Werne. „Es fällt doch niemanden spontan auf dem Wochenmarkt ein, dass er einen Personalausweis braucht. Die Anliegen für einen Besuch im Bürgerbüro fallen doch nicht einfach vom Himmel“, meinte Dezernentin Kordula Mertens im jüngsten Ausschuss für Digitalisierung und Bürgerservice (18.06.2024) zu einem Antrag der FDP-Fraktion aus dem Februar, der kontrovers diskutiert wurde.
Die Liberalen forderten, dass es zukünftig im Bürgerbüro der Stadt Werne möglich sein soll, an jedem geöffneten Tag die Dienstleistungen ohne Termin wahrzunehmen (mit Wartemarke). Bislang ist das nur dienstags möglich. „Wir sehen darin eine Serviceausweitung“, begründete Michael Siegeroth, sachkundiger Bürger der FDP, und forderte einen „Mischbetrieb“ aus spontanen und online vereinbarten Terminen. Unterstützung kam von Ferdinand Schulze Froning: „Die Terminvereinbarung passt vielen Leuten nicht ins Konzept, der sogenannte Mischbetrieb bringt mehr Service in die Stadtverwaltung.“
Danach war eine turbulente Debatte eröffnet, die in den Beiträgen und auch letztlich in der Abstimmung, die gespaltenen Meinungen in der SPD und auch CDU widerspiegelte. UWW und die Grünen lehnten geschlossen den Antrag ab. „Wir sehen keinen Handlungsbedarf, ein gut funktionierendes System zu ändern“, hatten Bärbel Börste (Bündnis 90 / Die Grünen) und ihre Parteikollegen bislang ausschließlich positive Erfahrungen mit dem Service im Bürgerbüro gemacht.
Seit der Coronazeit setzt die Stadtverwaltung verstärkt auf das Termingeschäft, öffnet das Bürgerbüro nur dienstags für Besucher ohne Termin. Ein Konzept, dass sich bewährt habe, wie die zuständige Dezernentin Kordula Mertens in einer ausführlichen Vorlage und auch gestern im Ausschuss untermauerte: „Wir kriegen gute Kritiken für Bedienung und Wartezeiten. Wenn die Leute spontan kommen, haben sie oft nicht alle erforderlichen Unterlagen mit und müssen unverrichteter Dinge wieder nach Hause. Das sorgt für Frust.“ Die zeitnahe Buchung von Terminen sei möglich. „Am Donnerstag sind noch 13 Termine frei, am Freitag 25 und am Montag noch 43 Termine“, zählte Mertens auf.
„Dafür haben wir angesichts von Nachbearbeitungen keine Luft“, reagierte die Dezernentin auf die Anregung von Schulze Froning, einen spontanen Besucher „dazwischen zu schieben“, wenn eventuell ein Termin frei geworden ist. So sah es auch Siegeroth: „Es muss möglich sein, auf leere Plätze zu gehen, wenn man vorher eine Nummer gezogen hat und dann bereitwillig wartet.“ Dem widersprach Parteikollege und Ausschussvorsitzender Artur Reichert, der sich ein stimmiges Konzept für den „Mischbetrieb“ vorstellt.
Die Diskussion ging unvermindert weiter. „Wie lange soll der Bürger denn auf einen zufällig ausgefallenen Termin warten? Er kommt auf Verdacht und wartet zwei Stunden – das ist für mich nicht logisch, weil er meistens morgens sogar noch einen Termin buchen kann“, meinte Kordula Mertens und hatte wie anfangs der Debatte schon Bärbel Börste auf ihrer Seite. „Der Antrag liest sich so, als ob der Bürger jeden zweiten Tag ins Bürgerbüro muss; zweimal pro Jahr ist da realistischer. Und dann kann man auch einen Termin machen. Beim Friseur, Rechtsanwalt oder Arzt nehmen wir das doch auch in Kauf“, betonte die Grünenpolitikerin.
Das Plädoyer der Dezernentin und der Grünen half nichts. Der Antrag wurde knapp mit acht Ja-Stimmen bei zwei Enthalten und fünf Ablehnungen angenommen und sehe laut Artur Reichert (FDP) nun vor, dass die Verwaltung für das Bürgerbüro einen „Mischbetrieb“ aus Terminvergabe und spontanen Besuchen an allen Werktagen zu realisieren habe. Denn das sei nicht der Wille der FDP, sondern der Bürger, so der Ausschussvorsitzende.