Werne/Lünen. Die Lage in den umkämpften Gebieten der Ukraine sei nach wie vor „katastrophal“, konstatierte Dr. Raphael von Hoensbroech, Vorsitzender der Csilla-von-Boeselager-Stiftung Osteuropahilfe. „Viele Dörfer sind ohne Strom und Wasser, von Nahrungsmitteln ganz zu schweigen.“
Umso dankbarer sei er für die Spende von 1.500 Euro des Inner Wheel Clubs Lünen-Werne. „Gerade jetzt im Winter brauchen wir dringend Geld“, erklärter er Rita Rinschede. Die Präsidentin des IWC Lünen-Werne hatte die Spende überreicht. Der Betrag gehe direkt und ohne Abzüge in die Ukraine, sagte Hoensbroech.
Die Csilla-von-Boeselager-Stiftung ist bereits seit 25 Jahren in der Ukraine aktiv. Raphael von Hoensbroech war gleich zu Beginn des Angriffskrieges ins Land gereist, um sich ein Bild von der Lage zu verschaffen. „Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten ein Netz von Kontakten aufgebaut, das es uns jetzt ermöglicht hat, schnell vor Ort zu helfen“, erklärte Hoensbroech. Zumal die Stiftung bei Kriegsausbruch regelrecht von Spenden überschüttet worden sei. Damit konnten „riesige Hilfsprojekte“ umgesetzt werden. So habe sich in Odessa, am Rand der umkämpften Gebiete, eine Organisation gegründet. Deren Helfer versorgen etwa 70 Dörfer im russisch besetzten Gebiet mit Essenspaketen. Die Zwei-Wochen-Rationen werden von Ex-Militärs in Bullis durch die Gegend transportiert. Zum anderen hilft die Organisation geflüchteten Menschen in Odessa.
In Saporischja, gelegen in jener Zone, die Russland annektieren will, versorgt die Stiftung mithilfe örtlicher Partner etwa 1.000 Menschen am Tag mit Nahrungsmitteln. „Einiges davon kaufen wir von Produzenten vor Ort, um die lokale Wirtschaft zu stärken“, sagte Hoensbroech. Als drittes aktuelles Projekt nannte der Stiftungsvorstand den Aufbau einer Nahrungsmittelbrücke über ein Zwischenlager in Rumänien.
Ein vierter Bereich ruht derzeit: die Fluchthilfe für Menschen, die nicht selbstständig mit dem Auto oder dem Zug außer Landes fahren konnten – Schwerstbehinderte oder Hochschwangere zum Beispiel. „Wer fliehen wollte, ist inzwischen herausgekommen, daher warten wir jetzt ab, ob sich die Kriegslinie weiter in die Ukraine hinein verschiebt“, erklärte Hoensbroech. Diejenigen Ukrainer, die in nicht umkämpften Gebieten wohnen, leben nach dem Motto „Nutze den Tag“. „Es besteht eine krasse Absurdität zwischen einem halbwegs normalen Leben auf der einen und Bomben- und Drohnenangriffen auf der anderen Seite.“
Für die Nothilfe in Osteuropa müsse die Stiftung mit einem „überschaubaren“ Budget auskommen, da ja das Kapitalvermögen nicht angegriffen werden dürfe, so Hoensbroech. Auf Spenden sind die Ehrenamtlichen der Organisation – derzeit sind das ungefähr 60 Frauen und Männer – daher angewiesen. „Seit Kriegsbeginn hat das Spendenvolumen leider deutlich abgenommen“, wie Hoensbroech beobachtet hat. „Das erleben wir oft: Mit der Zeit tritt eine Art Sättigung ein, außerdem ist das Budget, das viele Unternehmen für diese Zwecke zur Verfügung haben, zum Jahresende hin ausgeschöpft.“
Dabei brauche die Stiftung gerade jetzt zum Winter hin Geld, um die aufgebauten Hilfsnetzwerke aufrechtzuerhalten. Auch Sachgüter werden benötigt: Kleidung, Decken, Bettwäsche. „Allerdings können wir keine einzelnen Spenden von Privatleuten verwenden, sondern nur palettenweise geordnete Großspenden“, erklärt Hoensbroech. „Uns fehlen die Arbeitskräfte, um Einzelspenden zu sortieren.“
INFO
Die Csilla-von-Boeselager-Stiftung ist mit ihren ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, Sach- und Geldspenden seit 1991 in Osteuropa aktiv. Begonnen hat die Nothilfearbeit sogar bereits 1987 durch Csilla von Boeselager (+1994) in Ungarn. Sie wurde durch den Großeinsatz für die DDR-Flüchtlinge im Sommer 1989 europaweit bekannt. Auch nach ihrem Tod basiert das Prinzip der Stiftung auf persönlicher Hilfe zur Selbsthilfe. Das bedeutet: Die Stiftung unterstützt immer nur lokale Initiativen von Menschen vor Ort für ihre eigenen Landsleute. Weitere Informationen:www.boeselager-osteuropahilfe.de.