Werne. Die Holzhandlung Höttcke war am Donnerstag (05.12.2024) Gastgeber des alljährlichen Wirtschaftsgesprächs der Industrie- und Handelskammer (IHK), an dem mehr als 50 Vertreter aus Werner Unternehmen, Politik und Verwaltung teilnahmen.
Nach einer Besichtigung des neuen Betriebsstandorts an der Butenlandwehr stand wie üblich ein Überblick über die aktuelle wirtschaftliche und politische Situation in Werne und der Region auf der Tagesordnung.
In einer von Adelheid Hauschopp-Francke (Geschäftsführerin RCS-Recycling und IHK Vollversammlungsmitglied) moderierten Talkrunde gaben Bürgermeister Lothar Christ, der Hauptgeschäftsführer der IHK, Stefan Schreiber, und Thomas Keyen, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit in Hamm, Auskunft.
Bürgermeister Lothar Christ hatte gute und schlechte Nachrichten im Gepäck. Die gute: In dieser Woche wurde die Vereinbarung über die Finanzierung der Planungskosten für das zweite Bahngleis auf der 24 Kilometer langen Bahnstrecke zwischen Werne und Amelsbüren unterzeichnet. Das sei ein wichtiger Meilenstein bei der Realisierung des von den Anrainerstädten und den Wirtschaftsverbänden lange geforderten Vorhabens. Dass sich Bund und Land auf eine gemeinsame Finanzierung einigen, habe es bisher noch nicht gegeben, betonte Christ.
Ein Erfolg der gemeinsamen Bemühungen sei auch, dass nicht mehr, wie am Anfang geplant, nur ein sechs Kilometer langer Abschnitt ausgebaut werden soll, sondern die 24 Kilometer lange Strecke zwischen Werne und Amelsbüren. „Damit wird Werne Teil des Stadtbahnverbundes Münster. Das ist ein großer Gewinn für unsere Stadt“, hob der Bürgermeister die Bedeutung hervor. Dennoch müsse man am Ball bleiben, damit es zügig weiter geht. „In Deutschland dauern diese Prozesse einfach zu lange“, so Christ. Ziel müsse auch der Weiterbau zwischen Werne und Lünen sein, denn hier bestehe nach wie vor ein Nadelöhr. Adelheid Hauschopp-Francke, Motor der überregionalen Initiative für den Streckenausbau, ergänzte: „Ich möchte mit meinen Enkeln oder Urenkeln auf dem zweiten Gleis nach Münster fahren. Dafür müssen wir uns weiter engagieren.“
„Wir haben Ladenlokale, die im jetzigen Zustand nicht vermietbar sind.“
Bürgermeister Lothar Christ zu den Leerständen in der Innenstadt.
Hoffnung machte das Stadtoberhaupt den Wirtschaftsvertretern, dass als Ersatz für den im Jahr 2021 in einem Bürgerentscheid gescheiterten Gewerbepark an der Nordlippestraße neue Flächen für Ansiedlungen von Unternehmen entwickelt werden können. „Wir arbeiten intensiv an diesem Thema, denn unsere bestehenden Gewerbegebiete sind inzwischen restlos ausverkauft“, sagte Christ. Dabei gelte es, sensibel vorzugehen und die Bürger rechtzeitig mitzunehmen: „Beim Gewerbepark an der Nordlippestraße sind Fehler passiert, die wir nicht wiederholen dürfen. Wir haben damals den Widerstand der Bürger unterschätzt.“ Der Bürgermeister warb bei den Unternehmen dafür, die Bemühungen um einen neuen Standort intensiv zu unterstützen.
Sorgenkind bleibt laut Christ die Werner Innenstadt, die wie in vielen anderen Kommunen auch unter Leerständen leide. Das Problem liege aber häufig bei den Eigentümern der Geschäftslokale, die nicht bereit seien, in ihre Immobilien zu investieren. „Wir haben Ladenlokale, die im jetzigen Zustand nicht vermietbar sind.“ Die Wirtschaftsförderung unter Matthias Stiller führe darüber laufend Gespräche. Ein positives Signal könne die Entwicklung des Hühnerhofs sein, für den die Planung aufgenommen werden soll. Dafür habe der Stadtrat jetzt die Zustimmung gegeben.
Mit einer Ausbildungsinitiative bemühen sich die Arbeitsagentur Hamm und weitere Akteure, dem Fachkräftemangel in den Unternehmen zu begegnen. Die von Landrat Mario Löhr ins Leben gerufene Initiative habe das Ziel, Schüler für ein berufliche Ausbildung zu interessieren, berichtete Geschäftsführer Thomas Keyen. Dafür gehe man in die Schulen und informiere über die Chancen. Das duale Studium, also die Kombination aus praktischer Ausbildung und Fachhochschulreife, spiele dabei eine große Rolle.
Keyen appellierte an die Unternehmer, auch Schülern eine Chance zu geben, deren schulische Laufbahn nicht so geradlinig verlaufen sei. Das Unternehmen RCS habe damit sehr gute Erfahrungen gemacht, ergänzte Adelheid Hauschopp-Francke. Sie arbeite eng mit dem Sozialarbeiter des Werner Berufskollegs zusammen. IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber sagte die Unterstützung der Kammer zu: „Wir stellen gern Kontakte her und beraten die Unternehmen.“ Schreiber gab zudem einen Überblick über die aktuelle Ausbildungssituation in Werne. Mit einem Minus von 3,5 Prozent und aktuell 109 Neuverträgen zeige sich der Ausbildungsmarkt stabil und etwa auf dem Niveau des Vorjahres (113 Verträge).
Beim Wirtschaftsgespräch stellte sich auch der neue Regionalbetreuer für Werne, Tobias Heine, vor. Er ist Referatsleiter der Weiterbildung bei der Kammer und als Werner Bürger bestens vertraut mit den Gegebenheiten in der Stadt. Die Versammlung endete mit einem Vortrag von Dietmar Leupold, Leiter der Anwendungsberatung der BMI Group (Icopal), über die energetische Sanierung von Flachdächern.
Bei einem gemeinsamen Imbiss bestand anschließend die Gelegenheit zur Kontaktpflege. Den kulinarischen Schlusspunkt setzte der in Werne ansässige Spitzenkoch und Buchautor Heiko Antoniewicz.
Übrigens: Für den im kommenden Jahr ausscheidenden Bürgermeister war es nicht das letzte Wirtschaftsgespräch. Die nächste Zusammenkunft wird noch vor der Kommunalwahl stattfinden. Hier soll Lothar Christ dann gebührend verabschiedet werden, kündigte Adelheid Hauschopp-Francke an.