Freitag, Juni 2, 2023

Beckendorf in Horst: „Verschwunden, aber nicht vergessen“

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Horst. Vom Adels­sitz Becken­dorf ist heu­te nicht mehr zu sehen als ein paar dunk­le Grund­riss­li­ni­en im Boden. Und auch die sind nur aus der Vogel­per­spek­ti­ve mit­hil­fe einer Spe­zi­al­ka­me­ra zu erken­nen. In der urkund­li­chen Über­lie­fe­rung des Hau­ses Sto­ckum hat das in Horst gele­ge­ne Rit­ter­gut jedoch Spu­ren hinterlassen.

Der im Som­mer ver­stor­be­ne Hei­mat­for­scher Man­fred Bäu­mer hat sie auf­ge­ar­bei­tet und tran­skri­biert. Das Ergeb­nis sei­ner Recher­che hat der För­der­ver­ein Dorf­ge­mein­schaft Horst und Wes­sel jetzt post­hum herausgegeben.

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„Man­fred Bäu­mer war gebür­ti­ger Hors­ter“, erklärt Her­bert Schul­ze Gei­ping, der Vor­sit­zen­de des För­der­ver­eins. Bäu­mer hat­te den Ver­ein sei­ner­zeit mit­be­grün­det. Nach­dem der gelern­te Bäcker und Kon­di­tor­meis­ter sei­nen Beruf nicht mehr aus­üben konn­te, wid­me­te er sich der Genea­lo­gie und Hei­mat­for­schung. „Er hat viel über die Fami­li­en in Horst aus alten Kir­chen­bü­chern her­aus­ge­fun­den, davon zeh­ren wir noch heu­te“, sagt Schul­ze Gei­ping. Er selbst habe nach Bäu­mers Tod letz­te Hand an das Lay­out des Buches „Der Adels­sitz Becken­dorf“ gelegt.

Grund­la­ge für wei­te­re Studien

„Ver­schwun­den, aber nicht ver­ges­sen“: Das Mot­to des Büch­leins trifft auf den Gegen­stand sei­nes Inhalts eben­so zu wie auf sei­nen Autor. In sei­nem Vor­wort ver­macht Bäu­mer sozu­sa­gen sei­ne For­schun­gen der Nach­welt: „Mei­ne größ­te Freu­de wür­de es sein, wenn die­ser Keim der For­schung wei­ter­hin gepflegt, die auf­ge­fun­de­nen Spu­ren ver­folgt und die noch vor­han­de­nen Lücken aus­ge­füllt wer­den.“ Indem Bäu­mer die Über­lie­fe­rung aus fünf Jahr­hun­der­ten zusam­men­ge­tra­gen hat, leg­te er eine aus­sa­ge­kräf­ti­ge Grund­la­ge für wei­te­re Studien.

Das Rit­ter­gut Becken­dorf lag „in der Bau­er­schaft Horst rechts am Wege, der von Her­bern nach Bockum führt“. So beschrieb im 19. Jahr­hun­dert der Pfar­rer und Hei­mat­kund­ler Juli­us Schwie­ters die Lage des Adels­sit­zes. Der Name „Becken­dorf“ wird bereits 1193 in einer Urkun­de des Bischofs von Müns­ter erwähnt. „Gemeint ist aber noch nicht die Burg, son­dern die klei­ne Ansied­lung am Bach“, erklärt Man­fred Bäu­mer im Kapi­tel „Wich­ti­ge Eck­da­ten zum Rit­ter­gut Beckendorf“.

Erst um 1500 her­um lässt Gert von Hövel die Burg Becken­dorf bau­en. Sei­ne Fami­lie war von der Äbtis­sin von Her­ford mit dem Haus Sto­ckum belehnt wor­den. Nach­dem Gert und sein Bru­der sich jedoch mit den Klos­ter­frau­en über­wor­fen hat­ten, brauch­ten sie eine neue Blei­be und errich­te­ten besag­ten Adel­sitz in Horst. Wäh­rend Gert von Hövel spä­ter wie­der Gna­de vor den Augen der Äbtis­sin fand, blieb sein Bru­der in Beckendorf.

Lehns­recht­li­che Verflechtungen

Beson­ders gut scheint es sei­nem Fami­li­en­zweig nicht ergan­gen zu sein. Bereits 1611 ist die Burg „ganz und gar bau­fäl­lig“, wie es eine Akte im Stadt­ar­chiv Wer­ne beschreibt. „Ein Spie­gel­bild der schlech­ten finan­zi­el­len Situa­ti­on der Eigen­tü­mer“, kom­men­tiert Bäu­mer. Die Anla­ge wech­selt in den fol­gen­den Jahr­hun­der­ten mehr­mals den Besit­zer. Mit­te des 19. Jahr­hun­derts erwirbt sie Karl Graf von Mer­veldt. Er lässt die Gebäu­de abrei­ßen. Als der Hors­ter Schüt­zen­ver­ein in den 1890er-Jah­ren ers­te Vogel­schie­ßen auf dem Gelän­de aus­trug, waren noch Res­te der Gemäu­er zu sehen.

In Bäu­mers Buch las­sen sich die­se Ent­wick­lungs­li­ni­en anhand der abge­druck­ten Quel­len anschau­lich nach­voll­zie­hen – eben­so wie die lehns­recht­li­chen Ver­flech­tun­gen in der Regi­on. Die zu Becken­dorf gehö­ren­den Höfe wer­den eben­so auf­ge­lis­tet wie das am Adels­sitz haf­ten­de Patro­nats­recht über die Kir­che St. Ste­pha­nus in Bockum. In einer alten Flur­kar­te von 1821 im Stadt­ar­chiv Wer­ne ist zudem die Anord­nung der Gebäu­de noch gut zu erkennen.

Wie die­se aus­ge­se­hen haben kann, davon ver­mit­telt die Cover­ab­bil­dung eine Ahnung: Sie zeigt das Gut Schle­de­brück bei Rhe­da-Wie­den­brück mit einem zen­tra­len, reprä­sen­ta­ti­ven Haupt­haus und sym­me­trisch ange­ord­ne­ten Wirt­schafts­ge­bäu­den. „Von Becken­dorf selbst haben wir lei­der kei­ne his­to­ri­sche Abbil­dung“, bedau­ert Her­bert Schul­ze Geiping.

INFO

Das Buch „Der Adels­sitz Becken­dorf. Eine Chro­nik aus fünf Jahr­hun­der­ten“ kos­tet 6 Euro und ist an fol­gen­den Ver­kaufs­stel­len in Wer­ne erhält­lich: Bücher Beck­mann, Mag­da­le­nen­stra­ße 2; Tou­rist-Infor­ma­ti­on, Markt 19; Dorf­ge­mein­schafts­haus Horst & Wes­sel, Ahle­ner Weg 5.

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