Sonntag, März 26, 2023

AFG setzt Zeichen: Patenschaft über Russischen Friedhof

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Wer­ne. Ein ganz beson­de­res Zei­chen gegen das Ver­ges­sen haben Schü­le­rin­nen und Schü­ler des Anne-Frank-Gym­na­si­ums Wer­ne gesetzt. Anläss­lich des jähr­lich wie­der­keh­ren­den Holo­caust-Gedenk­ta­ges am 27. Janu­ar haben sie die Paten­schaft über die Grab­stät­ten auf dem soge­nann­ten „Rus­si­schen Fried­hof“ übernommen.

In einer fei­er­li­chen Gedenk­ver­an­stal­tung im Bür­ger­saal des Alten Rat­hau­ses über­reich­te Bür­ger­meis­ter Lothar Christ am Don­ners­tag die Urkun­de an Schul­lei­ter Mar­cel Dam­berg und die Jugend­li­chen, die mit ihrer Initia­ti­ve so „einen wich­ti­gen Bei­trag für eine zeit­ge­mä­ße Erin­ne­rungs- und Gedenk­kul­tur“ leis­ten. „Erin­ne­rung ist Wach­sam­keit für die Zukunft“, heißt es in der Urkunde.

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Besie­gelt ist die Paten­schaft mit den Unter­schrif­ten von Bür­ger­meis­ter und Schul­lei­ter, tra­gen und gestal­ten wol­len sie die Jugend­li­chen, beglei­tet von ihren Lehr­kräf­ten, selbst. So wol­len sie die Stadt Wer­ne bei der his­to­ri­schen Auf­ar­bei­tung unter­stüt­zen, das wür­di­ge Aus­se­hen der Anla­ge im Blick behal­ten und sich an Ver­an­stal­tun­gen vor­nehm­lich am „Tag des Geden­kens der Holo­caust­op­fer“ beteiligen.

Auf dem Rus­si­schen Fried­hof am Süd­ring sind 103 Men­schen bestat­tet, die als Kriegs­ge­fan­ge­ne und Zivil­per­so­nen Zwangs­ar­beit in Wer­ne leis­ten muss­ten: Rus­sen, Weiß­rus­sen und Ukrai­ner, Polen und Rumä­nen. Des Wei­te­ren 13 Frau­en und zehn Kinder.

Regie­rungs­prä­si­dent Hans-Josef Vogel lob­te das Enga­ge­ment der Jugend­li­chen am Anne-Frank-Gym­na­si­um. Foto: Gaby Brüggemann

Hier hat­ten Bür­ger­meis­ter Lothar Christ, die SPD-Frak­ti­on und Regie­rungs­prä­si­dent Hans-Josef Vogel im Bei­sein des stell­ver­tre­ten­den Land­rats des Krei­ses Unna, Mar­tin Wig­ger­mann, sowie Vanes­sa Schmol­ke vom Volks­bund Deut­sche Kriegs­grä­ber­für­sor­ge zuvor Krän­ze nie­der­ge­legt. Die Gäs­te waren nach Wer­ne gekom­men, um die Initia­ti­ve der AFG-Schü­ler/in­nen zu wür­di­gen, die damit eine Brü­cke der Erin­ne­rung zwi­schen Zeit­zeu­gen und jun­ger Gene­ra­ti­on bauen.

Wer­nes Bür­ger­meis­tert lob­te die Initia­ti­ve der AFG-Schü­ler/in­ne, die sich seit eini­ger Zeit im bun­des­wei­ten Demo­kra­tie­pro­jekt OPENION enga­gie­ren. Dabei gel­te es, sich mit loka­len Ver­bän­den und Ein­rich­tun­gen zu ver­net­zen, um außer­schu­li­sche Demo­kra­tie­bil­dung zu för­dern. Mit Unter­stüt­zung von Susan­ne Maetz­ke vom Stadt­ar­chiv und Dr. Con­stan­ze Döh­rer vom Stadt­mu­se­um sei es inzwi­schen bereits mög­lich gewor­den, im Rah­men von Recher­che­ar­bei­ten immer tie­fer in die Geschichte(n) der Zwangsarbeit(er) in Wer­ne einzudringen.

