Montag, Mai 29, 2023

Facettenreiches Harfenkonzert: Auch Schraubenzieher kommt zum Einsatz

Anzeige

Wer­ne. Ihr Instru­ment wiegt fast 50 Kilo und ist grö­ßer als sie. Trotz­dem beherrsch­te Caro­li­ne Nobst die Har­fe mit schlan­ken Fin­gern und Leich­tig­keit, ent­lock­te ihr per­len­de Melo­die­bö­gen und hauch­zar­te Ton­lei­tern. Und bot damit zu Beginn des Kam­mer­kon­zerts der Musik­freun­de Wer­ne am Don­ners­tag­abend (17. Novem­ber) ein alt­ver­trau­tes Klang-Bild. 

Doch das Sai­ten­in­stru­ment kann auch Ecken und Kan­ten zei­gen, wie Nobst im erneut voll besetz­ten Foy­er der Mar­ga-Spie­gel-Sekun­dar­stu­fe zur Begeis­te­rung des Publi­kums bewies.

- Advertisement -

„Ich habe es mir heu­te Abend zur Auf­ga­be gemacht, das Kli­schee von der Har­fe zu bre­chen, die mehr zu bie­ten hat als die schö­ne Roman­tik, mit der ich gestar­tet bin“, sag­te die Künst­le­rin. Inter­es­siert lausch­ten die Zuhö­re­rin­nen und Zuhö­rer ihrem Spiel eben­so wie ihrer Mode­ra­ti­on. Bei­des ziel­te erfolg­reich dar­auf ab, die Har­fe als facet­ten­rei­ches Instru­ment bes­ser ken­nen­zu­ler­nen. Zu die­sem Zweck hat­te Caro­li­ne Nobst ihr Pro­gramm kon­se­quent als chro­no­lo­gi­sche Rei­se durch die Musik­ge­schich­te aufgebaut.

Ihr Arran­ge­ment von Bachs Prä­lu­di­um es-moll aus dem „Wohl­tem­pe­rier­ten Kla­vier“ mute­te mit sei­nen fein abge­setz­ten Tönen wie die scharf­kan­ti­ge Into­na­ti­on eines Cem­ba­los an. Mit wei­chen Über­gän­gen in Dyna­mik und Tem­pi arbei­te­te sie das ele­gan­te Schreit­mo­tiv von Hän­dels Har­fen­stück „Tema con Varia­zio­ni“ aus. Wie impres­sio­nis­ti­sche Gemäl­de wirk­ten die Ton­ma­le­rei­en der „Images Suite No. 1“ von Mar­cel Tour­nier. Schön­läu­fi­ge Lini­en, geschwun­gen wie wel­len­för­mi­ge Pin­sel­stri­che, wech­sel­ten mit flir­ren­den Tup­fern – als brä­che sich das Licht eines Mond­strahls in beweg­tem Was­ser. So lau­te­te auch der Titel die­ses Sat­zes: „Mond­licht auf dem Teich im Park“. „An der Schwel­le des Tem­pels“ mal­te Nobst die fes­ten Grund­mau­ern in dump­fen Akkor­den, von denen aus sie leich­te Töne empor­stei­gen ließ.

Fin­ge­r­akro­ba­tik voll­führ­te sie bei einer Etü­de von Eric Schmidt – mit Sprün­gen vom einem Ende der Har­fe zum ande­ren und Grif­fen, die die gesam­te Spann­brei­te ihrer Hand erfor­der­ten. Bei der „Sona­te für Har­fe“ von Paul Hin­de­mith nahm Nobst sich wie­der­um Zeit, die oft sehr lang­sa­men Pas­sa­gen voll aus­zu­kos­ten. Das kon­tras­tier­te sie mit leb­haf­ten Ton­hüp­fern und lyri­schen Moment­auf­nah­men. Völ­lig neue Effek­te brach­ten die „Sequen­zen über Johan­nes“ von Heinz Hol­li­ger ins Spiel. Dabei kam unter ande­rem ein vom Haus­meis­ter aus­ge­lie­he­ner Schrau­ben­zie­her zum Ein­satz. Den zog Nobst über die Sai­ten und über­rasch­te mit dem kla­gen­den Ton einer Sin­gen­den Säge.

Das begeis­ter­te Publi­kum erklatsch­te sich eine Zuga­be. Foto: Anke Bar­ba­ra Schwarze

Nach der rhyth­mi­schen Prä­gnanz eines der „Rumä­ni­schen Volks­tän­ze“ von Béla Bar­tók beweg­te sich Nobst zum Schluss in Rich­tung Jazz. Der zeit­ge­nös­si­sche Kom­po­nist Ber­nard Andrès schrieb sei­nen „Duke“ der Har­fe wahr­haft auf den Leib. Denn dabei wer­den die sie­ben Peda­le des Instru­ments, die die Halb­ton­schrit­te erzeu­gen, so ein­ge­setzt, dass eine Art rut­schi­ger chro­ma­ti­scher Ton­lei­ter erklingt. Die­ses Glis­san­do wird gern von Jazz­mu­si­kern ein­ge­setzt. Den Reso­nanz­bo­den der Har­fe nutz­te Nobst außer­dem als Per­kus­si­ons­in­stru­ment, wäh­rend sie die Sai­ten läs­si­gen Hand­be­we­gun­gen wie eine Gitar­re schlug. Die stür­misch her­aus­ge­klatsch­te Zuga­be setz­te dem Facet­ten­reich­tum der Har­fe das i‑Tüpfelchen auf: Caro­li­ne Nobst nutz­te sie als Begleit­in­stru­ment zu ihrer Solo-Inter­pre­ta­ti­on des Songs „Sep­tem­ber“ der Soul-Band „Earth, Wind & Fire“.

INFO

Das nächs­te Kon­zert der Gesell­schaft der Musik­freun­de fin­det am 19. Janu­ar 2023 ab 20 Uhr im Foy­er der Mar­ga-Spie­gel-Schu­le statt. Die Süd­ko­rea­ne­rin A Jin Sohn spielt Wer­ke von Schu­mann, Beet­ho­ven und Cho­pin am Kla­vier. Ein­tritts­preis: 20 Euro, Vor­ver­kauf bei Bücher Beck­mann in Werne.

Anzeige

Weitere Artikel von Werne Plus

Eintracht verpasst Kreisliga A‑Titel nur wegen schwächerer Tordifferenz

Werne. Nur eine Niederlage, fünf Remis, 22 Siege und damit 71 Punkte sowie 117:37-Tore: Die Saisonbilanz von Eintracht Werne in der Kreisliga A1 (UN/HAM)...

Betonplatte auf Gleise gelegt – Bundespolizei sucht Zeugen

Bergkamen. Am gestrigen Sonntagabend (28. Mai 2023) kollidierte ein Zug in Bergkamen mit einer, auf den Schienen abgelegten, Steinplatte. Die Bundespolizei bittet die Bevölkerung...

Großer Sternmarsch zum Jubiläum der Nierstenholz-Schützen

Werne. Zu seinem 75-jährigen Bestehen hatte der Schützenverein Am Nierstenholz befreundete Schützenvereine und Musikzüge eingeladen. Drei Tage lang wurde das Jubiläum gefeiert, Höhepunkt war...

Rund 80 Oldtimer erzählen Autogeschichte

Historische Fahrzeuge inmitten historischer Kulisse: Autos, die über 30 Jahre alt waren, durften auf dem Alten Markt parken. Foto: MSW