Samstag, Juni 3, 2023

Motettenkreis Werne malt berührendes Klangbild der Passion

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Wer­ne. Ein Mensch wird öffent­lich gede­mü­tigt, gefol­tert und bru­tal ermor­det: So betrach­tet ist die Lei­dens­ge­schich­te Jesu heu­te so aktu­ell wie zu allen Zei­ten. Ihr Kern berührt – das bekun­de­te am Sonn­tag (19. März) der Motet­ten­kreis Wer­ne in der voll besetz­ten Klos­ter­kir­che: Zur Fei­er sei­nes 50-jäh­ri­gen Bestehens hat­te der Chor die Johan­nes­pas­si­on von Johann Sebas­ti­an Bach einstudiert.

Ver­haf­tung, Anhö­rung, Kreu­zi­gung und Grab­le­gung: Das Evan­ge­li­um nach Johan­nes spitzt das dra­ma­ti­sche Gesche­hen in knap­pen Wor­ten zu. Bach kom­po­nier­te dazu eine emo­tio­nal auf­wüh­len­de Musik. Der Motet­ten­kreis und fünf Solis­ten form­ten dar­aus eine span­nungs­ge­la­de­ne Atmo­sphä­re – direkt unter dem baro­cken Altar­ge­mäl­de der Klos­ter­kir­che, auf dem das Gesche­hen augen­fäl­lig ver­dich­tet wird. Eben­so wie der Pin­sel­strich schärf­ten stimm­li­che Kon­tras­te das Klang­bild. Wäh­rend die hohen Frau­en­stim­men beim Eröff­nungs­chor die Herr­lich­keit Chris­ti besan­gen, erin­ner­ten tie­fe Bäs­se an sei­ne „größ­ten Niedrigkeiten“.

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Sprach der Motet­ten­kreis in den Chor­sät­zen sozu­sa­gen mit Vol­kes Stim­me, ver­setz­te er die Zuhö­ren­den mit­ten ins Gesche­hen. Wüten­de „Kreuzige“-Rufe, auf­brau­sen­de Häme, bis­si­ges Stac­ca­to schall­te dem Publi­kum entgegen.

Rai­ner Kamp diri­gier­te die Johan­nes­pas­si­on, die er mit dem Motet­ten­kreis Wer­ne zu des­sen 50-jäh­ri­gen Bestehen ein­stu­diert hat­te. Foto: Anke Bar­ba­ra Schwarze

Völ­lig anders erklan­gen dann die Cho­rä­le, in denen die Ereig­nis­se kom­men­tiert und reflek­tiert wer­den. Die nach innen gewen­de­te Glau­bens­schau for­mu­lier­te der Motet­ten­kreis mit aller gebo­te­nen Zurück­hal­tung – wie eine Ein­la­dung zur Medi­ta­ti­on. Das Orches­ter „Con­cert Roy­al Köln“ unter­mal­te hier mit fein hin­ge­tupf­ten Akzen­ten, dort mit wogen­den Klangmassen.

Drei Wochen vor Ostern inter­pre­tier­te der Motet­ten­kreis die Johan­nes­pas­si­on von Bach in der Klos­ter­kir­che. Foto: Anke Bar­ba­ra Schwarze

Bachs Pas­si­on lebt von schnel­len Dia­log­wech­seln zwi­schen Jesus, Pila­tus und dem Volk. Die Sän­ge­rin­nen und Sän­ger brach­ten das auf den Punkt, folg­ten exakt dem Diri­gat von Rai­ner Kamp. Eben­so prä­sent zeig­ten sich die Bäs­se Johan­nes Schwarz als Pila­tus und Chris­ti­an Wal­ter als Jesus. Wal­ter into­nier­te mit der pro­phe­ti­schen Trag­wei­te und der Stand­fes­tig­keit eines Men­schen, der sei­ne Zwei­fel hin­ter sich gelas­sen hat. Sei­ne poin­tier­te Dar­bie­tung brach­te Momen­te zum Leuch­ten, die unter­ge­hen kön­nen: etwa jenen Moment, in dem Jesus ruft „Mich dürs­tet!“ – und Essig gereicht bekommt. 

Der aus Wer­ne stam­men­de Johan­nes Schwarz ver­lieh der zwie­späl­ti­gen Rol­le des Pila­tus einen macht­vol­len Klang. Sei­ne küh­le Ruhe ließ die auf­ge­peitsch­te Men­ge um so hass­erfüll­ter erscheinen.

Das Publi­kum in der voll besetz­ten Klos­ter­kir­che spar­te am Ende nicht mit Applaus. Foto: Anke Bar­ba­ra Schwarze

Hen­ning Jen­dritza hat­te mit dem Evan­ge­lis­ten den wort­reichs­ten Part der Pas­si­on über­nom­men. Der Tenor into­nier­te die Rezi­ta­ti­ve mit leb­haf­ter Erzähl­stim­me und effekt­vol­len Tem­po­wech­seln, glänz­te in Ari­en mit unge­bro­che­ner Strahl­kraft. Judith Hoff­mann, Sopran, und Mag­da­le­na Hinz, Alt, leg­ten ihre Betrach­tun­gen über die Pas­si­on poe­tisch an. Hinz mal­te mit cre­mi­gen Far­ben und fei­er­li­chem Duk­tus. Schlank und agil zeich­ne­te Hoff­mann ver­hal­te­nen Jubel und ergrei­fen­de Kla­ge. Das letz­te Wort gehör­te dem Motet­ten­kreis: Im fina­len Cho­ral bat er um Erlö­sung – der ein­zi­ge Hoff­nungs­schim­mer, den Bach in sei­ner Johan­nes­pas­si­on gewährt.

Trotz anhal­ten­der ste­hen­der Ova­tio­nen gab es kei­ne Zuga­be. Eine gute Ent­schei­dung: Dem Fina­le der Lei­dens­ge­schich­te war nichts mehr hinzuzufügen.

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