Freitag, März 31, 2023

Rauchclub in Werne: „Sie pafften, was das Zeug hielt …!“

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Wer­ne. Der Wer­ner Rauch­club „Blaue Wol­ke“ – ein Uni­kum – hät­te sei­nen 90. Geburts­tag fei­ern kön­nen. „Haupt­sa­che es dampft …!“ lau­te­te die Devi­se des Wer­ner Rauch­clubs „Blaue Wol­ke e.V., der sich am 22. August 1931 in der Gast­stät­te Schulz am Markt (heu­te Pfarr­heim St. Chris­to­pho­rus) gründete. 

Sei­ne Mit­glie­der­zahl war auf sechs gestan­de­ne Wer­ner Manns­bil­der begrenzt, die sich bereits seit der gemein­sa­men Schul­zeit kann­ten. Alle­samt Wer­ner Ori­gi­na­le, frön­ten sie an jedem ers­ten Sams­tag eines Monats in aller Gemüt­lich­keit dem Rau­chen aus Pas­si­on und als „gesel­lig­keits­för­dern­dem“ Moment. Jeder der Sechs paff­te mit Genuss, was das Zeug hielt. 

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Zunächst rauch­te man vor­nehm­lich die his­to­ri­sche „Müns­ter­län­der lan­ge Pfei­fe“. Spä­ter schätz­te man auch eine gute, ange­neh­men Duft ver­brei­ten­de Zigar­re, wie unser Foto aus den Grün­der­jah­ren des Clubs zeigt – Ziga­ret­ten hin­ge­gen waren eigent­lich ver­pönt. Noch bis weit in die 1980er Jah­re tra­fen sich die ver­blie­be­nen Mit­glie­der des Clubs regel­mä­ßig im Cen­tral­hof der Fami­lie Kroes am Markt, wo sie damals noch den Tabak in vol­len Zügen genie­ßen konn­ten – heu­te eine Unmög­lich­keit. Im Übri­gen spiel­te man zu die­ser Zeit auch regel­mä­ßig Skat.

Seit jeher war der Rauch­club „Blaue Wol­ke“ ein Wer­ner Kurio­sum. Das ging schon aus sei­ner Sat­zung her­vor, die aus dem Grun­de ent­stan­den sein soll „der Viel­zahl der in Wer­ne schon bestehen­den unnüt­zen Ver­ei­ne einen wei­te­ren hin­zu­zu­fü­gen“. Die Haupt­auf­ga­be des Clubs läge indes in der Pfle­ge der Besinn­lich­keit und der Fort­set­zung der Tra­di­ti­on des berühm­ten Tabak­kol­le­gi­ums Fried­rich Wil­helms I., wur­de betont. 

Im Jah­re 1950 leb­ten noch fünf der ursprüng­lich sechs Grün­dungs­mit­glie­der, die alle zugleich den Vor­stand bil­de­ten. Die­ser bestand laut Sat­zung aus dem ers­ten und zwei­ten Vor­damp­fen­den sowie dem Schrift­füh­rer und dem Kas­sie­rer. Gemäß einem wei­te­ren Pas­sus der Sat­zung muss­ten der Staats­form der Demo­kra­tie ent­spre­chend nach Ablauf einer gewis­sen Zeit Neu­wah­len durch­ge­führt wer­den, „um die schwie­ri­gen Pos­ten inner­halb des Vor­stan­des zu verschieben“. 

Dabei soll­te die Auf­ga­be des ers­ten Vor­damp­fen­den dem­je­ni­gen zufal­len, der es ver­stand, sich nach Mög­lich­keit als ers­ter voll­ends ein­zu­ne­beln, wur­de kol­por­tiert. Der Ver­ein­swim­pel war in blau, weiß und rot gehal­ten – gemäß der Devi­se: Blau­er Dunst aus wei­ßen Pfei­fen­köp­fen bei rosen­ro­ter Rosenmontagsstimmung.

