Dienstag, März 21, 2023

Leben aus dem Glauben heraus

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Wer­ne. Von sei­nem Schreib­tisch aus schaut Pater Wolf­gang in den Gar­ten des Kapu­zi­ner­klos­ters Wer­ne. Neben ihm an der Wand hän­gen die Bil­der jener Klös­ter, in denen er gewirkt hat, dar­un­ter Frank­furt, Deggin­gen, Otters­wei­er, Stüh­lin­gen und Die­burg. In Müns­ter wur­de er vor 60 Jah­ren zum Pries­ter geweiht. Die­ses dia­man­te­ne Jubi­lä­um fei­ert der 88-Jäh­ri­ge am Sonn­tag, 25. Juli, ab 9.30 Uhr in der Klosterkirche.

1932 als Kurt Drews gebo­ren, wuchs Pater Wolf­gang als ältes­tes von drei Kin­dern in Ober-Esch­bach auf, einem Dorf bei Bad Hom­burg. Solan­ge es die poli­ti­schen Umstän­de zulie­ßen, nahm der Jun­ge regen Anteil am gesell­schaft­li­chen Leben, das ein Dorf damals zu bie­ten hat­te. Er spiel­te Fuß­ball, war Mit­glied im Gesang­ver­ein und in der katho­li­schen Jugend. Jeden­falls, solan­ge das NS-Regime christ­li­chen Grup­pie­run­gen noch erlaub­te. Umso ein­dring­li­cher erin­nert er sich an ein Erleb­nis nach dem Krieg: ein über­re­gio­na­les katho­li­sches Jugend­tref­fen in einem Nach­bar­dorf. Die Teil­neh­mer über­nach­te­ten bei Fami­li­en im Ort. Bis heu­te hält Pater Wolf­gang den Kon­takt zu einer Toch­ter jener Fami­lie, die ihn auf­ge­nom­men hat­te. „Was wir erlebt haben, die­se Ver­bun­den­heit im Glau­ben, die gegen­sei­ti­ge Hil­fe – das hat mich geprägt.“

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Auf der ande­ren Sei­te präg­ten ihn die Flie­ger­an­grif­fe auf die nahe Groß­stadt Frank­furt: „Alles war zer­stört – ich woll­te auf­bau­en.“ Wäh­rend Kurt Drews eine Aus­bil­dung zum Maschi­nen­bau­er in Frank­furt mach­te, reif­te in ihm der Wunsch, Pries­ter zu wer­den. „Ich woll­te mit Men­schen zu tun haben und nicht für den Rest mei­nes Lebens an der Dreh­bank ste­hen.“ Zu sei­ner geis­ti­gen Zuflucht wur­de die zer­bomb­te Lieb­frau­en­kir­che in Frank­furt. Sie dien­te als Klos­ter­kir­che des benach­bar­ten Kapu­zi­ner­klos­ters und lag an Drews Arbeits­weg. So ent­stan­den ers­te Kon­tak­te zum Orden.

Eines Tages sprach ihn ein Kapu­zi­ner in der Anbe­tungs­ka­pel­le an – der aus Wer­ne stam­men­de Bru­der Ani­an: Ob er gleich einem Pater bei der Mes­se die­nen könn­te. Drews lehn­te ab: Er müs­se pünkt­lich zur Gesel­len­prü­fung erschei­nen. „Der Pater macht schnell“, ent­geg­ne­te Bru­der Ani­an. Drews gab nach, erschien zu spät zur Prü­fung, bestand und kün­dig­te anschlie­ßend bei sei­nem ver­dutz­ten Chef.

Weni­ge Tage spä­ter sprach er an der Klos­ter­pfor­te vor und frag­te, ob der Orden eine Schu­le hät­te. Der Pfört­ner ver­wies ihn ans Kapu­zi­ner-Inter­nat im 40 Kilo­me­ter ent­fern­ten Bens­heim. „In die­ser Schu­le lern­te ich den hei­li­gen Fran­zis­kus ken­nen“, erzählt Pater Wolf­gang. „Und ich spür­te sofort, dass sei­ne Spi­ri­tua­li­tät mei­ner Art ent­sprach – das ein­fach Leben, das unkom­pli­zier­te Ver­trau­en auf Gott.“ Kurt Drews mach­te sein Abitur und stu­dier­te nach sei­nem Novi­zi­at Theo­lo­gie und Phi­lo­so­phie in Kre­feld und Müns­ter. Er wähl­te den Ordens­na­men Wolf­gang und wur­de am 26. Juli 1961 in Müns­ter zum Pries­ter geweiht. Fort­an wid­me­te er sich vor allem der Volks­mis­si­on und der Jugendarbeit.

1983 wur­de in der Ordens­nie­der­las­sung Stüh­lin­gen das Pro­jekt „Klos­ter zum Mit­le­ben“ eta­bliert. Jun­ge Men­schen soll­ten hier das Ordens­le­ben unmit­tel­bar erfah­ren kön­nen. Pater Wolf­gang über­nahm die Orga­ni­sa­ti­on. Es galt, 80 bis 90 jun­ge Leu­te nach der Mes­se zur Gar­ten­ar­beit, zum Holz­ha­cken und zum Spü­len ein­zu­tei­len. Nach­mit­tags besprach er mit ihnen Lebens- und Glau­bens­fra­gen. „Dabei kamen man­che Schwie­rig­kei­ten in Schu­le und Beruf zuta­ge“, erin­nert sich der Pater. Bis­wei­len reis­te er mit einem Klein­bus voll Jugend­li­cher nach Assi­si und ver­mit­tel­te ihnen vor Ort die Idea­le des hei­li­gen Fran­zis­kus. Eini­ge der von ihm betreu­ten jun­gen Män­ner tra­ten spä­ter in den Orden ein.

In Frank­furt bau­te Pater Wolf­gang in den 1970er- und 1980er-Jah­ren die City-Seel­sor­ge mit auf, in Deggin­gen sorg­te er für die Errich­tung einer Außen­an­la­ge, um die stark fre­quen­tier­te Wall­fahrts­kir­che Ave Maria zu ent­las­ten. In Wer­ne wirk­te er von 1998 bis 2002 und von 2011 bis 2013 als Guar­di­an. Die vie­len Orts­wech­sel in sei­nem Leben sei­en ihm nicht schwer­ge­fal­len. „Ich kann mich gut neu ein­stel­len“, sagt der Ordens­mann. „Die Kon­tak­te zu Men­schen, die aus dem Glau­ben leben, sind ein­fach da.“

Vie­le Men­schen hat er ken­nen­ge­lernt, denen er spä­ter – zum Teil über­ra­schend – wie­der begeg­net ist. Als er kürz­lich sei­ne alte Wir­kungs­stät­te in Deggin­gen besuch­te, sprach ihn nach der Mes­se ein Paar an, das er vor 20 Jah­ren in der Wall­fahrts­kir­che getraut hat­te. „Zu der Zeit hat­te ich noch 50 bis 55 Kin­der bei der Erst­kom­mu­ni­on, vor ein paar Jah­ren waren es in Deggin­gen nur neun“, sin­niert Pater Wolf­gang. Trotz­dem ist er über­zeugt, dass Men­schen wei­ter­hin die Nähe zu Gott suchen wer­den. „Sie ver­trau­en sich uns an, fra­gen um Hil­fe oder bit­ten um Gebe­te.“ Das ist etwas, das Pater Wolf­gang im hohen Alter noch tun kann: für ande­re beten und für jene, die in Sor­ge sind, in der Wer­ner Klos­ter­kir­che eine Ker­ze anzünden.

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