Werne. Rund 30.000 Schulkinder befinden sich in NRW (Stand 26. August) in Quarantäne, das entspricht rund 1,6 Prozent der Schülerschaft. In Werne hat es besonders die Uhlandschule getroffen. Annika Wenge, Mutter eines betroffenen Mädchens, kritisiert die Entscheidung des Gesundheitsamts.
In der vergangenen Woche wurde ein Kind des zweiten Jahrgangs positiv auf das Coronavirus getestet. Insgesamt befinden sich 67 Mädchen und Jungen seit Freitag in Quarantäne. „Das Gesundheitsamt entscheidet von Fall zu Fall individuell über die Maßnahmen“, berichtet Max Rolke, Pressesprecher beim Kreis Unna, auf Nachfrage von WERNEplus. In diesem Fall seien die Sitznachbarn sowie die Kontaktpersonen in der OGS in die 14-tägige Absonderung geschickt worden, um „einen größtmöglichen Schutz“ zu erreichen.
„Ein Kind ist positiv getestet worden und nun müssen über 60 Kinder – ungefähr die Hälfte der Jahrgangsstufe – in Quarantäne. Ist das der Weg mit dem Schulschließungen verhindert werden sollen?“, fragt Annika Wenge. Ihre Tochter ist zwar nicht in der gleichen Klasse wie das betroffene Kind, aber eben in der OGS des betroffenen Jahrgangs. Am Montag nahm das Gesundheitsamt Unna Testungen vor, mit einem Ergebnis rechnet Max Rolke am Mittwoch (1. September).
„Rückreisende aus Risikogebieten können sich nach fünf Tagen ‚frei testen‘ und unsere Kinder werden eingesperrt. Warum liegt die Länge der Quarantäne für Kinder immer noch bei 14 Tagen?“, so die alleinerziehende Mutter weiter. Der Kreis-Sprecher erklärt, dass ein Ende der Quarantäne durch ein negatives Resultat, das „Frei-Testen“, wegen der Delta-Variante nicht möglich sei. Erst ein negativer Test nach zwei Wochen beende die Absonderung, so der Kreis-Sprecher weiter. Bei den Kindern sei das Risiko einer Ansteckung im Vergleich zum Reiserückkehrer ungleich höher, differenziert Rolke.
In der OGS-Gruppe sei nur zum Essen die Maske abgenommen worden, die Tische stehen weit auseinander. Daher hält Annika Wenge, übrigens selbst geimpft, die Quarantänemaßnahmen für unverhältnismäßig.
„Sie versteht auch nicht wirklich, warum sie jetzt doch nicht zum Keyboard-Unterricht darf.“
Annika Wenge über das Gefühlsleben ihrer Tochter in der Quarantäne
Ihr fehlen vernünftige „Schutzkonzepte zum Wohl der Kinder“, nennt Plexiglas-Trennwände in Unternehmen oder Luftfilteranlagen als Beispiele. „Aber unsere Kinder werden einfach nach Hause geschickt“, befürchtet die Mutter auch psychische Schäden bei ihrer Tochter durch den Ausschluss vom Alltagsleben: „Sie versteht auch nicht wirklich, warum sie jetzt doch nicht zum ersten Mal zum Keyboard-Unterricht darf. Tanzen, Sport machen – alles fällt für uns flach, was gerade erst wieder begonnen hat. Und so geht es nicht nur uns, sondern noch vielen anderen Kindern, Jugendlichen und deren Eltern, die gerade das gleiche durchleben wie wir.“
Doppelt bitter sei für die nun abgesonderten Kinder, dass der Unterricht ganz normal weiterlaufe. Hinzu komme noch für berufstätige Eltern und alleinerziehende Elternteile, die Betreuung sicherzustellen, ganz zu schweigen davon, eventuell auch noch Geschwisterkindern gerecht werden zu wollen.
Wenge appelliert ebenso sehr emotional an alle Impf-Unwilligen: „Wer muss geschützt werden? Alle, die sich impfen lassen wollen, hatten die Möglichkeit dazu. Wer nicht will, trägt selbst das Risiko. Es darf doch nicht sein, dass unsere Kinder deswegen weggesperrt werden.“ Sie verweist auf die eher milden Krankheitsverläufe bei den Jüngeren. „Es ist jetzt an der Zeit, das Restrisiko einzugehen, um den Kindern ein normales Leben zu ermöglichen. Die psychische Belastung ist ein ebenso ernstzunehmendes Risiko für ihre Gesundheit.“
Die Leitungen der Schule und der OGS nimmt sie von ihrer Kritik aus. „Dort wird alles in deren Macht stehende getan.“