Freitag, März 24, 2023

25 Jahre als Kantor von St. Christophorus

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Wer­ne. Seit 25 Jah­ren liegt die Kir­chen­mu­sik in der Chris­to­pho­rus­ge­mein­de in den Hän­den von Kan­tor Dr. Hans-Joa­chim Wen­sing. WERN­Eplus-Mit­ar­bei­te­rin Anke Schwar­ze sprach mit ihm über Höhe­punk­te sei­nes Wir­kens, über Chor­ge­sang und musi­ka­li­sche Vorlieben.

Wor­auf blickst du gern zurück, wenn du an das ver­gan­ge­ne Vier­tel­jahr­hun­dert denkst?

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Ich habe als ers­ter haupt­amt­li­cher Kir­chen­mu­si­ker der Gemein­de ange­fan­gen und hat­te viel Gestal­tungs­spiel­raum. Damals war gera­de die Chris­to­pho­rus­kir­che reno­viert wor­den und ich konn­te mit einer rund­erneu­er­ten Orgel star­ten. Von Anfang an dabei war mei­ne Frau Dag­mar. Gemein­sam haben wir ver­schie­de­ne Chö­re auf­ge­baut: Voca­pel­la, das Veri­na-Ensem­ble, die Sin­ging Ladies, die Scho­la. Dag­mar packt ehren­amt­lich rich­tig mit an: Chor­lei­tung, Solo­ge­sang, Pro­ben­ar­beit – sie ist mein Joker für alles. Ger­ne erin­ne­re ich mich an die Grün­dung der Stif­tung „Musi­ca Sacra West­fa­li­ca“. Sie ermög­licht, dass wir hoch­ka­rä­ti­ge Kon­zer­te anbie­ten können. 

Noch heu­te bin ich Nor­bert Wen­ner, dem lang­jäh­ri­gen Vor­sit­zen­den, dank­bar, dass er die­se Stif­tung 2007 ent­schei­dend mit auf den Weg gebracht hat. Und wir hat­ten tol­le Gäs­te in Wer­ne. Mit dem Tho­man­erchor aus Leip­zig und dem Dresd­ner Kreuz­chor musi­zie­ren zu dür­fen – ich habe in den Kon­zer­ten Orgel­parts über­nom­men –, dar­über freut man sich sehr. Unter mei­ner Lei­tung konn­ten wir Ora­to­ri­en auf­füh­ren wie die h‑moll-Mes­se von Bach und Hän­dels Mes­si­as. Mit der Chris­to­pho­rus-Mes­se und dem Chris­to­pho­rus-Musi­cal haben wir zwei Wer­ke insze­niert, die von mir waren. Dank der Stif­tung und der Unter­stüt­zung durch Pfarrd­e­chant Jür­gen Schä­fer kön­nen wir an kirch­li­chen Hoch­fes­ten zudem Kir­chen­mu­sik mit Solis­ten, Chor und Orches­ter prä­sen­tie­ren. Bei so einem Hoch­amt geht einem das Herz auf. Eine Sache möch­te ich erwäh­nen, weil sie außer­ge­wöhn­lich war: Als das Ruhr­ge­biet 2010 Kul­tur­haupt­stadt Euro­pas war, sind wir mit 500 Sän­ge­rin­nen und Sän­gern zum Day of Song nach Schal­ke gefahren.

Woll­test du immer schon Kir­chen­mu­si­ker werden?

Nein, obwohl ich erb­lich vor­be­las­tet bin: Mein Groß­va­ter war Leh­rer bei uns in Rha­de, einem Dorf bei Dors­ten. Zu sei­ner Zeit war es, wie man es noch von Wil­helm Busch her kennt: Der Leh­rer war gleich­zei­tig der Kir­chen­mu­si­ker. Bei uns im Haus gab es ein Kla­vier und ein Foto von Opa an der Orgel. Ich habe dann sei­ne Pan­tof­feln ange­zo­gen, obwohl sie mir manch­mal zu groß waren und er gestor­ben ist, als ich vier war. Mit sie­ben oder acht habe ich mit dem Kla­vier­spie­len ange­fan­gen. Eini­ge Jah­re danach habe ich mir mit dem Orgel­spiel in mei­ner Hei­mat­ge­mein­de etwas Taschen­geld und spä­ter ein biss­chen zum Stu­di­um ver­dient. Zwi­schen­durch gab es schon Zei­ten, in denen ich hin­schmei­ßen woll­te. Zumal ich als Jugend­li­cher damit gelieb­äu­gelt habe, Förs­ter zu wer­den. Wie das ist, wenn man auf dem Land groß wird.

Aber die Musik hat die Über­hand gewon­nen. Zunächst sah ich mei­ne beruf­li­che Per­spek­ti­ve als Leh­rer, nicht als Kir­chen­mu­si­ker. Erst im Stu­di­um habe ich gemerkt, dass mir Musik machen viel mehr bedeu­tet als Musik leh­ren. Trotz­dem habe ich das Ers­te Staats­examen zu Ende gebracht, bevor ich Kir­chen­mu­sik und ein Orgel­stu­di­um dran­ge­hängt habe.

Die Orgel wird Köni­gin der Instru­men­te genannt: Was reizt dich an ihr?

Die Viel­falt der Klang­mög­lich­kei­ten ist berau­schend, von zart bis weg­bla­sen, spe­zi­ell auf der Sei­fert-Orgel in St. Chris­to­pho­rus. Dar­an muss­te ich mich erst gewöh­nen: an die Power und an die Zärt­lich­keit, die in die­ser Orgel steckt. Sie ist auch ein tol­ler Anreiz zum Impro­vi­sie­ren. Das mache ich sehr gern: eige­ne Musik aus dem Steg­reif ent­wi­ckeln. Ich fin­de, Orgel­mu­sik und Jazz sind heu­te die letz­ten Bas­tio­nen der Improvisation.

