Lünen/Werne. Mit Spannung war der Prozess gegen Marko Mecke erwartet worden, nach einer Stunde war das Verfahren am Mittwochmorgen (27. November 2024) vorerst vom Tisch.
Da die Staatsanwaltschaft weitere Vorwürfe wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz erhob, setzte Richterin Beatrix Pöppinghaus das Verfahren vor dem Amtsgericht Lünen aus. Die bereits angesetzten Verhandlungstermine am 4. und 18. Dezember entfallen. Wann der Prozess fortgesetzt wird, steht noch nicht fest.
Es ist nicht die erste Verzögerung im Werner Tierschutzskandal. Die Misshandlung todkranker Tiere in einer Viehsammelstelle der Firma Mecke in Werne hatte im Sommer 2021 bundesweit Schlagzeilen gemacht. Nach umfangreichen Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft Dortmund im Februar 2023 Anklage erhoben, gegen Mecke als Inhaber der Sammelstelle und gegen zwei seiner Mitarbeiter. Kurz vor Prozessbeginn im Januar 2024 wurde das Verfahren gegen Mecke abgetrennt, um der Verteidigung „weitere Akteneinsicht“ zu gewähren. Die Entscheidung hatte für Unmut unter Tierschützern gesorgt. Nun hängt das Verfahren erneut in der Schwebe.
Die Nachtragsanklage kam für den Anklagten, seinen Verteidiger und das Schöffengericht überraschend. Vertreten wurde sie von Staatsanwältin Jennifer Preyss von der „Zentralstelle für die Verfolgung der Umweltkriminalität in Nordrhein-Westfalen“, die seit kurzem der Staatsanwaltschaft Dortmund angegliedert ist. Preyss verlas zunächst die ursprüngliche Anklage gegen den 52-jährigen Mecke. In elf Fällen wurden ihm als Geschäftsführer der Mecke Verwaltungs-GmbH erhebliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz vorgeworfen. Preyss zählte auf, was 2021 durch versteckte Kameras der Organisation „Soko Tierschutz“ aufgedeckt und seitdem durch Presse und soziale Medien verbreitet worden war: Rinder, die vor Schmerzen brüllen, die mit wegen gelähmter Gliedmaßen zum Transporter gezerrt werden müssen, die stunden- oder tagelang hungern und dursten. Bei einer Kuh hatte sich die „medizinballgroße“ Gebärmutter nach außen gestülpt – erkennbar ein medizinischer Notfall.
Weder in diesem noch in anderen Fällen, so die Staatsanwältin, habe Mecke eine tiermedizinische Versorgung eingeleitet. „Das Tierwohl wurde ausgeblendet.“ Die Anklage geht davon aus, dass der Unternehmer wusste, dass an seiner Pferdesammelstelle an der B54 nicht mehr transportfähige Rinder angenommen worden seien. Teilweise sei Mecke bei Misshandlungen zugegen gewesen, etwa bei unsachgemäßen Blutentnahmen. Der Zustand der Tiere sei ihm ebenso bekannt gewesen wie deren Unterversorgung durch zwei seiner Mitarbeiter.
Diese Mitarbeiter hatten ihren ehemaligen Chef in vorangegangenen Verfahren gegen ihre Person schwer belastet. Aufgrund dieser Erkenntnisse erhob die Staatsanwaltschaft nun die Nachtragsanklage. Sie erstreckte sich auf 34 weitere Fälle von Tierquälerei.
Schöffenrichterin Pöppinghaus war „nicht glücklich über den Zeitpunkt der Nachtragsanklage“. Diese bedeute eine erhebliche Erweiterung eines Verfahrens, „auf das wir alle uns intensiv vorbereitet haben.“ Der Nachtrag hätte in die Hauptverhandlung einbezogen werden können. Doch der Angeklagte machte über seinen Anwalt Martin Duerkop von seinem Recht Gebrauch, das abzulehnen.
„34 weitere Fälle, das bringe ich jetzt nicht in so kurzer Zeit ins Verfahren“, monierte Duerkop. Da Pöppinghaus es nicht für sinnvoll hielt, unter diesen Umständen die Ursprungsanklage weiterzuverhandeln, setzte sie das Verfahren aus. Staatsanwältin Preyss beantragte, die neue Anklageschrift mit der bisherigen Anklage zu vereinen. Die geladenen Zeugen wurden entlassen, darunter auch Friedrich Mülln. Dem Mitbegründer der Soko-Tierschutz stand die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben: „Das stärkt nicht das Vertrauen in den Rechtsstaat.“