Freitag, März 31, 2023

„Eindrucksvolle Beweise“ im Mecke-Skandal – Tierschützer legen nach

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Wer­ne. Im Fall Mecke gelan­gen immer neue Details an die Öffent­lich­keit. In einem Bür­ger­ge­spräch im Kol­ping­saal unter­mau­er­ten Fried­rich Mülln und sei­ne Mitstreiter/innen von der „Soko Tier­schutz“ am Mitt­woch­abend anhand von Vide­os und Fotos ihre Kri­tik an den skan­da­lö­sen Zustän­den in dem Flei­sche­rei-Betrieb, der am Frei­tag, 13. August, vom Kreis Unna geschlos­sen wur­de. Rund 100 inter­es­sier­te Bür­ge­rin­nen und Bür­ger sahen ent­setzt die­se Doku­men­ta­ti­on und mach­ten ihrem Unmut in Wort­bei­trä­gen Luft.

Dass kran­ke und geschwäch­te Tie­re aus der umstrit­te­nen Vieh­sam­mel­stel­le an der Lüne­ner Stra­ße in den nor­ma­len Schlacht­be­trieb gelangt und zu Lebens­mit­teln ver­ar­bei­tet und in den Geschäf­ten an Ver­brau­cher ver­kauft wur­den, beleg­te die „Soko Tier­schutz“ mit dem Aus­le­sen von GPS-Daten eines mit Vieh bela­de­nen Trans­por­ters. Die­ser steu­er­te näm­lich nicht die für Tier­fut­ter für Zoos und Zir­kus­se zuge­las­se­ne Mecke-Schlach­te­rei am Fro­ning­holz an, son­dern den Stamm­sitz an der Lip­pe­stra­ße, wo er ent­la­den wur­de. „Das sind ein­drucks­vol­le Bewei­se“, sag­te Mülln.

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Eine wei­te­re Auf­nah­me zeig­te noch vita­le Kühe, die in der Schlach­te­rei an der Lip­pe­stra­ße beim Abla­den eines Trans­por­ters über ein am Boden lie­gen­des kran­kes Kalb tram­pel­ten. Das jun­ge Rind wur­de mit roher Gewalt in die Ver­ar­bei­tungs­schlan­ge geführt. „Wo war da der Vete­ri­när?“, frag­te Fried­rich Mülln: „Wenn er schon nicht im Bild war, hät­te er doch ein­schrei­ten müssen.“ 

Die Tierschützer Monika Berg und Friedrich Mülln stellten beim Bürgergespräch weiteres Videomaterial vor, das die Verfehlungen von Mecke und Kreisveterinäramt veranschaulichte. Foto: Wagner
Die Tier­schüt­zer Moni­ka Berg und Fried­rich Mülln stell­ten beim Bür­ger­ge­spräch wei­te­res Video­ma­te­ri­al vor, das die Ver­feh­lun­gen von Mecke und Kreis­ve­te­ri­när­amt ver­an­schau­lich­te. Foto: Wagner

Die Tier­schüt­zer hiel­ten auch mit der Kame­ra fest, wie ein Mecke-Mit­ar­bei­ter bei einem über Nacht qual­voll ver­en­de­ten Rind durch Bol­zen­schuss und Kehl­schnitt eine Not­schlach­tung vor­täusch­te, damit das Tier noch der Lebens­mit­tel­ver­ar­bei­tung zuge­führt wer­den konn­te. Zuvor hat­te er das Rind mit einer Mist­ga­bel gekratzt, um zu über­prü­fen, ob es noch lebt. 

Bereits in der Pres­se­kon­fe­renz des Land­rats am Tag zuvor hat­te Mülln die Ver­tre­ter des Krei­ses gefragt, war­um auf kei­ner der über Mona­te mit ver­steck­ten Kame­ras gemach­ten Auf­nah­men ein Kon­trol­leur des Vete­ri­när­am­tes zu sehen sei. Er äußer­te den Ver­dacht, dass nur unzu­rei­chend Kon­trol­len durch­ge­führt wur­den oder die vom Kreis mit der Auf­sicht beauf­trag­ten Tier­ärz­te bewusst nicht hin­ge­schaut hät­ten. Mög­li­cher­wei­se, weil sie auch auf der Lohn­lis­te des umstrit­te­nen Flei­schers ste­hen. Dies sei auch beim ille­ga­len Schäch­ten in der Sel­mer Schlach­te­rei Prott vor eini­gen Mona­ten der Fall gewe­sen. „Zwei Tier-Skan­da­le inner­halb kur­zer Zeit. Wenn ich an den Land­kreis Unna den­ke, könn­te ich kot­zen“, sag­te Mülln unter dem Bei­fall der Anwesenden.

