Mittwoch, März 29, 2023

Denkmalserie: Stadtmauer schützte Werne bis ins 18. Jahrhundert

Anzeige

Wer­ne. „Auf die Tür­me!“ schall­te die­ser Ruf durch die Stra­ßen und Gas­sen Wer­nes, „rot­te­ten“ sich die Bäcker, die Schnei­der, die Schmie­de, die Fleisch­hau­er, Meis­ter und ihre Gesel­len, zusam­men, auch die der ande­ren Zünf­te und Gilden.

Droh­te ein räu­be­ri­scher Über­fall, oder setz­te der Feind, der Graf von der Mark, mit Rit­tern und Knap­pen über die Lip­pe, muss­te die Ver­ei­di­gung schnell auf den Bei­nen sein. Daher war genau fest­ge­legt, wie­viel Mann sich an wel­chem Abschnitt der Stadt­mau­er zu ver­sam­meln hat­ten, so etwa zwi­schen Stein­tor und Grie­se­turm am Bäcker­häus­chen 28 Mann, am Stein­tor 8, am Grie­se­turm 5.

- Advertisement -

Es wur­de getrom­melt und gebla­sen. So konn­ten schnell vier Stadt­to­re, eine Pfor­te, 8 Tür­me und vier Häus­chen auf dem Mau­er­ring besetzt wer­den. Von dort eil­ten dann die Mann­schaf­ten auf dem Wehr­gang der Mau­er zu der Stel­le, an der die Angriffs­spit­ze des Fein­des zustieß. Eine Abtei­lung wur­de „Rot­te“ genannt; sie unter­stand einem Rott­meis­ter. Der muss­te stets wach­sam sein.

Im alten „Wer­ne­schen Rott­e­bu­che“ heißt es, dass die Rott­meis­ter „erst­lich jeder­zeit durch ihre Rott­ge­sel­len flei­ßi­ge Schild­wacht hal­ten, und falls sie etwas ver­neh­men, sol­len sie Alarm schla­gen las­sen“. Die wehr­fä­hi­gen Män­ner muss­ten sich im Gebrauch der Waf­fen üben und jeder­zeit für die Stadt­ver­tei­di­gung ver­füg­bar sein.

Der Denk­mal­be­reich der Stadt­mau­er erschließt Wich­ti­ges zur Stadt­ent­wick­lung. Ursprüng­lich ist schon der Raum rings um die Pfarr­kir­che mit Wall und Gra­ben befes­tigt, ab 1302 durch eine Mau­er ver­stärkt. 1383 wird der Ort mit Grä­ben und Pali­sa­den umge­ben. Er dient den Bewoh­nern als Flucht­ort bei Angrif­fen. Um 1400 erweist sich die­se Anla­ge als zu klein.

Nicht nur sind räu­be­ri­sche Über­fäl­le all­ge­gen­wär­tig, vor allem befeh­den sich die bei­den Ter­ri­to­ri­al­her­ren, der Bischof von Müns­ter und die Gra­fen von der Mark, um ihre Besit­zun­gen auf Kos­ten des Ande­ren aus­zu­deh­nen. Mehr­fach wird Wer­ne von den Trup­pen des Gra­fen ange­grif­fen und gebrandschatzt.

Die Stadt­mau­er begrenzt den jüdi­schen Fried­hof. Foto: Wagner

Der Bischof von Müns­ter, Wer­nes Lan­des­herr, baut Wer­ne gegen den Feind zur Grenz­fes­tung aus. Die Bau­ern in den west­li­chen Wer­ner Bau­er­schaf­ten müs­sen in die Stadt umsie­deln. Sie wer­den zu Acker­bür­gern, woh­nen in der Stadt und bestel­len ihre Fel­der in den Feld­mar­ken außer­halb. Die Zahl der wehr­fä­hi­gen Män­ner erhöht sich. Doch nur eine Mau­er rings um die Stadt gewähr­leis­tet eine rela­ti­ve Sicherheit.

Aller­dings wer­den erst über eine Bau­zeit von ca. 100 Jah­ren ein­fa­che Ver­tei­di­gungs­an­la­gen, Wäl­le, Grä­ben, Pali­sa­den, schritt­wei­se durch eine sta­bi­le Stein­mau­er, 3,60 Meter hoch und 60 Zen­ti­me­ter dick, ersetzt. Sie besteht aus Feld­brand­stei­nen auf einem Bruch­stein­fun­da­ment, 3.700 Taler teu­er, damals eine rie­si­ge Summe.

Für die Ent­wick­lung Wer­nes zur Stadt ist der Bau der Mau­er eine der Vor­aus­set­zun­gen. Sie schützt nach außen; inner­halb bil­det sie einen eigen­stän­di­gen Rechts­be­zirk, in dem der Lan­des­herr wich­ti­ge Pri­vi­le­gi­en an die Stadt­bür­ger abge­tre­ten hat. Inmit­ten wer­den Rat­haus und Markt­platz zum Zen­trum einer stol­zen Bürgergemeinde.

Mit dem West­fä­li­schen Frie­den und neu­er Waf­fen­tech­nik wird die Mau­er im 18. Jahr­hun­dert über­flüs­sig. Die Stadt ver­kauft die Mau­er auf Abriss. Das Mate­ri­al wird zum Haus- und Stra­ßen­bau ver­wen­det. Bei den Res­ten der his­to­ri­sche Süd­mau­er han­delt es sich um eine etwa 3 Meter hohe Back­stein­mau­er mit spit­zer Kro­ne, die im unte­ren Teil mit Bruch­stein durch­setzt ist. Die­se Res­te begren­zen den jüdi­schen Friedhof.

WERN­Eplus prä­sen­tiert zusam­men mit dem Ver­ein „Freun­de des his­to­ri­schen Stadt­kerns Wer­ne” Denk­mä­ler der Lip­pe­stadt; in der gedruck­ten Zei­tung und auch online.

Anzeige

Weitere Artikel von Werne Plus

Herbern Parat bittet am 2. April 2023 wieder zum Dorffest

Herbern. Nach drei Jahren Pause ist es endlich wieder soweit. Herbern Parat zeigt am Sonntag, 2. April, von 11 bis 18 Uhr, wie man...

Radeln, Schwimmen und mehr: Kolping startet in den Frühling

Werne. Mit gleich fünf Angeboten beginnt das zweite Quartal bei der Kolpingsfamilie Werne. Am Samstag, 1. April, nehmen Kolpingschwestern und Kolpingbrüder gebrauchte Kleidung, Bettwäsche, Schuhe,...

„Weltruhmtour 2023“: See, Huppert und Reimann begeistern im flözK

Werne. Die Lust des Publikums darauf, nach der Pandemie mal wieder herzhaft zu lachen, sorgte für ein ausverkauftes Haus im Kulturzentrum flözK am vergangenen...

Mottowoche am GSC: Rollentausch einmal anders

Werne. Während anderenorts oft das unrühmliche Verhalten der Abiturienten in ihrer Mottowoche gerügt wird, zeigten sich die Q2er am Gymnasium St. Christophorus am Mittwoch...