Wel­che Bedeu­tung hat Chor­ge­sang in der Gemein­de­ar­beit für dich? Und wie sieht es mit Nach­wuchs aus?

Fan­gen wir mit der Bedeu­tung des Sin­gens an: Sin­gen macht Spaß, ist gesund, hält jung, schafft Sozi­al­kon­tak­te. Das fällt in Coro­na­zei­ten alles weg, auch das Sin­gen im Got­tes­dienst. Aber viel­leicht ist die Tat­sa­che, dass etwas fehlt, eine gute Gele­gen­heit, es wie­der zu schät­zen. Denn was machen wir in Got­tes­diens­ten: Wir fei­ern. Und eine Fei­er ohne Musik ist wie Fuß­ball ohne Ball. Wobei der Chor­ge­sang im Got­tes­dienst eine gute Ergän­zung zum Gemein­de­ge­sang ist, wie ein Sah­ne­tüp­fel­chen auf einem tol­len Kuchen. Nur mit dem Nach­wuchs ist es schwie­rig. Die Leu­te sind nicht des­in­ter­es­siert an Musik. Aber Chor­pro­ben fin­den in der Regel abends statt, Auf­füh­run­gen an Wochen­en­den. Dass heißt, wer sich für Chor­ge­sang ent­schei­det, ent­schei­det sich dafür, eine Men­ge Frei­zeit regel­mä­ßig zur Ver­fü­gung zu stel­len. Das fällt vie­len ange­sichts heu­ti­ger Ver­pflich­tun­gen und Ange­bo­te schwer.

Zur Feier der europäischen Kulturhauptstadt Ruhr.2010 in Werne komponierte Hans-Joachim Wensing ein Christophorus-Musical, das im Kolpinhaus aufgeführt wurde. Foto: Schwarze
Zur Fei­er der euro­päi­schen Kul­tur­haupt­stadt Ruhr.2010 in Wer­ne kom­po­nier­te Hans-Joa­chim Wen­sing ein Chris­to­pho­rus-Musi­cal, das im Kol­pin­haus auf­ge­führt wur­de. Foto: Schwarze

Du kom­po­nierst und arran­gierst auch selbst. Wor­auf kommt es dir dabei an?

Ich bin kein Kom­po­nist im Stu­dier­stüb­chen; mei­ne Moti­va­ti­on rich­tet sich nach prak­ti­scher Ver­wen­dung oder Defi­zi­ten. Nach alter Kan­to­ren­pra­xis: Die Musik, die man gern hät­te und die es nicht gibt, schreibt man sich eben. Das ist im bes­ten Sin­ne Gebrauchs­mu­sik. Ein­mal habe ich damit erfolg­reich an einem Wett­be­werb teil­ge­nom­men, zu dem eine Got­tes­dienst­stif­tung der evan­ge­li­schen Kir­che auf­ge­ru­fen hat­te. Und bekam den drit­ten Preis für ein moder­nes Pas­si­ons­lied, „Man­ches Holz“. Die­ser Text hat mich von sei­ner Rhyth­mik her sofort angesprochen.

Hast du einen Lieb­lings­kom­po­nis­ten oder eine Lieblingsepoche?

Nein, so etwas wie einen ein­sa­men Lieb­lings­kom­po­nis­ten gibt es nicht bei mir. Natür­lich gibt es da die über alle erha­be­nen Kom­po­nis­ten, die immer klas­se sind: Bach, Beet­ho­ven, Mozart oder Brahms. Ins­ge­samt fin­de ich gute Musik aus jeder Epo­che fas­zi­nie­rend. Man soll­te ein­fach neu­gie­rig blei­ben auf Neu­es oder Altes, das man noch nicht kennt.

Für den Fall, dass du mal kei­ne Lust auf Musik hast: Wel­che Hob­bys pflegst du?

Ich bin gern in der Natur zum Wan­dern; seit ich in Wer­ne bin, habe ich wie­der enge­ren Kon­takt zu Jägern und Förs­tern geknüpft. Das hat dazu geführt, dass ich mei­nen gesam­ten Fleisch­kon­sum umge­stellt habe: weni­ger und wenn, dann Wild. Das ist nach­hal­tig, CO2-neu­tral und gesund und hat nicht die nega­ti­ven Aspek­te, die mit Mas­sen­tier­hal­tung ver­bun­den sind. Und lecker ist es auch.

ZUR PERSON

Hans-Joa­chim Wen­sing wur­de am 23. Dezem­ber 1960 in Dors­ten gebo­ren. Nach dem Abitur leis­te­te er sei­nen Wehr­dienst und begann anschlie­ßend ein Stu­di­um der Schul­mu­sik und Ger­ma­nis­tik in Düs­sel­dorf. 1986 leg­te er sein 1. Staats­examen ab. Er schloss ein Stu­di­um der Kir­chen­mu­sik an (A‑Examen) und pro­mo­vier­te 1996 in Musik­wis­sen­schaf­ten über „Die öku­me­ni­sche Bedeu­tung des gre­go­ria­ni­schen Sin­gens“. Nach einem Orgel­stu­di­um in den Nie­der­lan­den arbei­te­te er vier­ein­halb Jah­re in Duis­burg, bevor er 1996 als Kan­tor der St. Chris­to­pho­rus-Gemein­de nach Wer­ne kam.

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