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Wer­ne. Die Buch­sta­ben tan­zen, das „n“ sieht aus wie ein „u“ und die Zah­len haben bun­te Far­ben: Men­schen mit Leg­asthe­nie und Dys­kal­ku­lie sehen Tex­te und Zah­len­rei­hen anders und brau­chen län­ger, um sie rich­tig zu erken­nen. Dass man sie des­halb nicht unter­schät­zen soll­te, zeigt Mathi­as „Jack Ten­go“ Tengowski.

Er ist Autor des Buches „Recht­schrei­bung – Links­schrei­bung. Unrecht­schrei­bung?“, das er vor zwei Jah­ren in der Wer­ner Buch­hand­lung vor­ge­stellt und zuvor mit Hil­fe der Autorin Rena­te Behr ver­fasst hat­te. In dem neu­en Buch „Es ist nor­mal anders zu sein: Ein­bli­cke in ein Leben mit Dys­kal­ku­lie und Leg­asthe­nie“ erscheint sei­ne selbst­ge­schrie­be­ne Bio­gra­fie, ein­ge­bet­tet in eine Samm­lung von Geschich­ten ande­rer Betroffenen.

„Die Sozi­al­päd­ago­gin Son­ja Borow­ski hat mich auf Face­book ange­schrie­ben und gefragt, ob ich einen Bei­trag für ihr Buch bei­steu­ern könn­te“, erin­nert sich Ten­gow­ski. Das Ergeb­nis ist ein Aus­schnitt aus sei­nem Leben, vor allem sei­ner Kind­heit und Jugend. „Ich habe zum Bei­spiel im Mathe­un­ter­richt die Uhr über der Tafel zur Hil­fe genom­men. Die Zah­len auf dem Papier hat­ten für mich bun­te Far­ben, es fiel mir schwer sie zu lesen“, so der gebür­ti­ge Wer­ner. Rech­nen konn­te er dann anhand der Zah­len­aus­rich­tun­gen an der Uhr. 

„Die Leh­rer dach­ten immer, ich war­te auf die Pau­se“, erin­nert er sich schmun­zelnd. In sei­nem Bei­trag gehe es um das Gefühl, sich immer über Was­ser hal­ten zu müs­sen, aber auch dar­um, Mut zu haben und sich selbst zu behaup­ten. Denn auch Vor­ur­tei­le und Unge­rech­tig­kei­ten sei­en Teil sei­ner Kind­heit und Jugend gewe­sen und beglei­ten ihn zum Teil noch immer, zum Bei­spiel in Form von Hass-Kom­men­ta­ren im Inter­net. „Es gibt Leu­te, die schrei­ben ‚spiel doch bes­ser mit Bau­klöt­zen‘. Aber ich den­ke mir: Das was ich erreicht habe, das müs­sen ande­re erst ein­mal schaf­fen“, sagt der Autor. 

Im Netz ist der 40-Jäh­ri­ge sehr aktiv, ob bei sei­nem For­mat „Sagen­haft“ auf You­tube, bei dem er alte Legen­den ana­ly­siert, oder bei einem Pod­cast über die Recht­schreib­schwä­che. Auch als Hör­buch­spre­cher ist er hin und wie­der tätig. „Dabei ler­ne ich den Text vor­her immer aus­wen­dig, dann muss ich den nicht lesen“, so Tengowski.

Bei allen Nach­tei­len habe die Leg­asthe­nie für ihn aber auch sei­ne Vor­tei­le: „Ich kann Bil­der schnel­ler erken­nen. Bei Such­bil­dern bin ich zum Bei­spiel immer der Ers­te.“ Auch sein Erin­ne­rungs­ver­mö­gen sei durch das stän­di­ge Aus­wen­dig­ler­nen der Tex­te geschärft.

Und sei­ne Lese­schwä­che schien das Inter­es­se für Bücher seit der Kind­heit nur zu ver­stär­ken. „Ich woll­te immer in ande­re Wel­ten und Geschich­ten ein­tau­chen. Heu­te lese ich am liebs­ten Wer­ner Kri­mis“, so der 40-Jäh­ri­ge. Sei­ne selbst­ver­fass­ten Geschich­ten haben für „Jack Ten­go“ vor allem einen Zweck: „Sie sol­len Mut­ma­cher sein. Und zwar nicht nur für Leg­asthe­ni­ker, jeder hat sein Paket zu tragen.“

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