Werne. Sanftmütig – so wollte Gabriel Fauré sein Requiem verstanden wissen. Und genau so hat es der Motettenkreis am Samstagabend (16. März) interpretiert.
Es war ein dichtes kirchenmusikalisches Programm, das der Chor unter der Leitung von Rainer Kamp vor mehr als 100 Besuchern in der Martin-Luther-Kirche aufführte. Begleitet wurden die Sängerinnen und Sänger vom Streichquintett der Kamerata Lupia und Andrea Knefelkamp-West am Konzertakkordeon.
Den Auftakt bildete eine musikalische Hommage von Fauré an den französischen Barockdichter Jean Racine, gefolgt von einem Orgelstück von César Franck. Höhepunkt und Hauptrolle der Abendmusik bildete dann die Totenmesse, in der Fauré Ende der 1880er-Jahre den Tod seiner Eltern verarbeitete.
Mit der „Cantique de Jean Racine“ stimmte der Motettenkreis auf die Atmosphäre des Requiems ein. Die Musik untermalt einen Hymnus von Racine: „Verbe égal au Très-Haut“ (Wort, dem Höchsten gleich). Die Sängerinnen und Sänger ließen die Melodie sacht modulierend an- und abschwellen, sodass die Cantique in gleichmäßigen Wellenbewegungen durch den Kirchenraum strömte. Völlig andere Akzente setzte Rainer Kamp dann mit dem Choral Nr. 3 in a-Moll von César Franck. Das Intro wühlte mit stürmischen Läufen und markanten Läufen auf. Dann wechselten liedhafte und flirrende Passagen einander ab; helle Flötentöne kontrastierten mit der Brillanz trompetenähnlicher Register. Schließlich baute Kamp die Klangfarben Schicht um Schicht zu einem gewaltigen Finale auf.
Das schuf einen effektvollen Kontrast zum Introitus des Requiems. Das entfaltete der Chor schwerelos und gleichzeitig mit Spannung bis in den letzten lang angehaltenen Ton. Im Offertorium – dem Gesang zur Gabenbereitung – kostete der Motettenkreis einige durchsichtige A-capella-Momente aus, in denen er die Verstorbenen Jesu Gnade empfahl. So lautet der Text an dieser Stelle. Sacht setzten dann die Streicher und das Akkordeon ein.
Fauré hatte seine Totenmesse für unterschiedliche Besetzungen komponiert. Der Motettenkreis hatte die Fassung für eine kleine Instrumentalbesetzung gewählt, wobei das Akkordeon den Part des von Fauré vorgesehenen Harmoniums übernahm. Knefelkamp-West bewies, dass sich ihr Instrument aufgrund seiner Registerfülle wie eine Miniaturorgel ins Ensemble einfügte. Sie heischte Aufmerksamkeit, wenn der Chor schwieg, stützte dezent, wenn er wieder einsetzte.
Fauré, der nicht besonders religiös war, schrieb sein Requiem, um zu trösten. Sehr betont klang das durch die Solopassagen. Der Bariton Johannes Schwarz verbreitete kraftvolle Zuversicht, intoniert mit viril-lyrischer Klangschönheit. Für das „Pie Jesu“ hatte Fauré einen reinen, unschuldigen Sopran vorgesehen. Anna Schmidt erfüllte die Anforderung mit exquisitem Piano selbst in hohen Lagen und bewegt ausgehaltener Langsamkeit.
Das „Pie Jesu“ ist der einzige Vers, den Fauré aus dem Hymnus „Dies Irae“ in sein Requiem eingliederte. Seinem bejahenden Grundton entsprechend verzichtete er ansonsten darauf, den „Tag des Zorns“, also das Jüngste Gericht, mit all seinen Schrecken auszumalen. Allein in der Anrufung „Libera Me“ (Rette mich) ließ der Motettenkreis den Schrecken dieser Apokalypse anklingen. Hier wie auch im vorhergehenden „Agnus Dei“ gab sich der Chor in dem ansonsten sanften Werk einem mächtigen Forte hin. Um so pointierter klang danach der Schluss des Requiems. Das Akkordeon stimmte ein paar fast munter klingende Takte an – und dann entschwebten die Sopranstimmen ins „Paradies“, mit einer Leichtigkeit, als stünden sie tatsächlich bereits über den irdischen Dingen.