Werne. Gleichgültig, ob man nun in den Rückspiegel schaut oder in die Glaskugel, eines ist sicher, die Stadt Werne befindet sich in einer Phase der Veränderungen, kleinen wie großen. So drängen sich für die Zustandsbeschreibung Ende 2024 ebenso wie für das neue Jahr Vokabeln wie Übergang, Transformation und Wandel auf. Bei all dem kommt mit Blick auf die dramatisch schlechte Kassenlage der Stadt die strikte Pflicht zur Priorisierung hinzu.
Veränderungen: Ändern wird sich das Stadtbild in den kommenden Jahren mit neuen Wohnquartieren am Bellingholz, am früheren Standort von Höttcke-Holz, am Südring, auf dem Gelände der Alten Post oder der ehemaligen Druckerei Beckmann. Bezahlbarer, weil geförderter Wohnraum, ist für Familien an der Ovelgönne geplant. Zuletzt entschied der Stadtrat, mit dem sogenannten Hühnerhof ein Filetstück der Innenstadt zu entwickeln.
Transformation: Entwicklungsprozesse gibt es auch für den Wirtschaftsstandort Werne. So erweitert das Unternehmen Förderelemente Rollex (GmbH & Co. KG) beispielsweise seinen Hauptsitz um ein hochmodernes Werk und setzt damit ein Zeichen für Wachstum und Innovation, wurde im Dezember gemeldet. Kurz zuvor hatte Amazon sein Bekenntnis zum Standort Werne bekräftigt und wird diesen mit Multi-Millionen-Invest zu einem Umverteilzentrum umbauen. Das Unternehmen für Entsorgung und Rohstoffverwertung RCS plant ebenfalls eine Betriebserweiterung auf einer an den Standort angrenzenden Fläche von rund 6,5 Hektar.
Mit dem Kauf des ehemaligen Zechengeländes (100.000 Quadratmeter) durch die SW GmbH des Surfpark-Projekts SURFWRLD/SCNCWAVE wurde Anfang Dezember ein wichtiger Meilenstein für das Großprojekt gemeldet. Entgangen ist indes eine 2-Millione-Förderung für den wissenschaftlichen Teil SCNCWAVE. Ein „Schlag ins Kontor“ und „Verpasste Innovationschance für NRW zumal der Bedarf besteht“ kommentierten dazu Bürgermeister Lothar Christ und Projektierer Dr. Michael Detering. Weiter gemacht werde, so hieß es, mit geändertem Schwerpunkt.
Zwei neu errichtete Windkraftanlagen in Horst und geplante Flächen-Photovoltaik-Anlagen darunter sowie an der Stadtgrenze zu Lünen sind Schritte auf dem Weg hin zur Klimaneutralität. Die Stadt Werne muss sich wie alle anderen Kommunen auch in den kommenden Jahren der Pflicht zur kommunalen Wärmeplanung stellen und die Transformation gestalten.
Und weil der zukünftige Strombedarf für die Gewinnung regenerativer Energien im privaten wie gewerblichen Bereich massiv ansteigen wird, investiert Verteilnetzbetreiber Westnetz auf einer Fläche an Münsterstraße/Stiegenkamp in den Bau einer neuen Umspannanlage, wurde im Februar gemeldet. Realisiert sein soll das Projekt 2028. Mit dem Glasfaserausbau geht es Mitte Januar im Bauabschnitt Innenstadt weiter.
Bauliche Veränderungen – sprich Erweiterungen – wird es für die Wiehagenschule und das Anne-Frank-Gymnasium geben. Die Grundschule ist nur wenige Jahre nach ihrem Neubau zu klein, auch weil es seitdem viele Zuzüge von Geflüchteten gegeben habe, begründete der Bürgermeister in der letzten Ratssitzung des Jahres auf Bürgernachfrage. Für den Erweiterungsbau und die Verlagerung der Turnhalle an die Klöcknerstraße und ebenso für den erhebliche Erweiterungs- und Sanierungsbedarf am städtischen Anne-Frank-Gymnasium muss die Stadt als Schulträger einen millionenschweren Aufwand stemmen.
Wandel: In einer Gegenwart, in der sich Kinder, Eltern und Lehrkräfte strukturellen Herausforderungen wie Lehrkräftemangel ebenso stellen müssen wie den äußeren Einflüssen von Corona-Pandemie oder Kriegen etc. hat die Förderung von Kindern von der frühkindlichen Bildung bis zum Schulabschluss durch Schulträger und Stadtgesellschaft höchste Priorität. Das war und ist in Werne bisher politischer Konsens. Deshalb bitte an dieser Stelle keinen Wandel.
Apropos Stadtgesellschaft: Dass es sich in Werne in guter Stimmung feiern lässt, haben in diesem Jahr große Veranstaltungen wie Sim-Jü-Kirmes und das Straßenfestival erneut eindrucksvoll bewiesen. Werne-typisch auch die lebhafte, ehrenamtlich „gestrickte“ Kulturszene mit musikalischen Angeboten von den Musikfreunden, über Bläsercorps und Salinen-Konzerte bis hin zu den Auftritten von Bands aller möglichen Klangfarben im Club-Montreux, um nur einige zu nennen. Nicht zu vergessen die Freilichtbühne, viele tolle Autorenlesungen, das LiteraTurnier, Ausstellungen oder die Beiträge des Kulturvereins sowie auf städtischer Seite des Kulturbüros. Nicht erwähnt werden muss, dass hier der kreative Wandel ohnehin Programm ist.
Priorisierung: Bei allen geplanten Vorhaben, Pflichtaufgaben (Sozialleistungen, Straßensanierung etc.) und freiwilligen Ausgaben für Vereine müssen Prioritäten gesetzt werden. An der freiwilligen Unterstützung für ehrenamtliche Bürgerleistungen mochte man in der Politik allerdings nicht rütteln, zumal sich die Ausgaben dafür in einem niedrigen Rahmen bewegen. Hingegen wurden bei den Planungen des Schulanbaus und der Sporthalle Abstriche gemacht, ohne deren Funktion zu beschneiden. Beim Zukunftsprojekt „Werne neu verknüpft“ wurden Kernelemente bestätigt und wiederum andere in die Zeit gesetzt, beziehungsweise ganz darauf verzichtet.
Zum Schluss: Am 11. Februar 2024 füllten rund 2.000 Menschen den Werner Marktplatz und demonstrierten gegen Rassismus, Antisemitismus, Hass und Hetze und für eine vielfältige und solidarische Gesellschaft. Am 23. Februar bei der Bundestagswahl und am 14. September bei der NRW-Kommunalwahl haben im Jahr 2025 alle, die sich für unsere freie, demokratische Gesellschaft stark machen wollen, Gelegenheit, dies mit ihrem Kreuzen auf dem Wahlzettel zu tun. Es werden hoffentlich viele sein, denn darauf kommt es an.