Werne. Die Vesper am Mittwochabend in der Klosterkirche in Werne stand unter einem besonderen Vorzeichen: Guardian Pater Romuald Hülsken begrüßte die Anwesenden zur Segnung der Ikone des seligen Anicet Koplin. Der Kapuzinerpater wird in der katholischen Kirche als einer der Märtyrer des Nationalsozialismus verehrt. In Werne lebte und arbeitete er von 1903 bis 1911.
Das Abbild des seligen Anicet Koplin war eigens für die Kirche des Kapuzinerklosters Werne vom Ikonenmaler Pater Franz Beer gefertigt worden. Zur Segnung der Ikone durch Christophorus Goedereis, den Provinzial der Deutschen Kapuzinerprovinz, war der Künstler nach Werne gereist. „Anicet Koplin ist ein echt franziskanischer Seliger“, erklärte Goedereis in seiner Ansprache zur Vesper. In steter Sorge für die Armen habe er trotz der Gewalt Zeugnis von der Gegenwart Gottes gegeben. Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wirkte Pater Anicet in Warschau. Hitlers Regime habe er zutiefst verachtet. Er schäme sich, Deutscher zu sein, habe er bei einem Verhör durch die Gestapo gerufen.
Seelsorge für Bergleute
Anicet Koplin wurde am 30. Juli 1875 in Preußisch-Friedland (heute Debrzno in Polen) geboren und auf den Namen Adalbert getauft. Während einer schweren Krankheit gelobte der Junge, Kapuziner zu werden, solle er wieder gesund werden. 1893 trat er ins Kapuzinerkloster Sigolsheim im Elsass ein. Er nahm den Ordensnamen „Anicet“ – der Unbesiegbare – an. Die Priesterweihe erfolgte am 15. August 1900. Drei Jahre später kam Anicet Koplin nach Werne, wo er sich vor allem um polnische Bergarbeiterfamilien kümmerte. Da er aus einer Arbeiterfamilie stammte und mit polnischen Mitbürgern aufgewachsen war, fand er schnell Zugang zu den Menschen.
Wirken in Warschau
1918 wurde Pater Anicet nach Warschau gesandt. Dort widmete er sich Armen, Arbeitslosen und Obdachlosen. In einem Elendsquartier organisierte er eine Küche, in der 8.000 Mahlzeiten pro Tag verteilt werden konnten. Die Lebensmittel bettelte Anicet Koplin zusammen. Beladen mit Paketen voller Spenden, die Taschen seines Mantels ausgebeult von Obst, Brot und Süßigkeiten – so kannten die Warschauer ihren „Vater der Armen“.
Als die Nationalsozialisten am 1. September 1939 Polen überfielen und Warschau bombardierten, blieb Pater Anicet in der Stadt und half, wo es Not tat. Juden im Warschauer Ghetto reichte er Lebensmittel durch den Drahtzaun.
Am 27. Juni 1941 wurden fast alle Brüder des Warschauer Kapuzinerkonvents verhaftet und ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Dort starb Anicet im Herbst 1941.
Der aus Polen stammende Papst Johannes Paul II. sprach ihn und weitere Ordensleute als polnische Märtyrer des deutschen Besatzungsregimes am 13. Juni 1999 in Warschau selig. Ihr Gedenktag ist der 16. Juni.
Eindeutig zu erkennen
Die Ikone spiegelt wider, was das Leben von Anicet Koplin prägte: In seiner rechten Hand trägt der Selige ein blutrotes Kreuz mit Stacheldraht, Symbol seiner brutalen Ermordung durch die Nationalsozialisten. Das Attribut in seiner linken Hand, ein Laib Brot, verweist auf sein lebenslanges Engagement für die Armen. Als Vorlage für Gesichtszüge und Haltung dienten dem Künstler Pater Franz Beer mehrere Fotos. Durch seine Ordenstracht – mit dem zu seiner Zeit üblichen Scheitelkäppchen und dem langen Bart – ist der Dargestellte als Kapuziner zu erkennen. Unverzichtbar für eine Ikone ist die beidseitige Umschrift mit dem Namenszug. Sie stellt sicher, dass es sich um die Abbildung einer Person handelt. Nur ihr hat die Verehrung zu gelten und keinesfalls der Ikone (aus dem Altgriechischen für „Bild“) als solcher.