Die fünf Ver­eins­mit­glie­der (Josef Grund-Gün­ne­wig fiel im Krieg) auf Blau­er Fahrt Anfang der 1950er Jah­re. Foto: Archiv Sim-Jü Verlag/Rainer Schulz

Inter­es­sant ist, dass der Club nach dem Zusam­men­bruch 1945 von der Mili­tär­re­gie­rung nicht ein­mal gesperrt wor­den ist, weil Arti­kel 52 der dama­li­gen Ver­ord­nun­gen nicht auf die Pfle­ge des Schmäu­kens in Anwen­dung gebracht wer­den konn­te. In einem Bericht über die „Blaue Wol­ke“, der Anfang der 1950er Jah­re in der dama­li­gen „Wer­ner Volks­zei­tung“ erschien, wur­de unter ande­rem humo­rig über die sei­ner­zei­ti­ge Tabak­knapp­heit berich­tet: „Lei­der waren für die­ses Ver­eins­uni­kum kei­ne Dol­lar­be­trä­ge zur Sicher­stel­lung des Tabak­be­darfs im Mar­shall­plan vor­ge­se­hen, obwohl des­sen Tabak­ver­brauch kein nied­ri­ger sei!“

Apro­pos Tabak­ver­brauch: In den ers­ten Jahr­zehn­ten bezo­gen die „Blaue-Wolke“-Mitglieder den Pfei­fen­ta­bak von einem Duis­bur­ger Lie­fe­ran­ten. Das müs­sen im Lau­fe der Jah­re Zent­ner gewe­sen sein, denn 1956, beim 25. Ver­eins­ju­bi­lä­um schick­te der Tabak­händ­ler als Prä­sent eine gro­ße Rati­on der belieb­tes­ten Tabakmischungen.

Die­se wur­den in gro­ße Dosen gefüllt, aus denen sich jedes Mit­glied bei den Zusam­men­künf­ten, die inzwi­schen mitt­wochs und sonn­tags statt­fan­den – bedie­nen konn­te. Über­haupt fand das Jubi­lä­um in der Tabak­welt ein gro­ßes Echo. So tra­fen Glück­wün­sche von nahe­zu allen nam­haf­ten Tabak­pro­du­zen­ten beim Blaue-Wol­ke-Vor­stand ein, dar­un­ter Fir­men wie Brink­mann, Kyria­zi und Olden­kott. Auch befreun­de­te Rauch­clubs mel­de­ten sich, zum Bei­spiel der aus Wür­se­len von 1874 und die nie­der­län­di­schen „Toe­back Suyg­hers“ aus Den Haag.

Josef Kort­län­der und sei­ne Frau in ihrem Uhr­ma­cher­ge­schäft am Bült, Anfang der 70er Jah­re. Foto: Archiv Sim-Jü Ver­lag / Rai­ner Schulz

Blau­er Dunst, Gesel­lig­keit und Klö­nen, das war den Mit­glie­dern der ers­ten Jahr­zehn­te – alle­samt Wer­ner Hand­werks­meis­ter – das Wich­tigs­te, des­halb wur­den immer wie­der auch Aus­flü­ge und gemein­sa­me Blaue Fahr­ten in die Umge­bung von Wer­ne und auch mal dar­über hin­aus unter­nom­men. Blie­be noch hin­zu­zu­fü­gen, dass im Lau­fe der Zeit von der „Blau­en Wol­ke“ auch Ehren­mit­glie­der ernannt wur­den. Dazu zähl­te zum Bei­spiel der in den 1920er und 30er Jah­ren weit­hin bekann­te Dort­mun­der Komi­ker Karl Napp, der dem Ver­ein eigens eine Wid­mung schenk­te, die lan­ge im ers­ten Ver­eins­lo­kal, der Gast­wirt­schaft Schulz am Markt hing. Auch ein Chi­ne­se habe sich der Ehren­mit­glied­schaft rüh­men kön­nen, hieß es.

Heu­te ist das alles längst Ver­gan­gen­heit, denn von den Mit­glie­dern der „Blau­en Wol­ke“ lebt schon nie­mand mehr. Letz­ter Akti­ver war Josef „Töpp­ken“ Angel­kort, der vor eini­gen Jah­ren im 99. Lebens­jahr ver­starb. – von Rai­ner Schulz –

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