Schon vor vier Wochen habe die Behör­de Ein­sicht in die Video­auf­nah­men erhal­ten und damit vom Ver­dacht der ver­bo­te­nen Krank­schlach­tun­gen gewusst. Einen Rück­ruf von Mecke-Pro­duk­ten im Han­del habe man aber nicht ver­an­lasst. „Ich fin­de es schon scho­ckie­rend, wenn der Land­rat sagt, er habe sich unse­re Doku­men­ta­tio­nen nicht ganz ange­schaut. Da hat er einen kra­chen­den Skan­dal und beschäf­tigt sich nicht ein­hel­lig damit?“, fuhr Mülln fort.

Die betrof­fe­ne Vieh­sam­mel­stel­le in Wer­ne sei in der Regel ein­mal im Monat kon­trol­liert wor­den. Im lau­fen­den Jahr sei­en bereits neun Kon­trol­len in Wer­ne durch­ge­führt wor­den, dabei sei jedes ein­zel­ne Tier einem Tier­arzt vor­ge­führt wor­den, hat­te am Diens­tag in der Kreis-Pres­se­kon­fe­renz der zustän­di­ge Dezer­nent Uwe Hasche erklärt. Bekannt­lich war die Vieh­sam­mel­stel­le nur für Pfer­de zuge­las­sen. Die Soko-Video­auf­nah­men doku­men­tie­ren aber bei Ver­la­dun­gen Rin­der auf dem Gelän­de. Das hät­te dem amt­li­chen Tier­arzt auf­fal­len müs­sen, mei­nen die Tier­schüt­zer.  „Der Fisch stinkt vom Kopf“, sag­te Fried­rich Mülln unter gro­ßem Applaus der 100 Teil­neh­men­den im Kolpingsaal.

Fast alle Plätze im Kolpingsaal waren während des Bürgergesprächs von Soko Tierschutz besetzt. Foto: Wagner
Fast alle Plät­ze im Kol­ping­saal waren wäh­rend des Bür­ger­ge­sprächs von Soko Tier­schutz besetzt. Foto: Wagner

Wei­te­re The­men, zu denen auch Tier­ärz­tin Dr. Kirs­ten Tön­nies und Dr. Jochen Weins vom Ver­ein „Tier­ärz­te für ver­ant­wort­ba­re Land­wirt­schaft“ Stel­lung bezo­gen, dreh­ten sich um die Rol­le der Amts­ve­te­ri­nä­re oder das „stump­fe Schwert“ (Fried­rich Mülln) der Tierhalteverbote.

Kurz vor Ende der zwei­stün­di­gen Ver­an­stal­tung bezich­tig­te der Soko-Vor­sit­zen­de den Geschäfts­füh­rer des Tier­fut­ter-Her­stel­lers Pari­bal, Tim Ebbing­haus, der Lüge. Letz­te­rer hat­te zuletzt in einer Stel­lung­nah­me betont, dass das von Pari­bal bezo­ge­ne Fleisch der Fir­ma Mecke aus­schließ­lich aus der Schlach­tung an der Lip­pe­stra­ße stamm­te und somit von Tie­ren, die für den Lebens­mit­tel­be­trieb zuge­las­sen waren. Video­auf­nah­men der Soko zei­gen aber einen Pari­bal-Trans­por­ter, der am Mecke-Schlacht­be­trieb am Fro­ning­holz hält. Was dort genau ent- oder bela­den wird, ist jedoch nicht zu erkennen.

150 Menschen zählte die Polizei bei der Mahnwache vor der Fleischerei Mecke an der Lippestraße am 18. August 2021. Foto: Wagner
150 Men­schen zähl­te die Poli­zei bei der Mahn­wa­che vor der Flei­sche­rei Mecke an der Lip­pe­stra­ße am 18. August 2021. Foto: Wagner

Rund 150 Men­schen fan­den sich nach dem Bür­ger­ge­spräch laut der anwe­sen­den Poli­zei­be­am­ten zur stil­len Mahn­wa­che mit Ker­zen vor Mecke an der Lip­pe­stra­ße 5 ein. Hier beant­wor­te­te Fried­rich Mülln wei­te­re Fra­gen. Die Teil­neh­men­den for­der­ten unter ande­rem stren­ge­re Tierschutzgesetze.

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