Dienstag, März 21, 2023

Rettungsgrabung sichert Funde aus Steinzeit und Mittelalter

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Berg­ka­men (lwl). Bei Erd­ar­bei­ten des Kampf­mit­tel­räum­diens­tes am Bam­ber­ger Bach bei Berg­ka­men (Kreis Unna) kamen uner­war­tet archäo­lo­gi­sche Spu­ren aus dem Mit­tel­al­ter und Gegen­stän­de aus der Stein­zeit zuta­ge. Die Flä­che wur­de nun unter fach­li­cher Beglei­tung des Land­schafts­ver­ban­des West­fa­len-Lip­pe (LWL) von einer Fach­fir­ma im Rah­men einer Ret­tungs­gra­bung aus­ge­gra­ben.

„Eine Berg­sen­kung als Fol­ge des Stein­koh­len­berg­bau­es in der Regi­on hat­te im Bereich der Stra­ßen­kreu­zung Kugelbrink/Heckenweg einen Gewäs­ser­neu­bau nötig gemacht, um die anfal­len­den Rein­wäs­ser geord­net im Frei­ge­fäl­le dem Bam­ber­ger Bach zuzu­füh­ren”, erklärt Burk­hard Köh­ler, Pro­jekt­lei­ter der RAG Akti­en­ge­sell­schaft.

„Im Zuge der Kampf­mit­tel­un­ter­su­chung wur­de das Erd­reich abge­scho­ben. Ein lizen­sier­ter Son­den­gän­ger mel­de­te um den Jah­res­wech­sel her­um dann uner­war­tet eini­ge Metall­fun­de – Gewand­span­gen, die auf eine Besied­lung aus dem hohen Mit­tel­al­ter, das heißt 9. bis 12. Jahr­hun­dert, schlie­ßen lie­ßen”, so LWL-Archäo­lo­ge Prof. Micha­el Baa­les.

Ret­tungs­gra­bung: Sied­lungs­stel­le aus dem Mit­tel­al­ter und Steinzeitartefakte

Nach der Fund­mel­dung des Son­den­gän­gers über­prüf­te ein Gra­bungs­tech­ni­ker der LWL-Außen­stel­le Olpe die Flä­che, die bis­her nicht als archäo­lo­gisch rele­vant bekannt war. Er ent­deck­te Boden­ver­fär­bun­gen, Gru­ben, Pfos­ten­gru­ben und gra­ben­ar­ti­ge Struk­tu­ren. Dank des anschlie­ßen­den Zusam­men­wir­kens aller Betei­lig­ten und der Stadt Berg­ka­men war der Weg frei für die nöti­ge Ret­tungs­gra­bung. Baa­les: „Die Mel­dung des Son­den­gän­gers hat das unbe­kann­te Boden­denk­mal vor der Zer­stö­rung bewahrt.„

Im Lau­fe der Aus­gra­bung kamen knapp 40 Gru­ben unter­schied­li­cher Aus­for­mung und 52 Pfos­ten­gru­ben zuta­ge. „Wegen der begrenz­ten Unter­su­chungs­flä­che kön­nen wir die­se Spu­ren der Holz­pfos­ten im Boden kei­nen kon­kre­ten Gebäu­den zuord­nen”, erklärt Gra­bungs­lei­ter Roland Lavel­le. Den­noch zei­gen die Befun­de die kon­ti­nu­ier­li­che, ver­mut­lich land­wirt­schaft­li­che Nut­zung der Flä­che als Arbeits- und Wohn­be­reich, so Lavel­le wei­ter.

Die Datie­rung der Sied­lungs­stel­le in das Hoch­mit­tel­al­ter wird den Expert/innen durch die regel­mä­ßig auf­tre­ten­den Kera­mik­fun­de erleich­tert. Dar­un­ter befin­den sich auch gut erhal­te­ne Rand­stü­cke gro­ßer Kugel­töp­fe aus grau­er Irden­wa­re. Eini­ge weni­ge Fun­de von spä­te­ren Kera­mik­ar­ten zei­gen an, dass am Bam­ber­ger Bach auch im spä­ten Mit­tel­al­ter und der dar­auf­fol­gen­den frü­hen Neu­zeit (ab 1450) noch Sied­lungs­ak­ti­vi­tä­ten stattfanden.

Die älteste geborgene Keramik weist eine für die vorrömische Eisenzeit charakteristische Verzierung auf der Außenseite auf, das sogenannte Kammstrichmuster. Foto: M. Baales/LWL
Die ältes­te gebor­ge­ne Kera­mik weist eine für die vor­rö­mi­sche Eisen­zeit cha­rak­te­ris­ti­sche Ver­zie­rung auf der Außen­sei­te auf, das soge­nann­te Kamm­strich­mus­ter. Foto: M. Baales/LWL
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Ein brei­ter, über 16 Meter lan­ger Gra­ben ent­lang der Nord­feld­stra­ße, der sich außer­halb des Gra­bungs­fel­des fort­setzt, sorg­te bei den Archäolog/innen für eine wei­te­re Über­ra­schung, aber auch Rät­sel: „Der Gra­ben scheint recht ein­heit­lich, also bewusst wie­der ver­füllt wor­den zu sein. Außer­dem ent­hielt er wei­te­re hoch­mit­tel­al­ter­li­che Kera­mik­frag­men­te”, so der Gra­bungs­lei­ter. Die Funk­ti­on des noch etwa einen hal­ben Meter tie­fen Gra­bens ist der­zeit noch völ­lig unge­klärt.

Aus einer Pfos­ten­gru­be und einer für die Fach­leu­te noch als Brun­nen erkenn­ba­ren Gru­be konn­ten zudem Bruch­stü­cke von Ton­ge­fä­ßen mit einer soge­nann­ten Kamm­strich­ver­zie­rung gebor­gen wer­den. Die­se Art der Ver­zie­rung lässt für die Expert/innen eine deut­lich älte­re Datie­rung zu, näm­lich in die vor­rö­mi­schen Eisen­zeit und damit in die Jahr­hun­der­te vor der Zei­ten­wen­de. In den sel­ben Gru­ben fan­den sich auch Feu­er­stein­ge­rä­te in Form eines Klin­gen­bruch­stücks und eini­ge Abschlä­ge, die bei der Her­stel­lung die­ser Art Gerä­te anfie­len. Bei der Gesteins­art han­delt es sich um den regio­na­len Morä­nen­feu­er­stein. „Ob die­se Stü­cke in der Eisen­zeit genutzt wur­den – was andern­orts durch­aus belegt ist – oder auf die Bei­mi­schung stein­zeit­li­cher Sied­lungs­re­lik­te bei der Gru­ben­ver­fül­lung zurück­zu­füh­ren ist, muss offen­blei­ben”, sagt Baales.

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