Die enga­gier­ten Schüler/innen mit Schul­lei­ter Mar­cel Dam­berg zei­gen die Paten­schafts­ur­kun­de. Foto: Gaby Brüggemann

Die Recher­che sei ein Zei­chen auf­rich­ti­ger Anteil­nah­me und ermög­li­che neue For­men und Inhal­te des Geden­kens, zoll­te Christ den Jugend­li­chen „in Zei­ten nach­las­sen­den Enga­ge­ments“ Anerkennung.

Man müs­se aus der Ver­gan­gen­heit ler­nen, um eine Gesell­schaft in Frie­den, Frei­heit und Demo­kra­tie zu schaf­fen, beton­te AFG-Schul­lei­ter Mar­cel Dam­berg in sei­ner Anspra­che. Allein 3.300 Zwangs­ar­bei­ter hät­ten für die Zeche Wer­ne gear­bei­tet. Ande­re ver­rich­te­ten im Berg­bau, auf dem Bau, in der Land­wirt­schaft und in Pri­vat­haus­hal­ten unter schlech­ter Unter­brin­gung in Lagern und Hun­ger Zwangs­ar­beit. Die OPENION-AG set­ze sich in Erman­ge­lung von Zeit­zeu­gen heu­te für eine star­ke Demo­kra­tie ein. Das AFG ste­he für gene­ra­ti­ons­über­grei­fen­de Erin­ne­rungs­kul­tur gemäß des Schul­mot­tos „Wir ver­bin­den die Welt“. 

„Mit der Über­nah­me der Paten­schaft leis­tet das Gym­na­si­um Groß­ar­ti­ges, die Initia­ti­ve müs­sen wir nach vor­ne holen“, strich der Arns­ber­ger Regie­rungs­prä­si­dent Hans-Josef Vogel her­aus. „Sie for­der­ten nicht bloß etwas und ver­bin­den dadurch die Welt“, ergänz­te er. Sie leis­te­ten eine Bei­trag dazu, die Namen der Opfer zu erhal­ten, wie es auch Ziel und Auf­trag des Volks­bun­des sei. „Heu­te ist Frei­heit von Rechts­extre­mis­mus und Ver­harm­lo­sung des Holo­causts bedroht“, warn­te der Regie­rungs­prä­si­dent. „Mein Kol­le­ge Wal­ter Lüb­cke wur­de Opfer von Hass und Ras­sis­mus“, sprach er die Ermor­dung des Kas­se­ler Regie­rungs­prä­si­den­ten 2019 durch den Rechts­extre­mis­ten Ste­phan Ernst an.

Liv und Stel­la Thie­sen beglei­te­ten die Gedenk­ver­an­stal­tung im Alten Rat­haus musi­ka­lisch. Foto: Gaby Brüggemann

Im Pro­gramm der Gedenk­fei­er tru­gen Maria Mül­ler auf Rus­sisch und Lars Son­der­mann auf Deutsch das Gedicht von Wolf­gang Bor­chert „Dann gibt es nur eins!“ vor. Mit der Über­ga­be einer Map­pe mit den Ergeb­nis­sen ihrer Archiv­for­schung zum „Rus­si­schen Fried­hof“ gaben Paul Holt­mann und Alex­an­dra Böcker nach zwei Jah­ren Mit­wir­kung in der OPENION-AG den Staf­fel­stab an Lea Hen­schel und Liv Thie­sen wei­ter. Liv und ihre Schwes­ter Stel­la spiel­ten auf der Vio­li­ne den Titel­song des Films „Schind­lers Lis­te“ von John Wil­liams & Itz­hak Perlmann.

Im abschlie­ßen­den Podi­ums­ge­spräch tausch­ten Schüler/innen und Lehr­kräf­te des AFG, Muse­ums­lei­te­rin Dr. Con­stan­ze Döh­rer, Vanes­sa Schmol­ke, Volks­bund Deut­sche Kriegs­grä­ber­für­sor­ge Gedan­ken aus.

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