Werne. Der Abbau von Steinkohle ist im Ruhrgebiet seit Ende 2018 Geschichte, seine Folgen sind es nicht. Zu den sogenannten Ewigkeitslasten zählt das Abpumpen von Grubenwasser, das sich im unterirdischen Grubengebäude sammelt und stetig ansteigt.
Das erfordert eine Wasserstandshaltung, die das Grubenwasser auf einem Niveau von 600 Metern Tiefe – so die seit Dezember 2017 geltende Marke – hält. Ist sie erreicht, tritt die Wasserstandshaltung in Kraft.
So soll eine Gefährdung des Grundwassers und somit der Trinkwasserversorgungen ausgeschlossen werden. Finanziert werden die Ewigkeitskosten von der RAG-Stiftung. Seit 2020 begleitet ein umfassenden Monitoring den Grundwasseranstieg im Steinkohlebergbau in NRW
Sorge um hochgiftiges PCB, Schwermetalle und Salzfracht
Am umgebauten Schacht Aden 2 ist ein Hebewerk geplant. Etwas, das viele Menschen entlang des Grenzflusses zwischen Bergkamen und Werne besorgt, denn Grubenwasser enthält chemische Belastungen aus natürlichen und menschengemachten Quellen. Die Rede ist vom Umweltgift PCB, von Schwermetallen, Salzen etc..
Der Ausschuss für Umweltschutz, Mobilität und Klimaschutz (UMK) hatte am Mittwoch, 22. November 2023, Werner Grigo und Markus Roth von der RAG Aktiengesellschaft zu Gast. Grigo, Leiter des Genehmigungsmanagements der RAG, erläuterte in der von vielen interessierten Bürger/innen verfolgten Sitzung die „aktuellen Planungen der RAG zum Anstieg des Grubenwassers im Bereich Haus Aden“.
Noch in diesem Jahr, so Grigo, werde die RAG den Antrag an die Bergbehörde stellen, das Grubenwasser-Niveau bis auf – 380 Meter in der Wasserprovinz Haus Aden zwischen Hamm und Dortmund steigen zu lassen, um die Lippe zu entlasten. Derzeit liege der Wasserstand bei -750 Metern, das angestrebte Ziel-Niveau sei voraussichtlich zum Ende der Dekade erreicht. Durch die Anhebung des Wasserstands sei mit einem geringeren Schadstoff-Eintrag im Grubenwasser zu rechnen, erläuterte der Ingenieur. Sei das Grubenwasser aber stark belastet, werde es aufbereitet, hieß es sinngemäß.
Ein zweiter Antrag, der darauf abzielt, die seit 2019 ausgesetzte Einleitung von Grubenwasser in die Lippe wieder aufzunehmen, soll im zweiten Quartal 2024 gestellt werden. Zuständig für das Verfahren ist die Bergbehörde. Gleichwohl muss entlang des Wasserrechts (WRRRL) entschieden und mit den zuständigen Umweltbehörden bei Kreis und Land Benehmen hergestellt werden.
Dort wo der weitere Grubenwasseranstieg allein nicht zur Einhaltung der Grenzwerte führe, werde die RAG mit entsprechenden Maßnahmen wie Pumpmanagement und Aufbereitung gegensteuern. Da sei man maximal transparent.
Ausschuss unterbricht Sitzung für Fragen der Zuhörer
Im Ausschuss vermisste Jürgen Regener (CDU) Konkretes in dem Vortrag. „Erst mal heute nichts sagen und dann in sechs Jahren fertig sein“, gab er in Richtung Werner Grigo zu bedenken. Das Wasserrechtsverfahren gebe vor, was gemacht werden müsse. „Wir sind nicht unter dem Radar“, versicherte dieser.
„Kann man schon Proben nehmen, gibt es PCB-Werte“, hakte Adelheid Hauschopp-Francke (SPD) nach. Im Grubenwasser von Haus Aden seien es laut des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) wenige Gramm, in der Lippe einige 100 Gramm und im Rhein 75 Kilogramm pro Jahr, erklärte Grigo.
Dr. Eberhard Stroben (Grüne) nahm die Einleitung des Grubenwassers angesichts der geplanten Renaturierung in den Blick. Die Einleitung sei nicht harmlos. Gebe es in der Aufbereitung auch eine Entsalzung, sonst gehe die Wassergüte für Flora und Faune in den Keller, befürchtete er. Der Referent verwies auf das Wasserrecht, Grenzwerte dürften nicht überschritten werden.
Das Thema Grubenwasser-Einleitung hatte Clemens Overmann mit einem Offenen Brief an den Bürgermeister auf die Tagesordnung gerückt. Darin hatte er eine Resolution gegen die Einleitung von Grubenwasser in die Lippe gefordert. In einer eigens eingeplanten Unterbrechung der Sitzung bekamen er und andere Interessierte aus dem Publikum Gelegenheit, Fragen zu stellen.
„Seit den 80er Jahren wurden tausende Tonnen PCB-haltige Öle unter Tage eingesetzt. PCB ist ein Ultragift (…) und ist seit der Stockholmer Konvention im Jahre 2022 verboten“, so Overmann. Obendrauf kämen dann noch laut 75.600 Tonnen besonders bewachungsbedürftiger Reststoffe – sprich hochgiftiger Sondermüll, der auf Haus Aden/Monopol eingebracht worden sei, hieß es unter anderem in seinem Statement.
Hinter der Forderung auf Filtration des hochgiftigen PCB versammeln sich inzwischen verschiedene Gruppen wie der Arbeitskreis Grubenwasser, der Arbeitskreis „Wohnen + Leben Bergkamen mit seiner Arbeitsgruppe Saubere Lippe. „Sie machen sich die Welt, wie sie ihnen gefällt, PCB ist verboten“, meldete sich Werner Engelhard aus Bergkamen zu Wort.
Werner Grigo verwies auf den PCB-Arbeistkreis des Umweltministeriums unter Vorsitz des LANUV und betonte, dass man sich um neue Analytik bemühe und eigene Ergebnisse dem Arbeitskreis PCB zur Verfügung stellen werde, betonte er und bekräftigte sein Gesprächsangebot an die Kritiker.