Werne. „Stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an“: In einer Zeit, in der sich Hiobsbotschaften überschlagen, setzte die Stiftung Musica Sacra Westfalica ein Zeichen der Hoffnung.
Zum ersten Advent erklang auf ihre Initiative hin eine der wohl frohesten Vertonungen der Weihnachtsbotschaft: das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. Das Konzert in St. Christophorus war bereits seit Tagen ausverkauft.
Vor mehr als 400 Menschen spielten und sangen das Rheinische Oratorien-Orchester, die Chöre „Verina-Ensemble“ und „Vocapella“ sowie die Solisten Ursula Kirchhoff (Alt), Maximilian Kramer (Bassbariton), Cesar Dima (Tenor) und Anastasiia Soloviova (Sopran). Die musikalische Leitung hatte Dagmar Borowski-Wensing, die im Duett mit Kramer außerdem einen Part des Solosoprans übernahm.
Bachs Gesangswerk – aufgeführt wurden die Teile I bis III – stimmt die Zuhörenden gleich zu Beginn mit Pauken und Trompete ein. Die Chorsängerinnen und -sänger sandten dazu das „Jauchzet“ mit hellklingender Ausstrahlung durchs Kirchenschiff. Den Schwung trugen sie durch die synkopischen Einsätze und tänzerischen Takte dieser prägnanten Eröffnung. Auch die beiden anderen großen Chorstücke, „Ehre sei Gott“ und „Herrscher des Himmels“, interpretierten sie mit barocker Hochstimmung. Dabei blieb die Struktur von Bachs musikalischer Architektur dank prägnanter Einsätze stets transparent. Etwa, wenn sich fein verwobene Sopranstimmen über satten Bassstimmen aufbauten. Oder verspielte Koloraturen ziseliert wurden. In der verschachtelten Anordnung des Chorus „Lasset uns nun gehen“ fand jede Stimme – wie die Hirten – ihren eigenen Weg zur Krippe und damit zu Gott.
Unter der sorgsamen Leitung von Dagmar Borowski-Wensing übten sich die Chöre bei den Chorälen in der gebotenen Zurückhaltung. In diesen Kirchenliedern äußert sich sozusagen die Gemeinde. In den Melodielinien daher schlichter angelegt als die großen Chorstücke kam es hier auf eine verständige und verständliche Interpretation an. Und die wurde klar zum Ausdruck gebracht. Etwa die gespannte Erwartungshaltung bei „Wie soll ich dich empfangen“. Oder das packende Bezwingen des Satans bei „Brich an, o schönes Morgenlicht“. Mit homogenem Chorklang wurde das Publikum quasi aufgerüttelt: „Schaut hin, dort liegt im finstern Stall“.
Solistisch kommt dem Alt in den ersten drei Teilen des Oratoriums eine entscheidende Rolle zu. Und Ursula Kirchhoff füllte diese klangschön aus. Die herzerwärmende Arie „Bereite dich, Zion“ intonierte sie mit inniger Selbstvergessenheit. „Schlafe, mein Liebster, genieße der Ruh“ ist auf das erste Hören ein Wiegenlied. Doch die Zärtlichkeit, die Kirchhoff durchklingen ließ, ist nicht nur die einer Mutter. Es spielte auch die einer liebenden Frau hinein. Denn der Alt verkörpert auch die Braut Christi, die Kirche.
Maximilian Kramers sonore Stimme füllte die Basspartien mit prophetischer Tragweite, Cesar Dima kontrastierte mit strahlendem Timbre. Mit schlanker Geradlinigkeit erklangen Chorsolistin Anastasiia Soloviova und Dagmar Borowski-Wensing, letztere im Duett mit dem Bass: „Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen“. Das Oratorien-Orchester erwies sich als feinsinnige Begleitung, egal, ob die Streicher einen dezenten, aber zuverlässigen Klangteppich woben, oder ob Solopartien von Trompete und Querflöte die menschlichen Stimmen mit mal brillantem, mal lieblichem Timbre unterstrichen.
Die Zuhörenden dankten es allen Beteiligten mit anhaltendem, rauschendem Applaus.