­li­en unter­stüt­zen. Wir wol­len Angebote für Jugend­li­che machen. Das ist das Ziel, und nicht Geld ver­die­nen. Alles, was wir erreicht haben, war aber vor allem immer der Ver­dienst einer tol­len Teamleistung. 

Am letz­ten Arbeits­tag hat­te Schenk bei einem von den Kol­le­gen organisierten Staf­fel­lauf vie­le Auf­ga­ben zu erle­di­gen. Treff- und ziel­si­cher zeig­te er sich beim Umgang mit dem Cro­cket­schlä­ger. Foto: Volkmer

Sie haben gemein­sam mit der Stadt Wer­ne das Familiennetz gegrün­det, das sei­nen Stand­ort auf dem Gelän­de der Jugend­hil­fe am Fürs­ten­hof hat. Und Sie betrei­ben ver­schie­de­ne städ­ti­sche Ein­rich­tun­gen wie zum Beispiel die Jugend­zen­tren, Schul­so­zi­al­ar­beit oder offe­ne Ganz­tags­schu­len. Wie beur­tei­len Sie die Zusammenarbeit mit der Stadt?

Grund­sätz­lich ist es eine sehr gute Zusam­men­ar­beit, die dadurch geprägt ist, dass wir eine gro­ße Jugendhilfe-Einrichtung sind, die in einer klei­nen Stadt agiert. Das ist eine unge­wöhn­li­che Kon­stel­la­ti­on. Wir haben dadurch die Mög­lich­keit, uns für die Stadt zu enga­gie­ren und Ange­bo­te zu über­neh­men. Nichts­des­to­trotz ist es aber auch ein Verhältnis von öffent­li­cher Trä­ger und frei­er Trä­ger. Besonders frucht­ba­re Jah­re waren wäh­rend der Zusammenarbeit mit der frü­he­ren Jugend­de­zer­nen­tin Elke Kap­pen, als wir gemein­sam das Fami­li­en­netz Wer­ne gegrün­det haben.

Wie soll sich die Jugend­hil­fe weiterentwickeln?

Die Jugend­hil­fe soll auf jeden Fall nicht in dem Sta­tus verharren, in dem ich sie hin­ter­las­se. Sie muss sich weiterentwickeln und den Auf­ga­ben stel­len, die kom­men. Sie wird in eini­gen Jah­ren ganz anders aus­se­hen, und das ist richtig.

Wie ist Ihre Nach­fol­ge geregelt?

Es wird nach mir zwei Geschäfts­füh­rer geben. Wir haben schon vor zwei Jah­ren mit Katha­ri­na Böcken­holt eine Ver­wal­tungs­lei­tung ein­ge­stellt. Sie ist Kauf­frau und wird gemein­sam mit mei­nem jet­zi­gen Stell­ver­tre­ter und Prokuristen Tho­mas Kiß­mann, der Diplom-Päd­ago­ge ist, die Jugend­hil­fe leiten.

Wel­che Plä­ne hat der Rent­ner Uwe Schenk? Ihre Leidenschaft ist die Zau­be­rei und Sie sind Grün­der der Stif­tung Zau­ber­kunst. Wer­den sie sich auf diesem Gebiet noch stär­ker engagieren?

Ein Teil mei­ner Zeit wird mei­ner Fami­lie gehö­ren, den Enkel­kin­dern und Kin­dern. Auch mit mei­ner Frau möchte ich viel unter­neh­men. Aber ich wer­de nicht auf­hö­ren, zu arbei­ten, und zwar tat­säch­lich in der Stif­tung Zauberkunst, die ich wei­ter­ent­wi­ckeln möch­te. Und ich wer­de auch selbst wie­der zau­bern, ich habe bereits angefangen.

Kommt auch eine ehren­amt­li­che Auf­ga­be infrage? Zum Bei­spiel in der Kom­mu­nal­po­li­tik. Es wird gemun­kelt, dass Sie bei den Grü­nen mit­ar­bei­ten möchten.

Ich habe tat­säch­lich mal damit gelieb­äu­gelt, mich poli­tisch zu enga­gie­ren. Aber wäh­rend mei­ner beruf­li­chen Tätig­keit war ich stets neu­tral und ich habe mich dazu entschlossen, dass dies so bleibt. Ich bin aber Mit­glied des Jugendhilfeausschusses und möch­te das auch blei­ben. Aber nicht als Kommunalpolitiker.

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