„Von der Taufe bis zur Trauerfeier“

Ansprechpartner für viele Momente im Leben: Interview mit Pfarrer Stefan Hörstrup

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Morgen feiert der in Werne groß gewordene Pfarrer Stefan Hörstrup Pfingsten in seiner Gemeinde St. Lambertus in Ochtrup. Foto: Luca Reinders
Morgen feiert der in Werne groß gewordene Pfarrer Stefan Hörstrup Pfingsten in seiner Gemeinde St. Lambertus in Ochtrup. Foto: Luca Reinders
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Stefan Hörstrup, Jahrgang 1977, ist ein Werner Junge, besuchte hier die Wiehagenschule und baute 1996 sein Abitur am St. Christophorus Gymnasium. Nach dem Zivildienst beim heimischen Rettungsdienst zog der heute 42-Jährige aus, um Priester zu werden. Dem Studium in Münster mit Semestern in Rom folgten Stationen in Olfen – anschließend 2005 die Priesterweihe -, Damme (Niedersachsen) und auf der Jugendburg Gemen. Seit 2015 ist Hörstrup Pfarrer in Ochtrup. Im ersten Teil des exklusiven WERNEplus-Interviews spricht er über seine seelsorgerische Arbeit – auch in schwierigen Corona-Zeiten.

Hallo Herr Hörstrup! Wir kommen am Corona-Thema nicht vorbei. Wie ist die Pandemie-Lage bei Ihnen aktuell in Ochtrup?

Rein von den Fallzahlen her ist es im Moment wieder entspannt, wir haben noch eine infizierte Person in Ochtrup. Von der gesellschaftlichen Lage her dürfte es so sein wie in vielen Orten des Landes: Es gibt viele Menschen mit wirtschaftlichen Sorgen, zum Teil auch existenziellen, andere spüren vor allem die größere Isolation. Einsamkeit und weniger Besuche sind ein Problem vieler, vor allem älterer Menschen, Kinder und Jugendliche leiden aber auch unter der langen Zeit des Lockdowns. Dennoch: Gemessen an vielen anderen Ländern und Orten scheint es mir in Ochtrup ganz gut zu sein.

Die Kirchen sind nun wieder geöffnet. Wie setzen Sie die Vorgaben der NRW-Landesregierung in Ihren Gottesdiensten um?

Ich bin froh, dass es nun seit Anfang Mai wieder möglich ist, Gottesdienste öffentlich zu feiern. Natürlich ist es immer noch ein wenig gewöhnungsbedürftig, mit allen Abstands- und Hygienevorschriften einen Gottesdienst zu feiern. Erst jetzt merke ich in der Tiefe, wie viele Elemente des Gottesdienste auf Gemeinschaft angelegt sind, auch auf Nähe und sogar Berührung: Das Singen, das Handauflegen beim Segnen etwa von Kindern, die Salbung bei der Taufe, das liturgische Zusammenspiel mit allen Beteiligten. Vieles ist jetzt nicht möglich. Und dennoch tut es gut, geistig verbunden zu sein und gemeinsam zu feiern.

Wie war es, als Sie vor leeren Kirchenbänken standen und die Gottesdienste als Live-Stream ausgestrahlt wurden? Welche Reaktionen Ihrer Gemeinde gab es?

Das war zunächst ein sehr seltsames Gefühl. Zum Glück war ich nicht ganz allein, sondern unsere Hausgemeinschaft hat die Gottesdienste mitgefeiert. Es brauchte ein, zwei Gottesdienste, um zu begreifen, dass hinter der Linse der Kamera viele Menschen wirklich mitfeiern. Da waren die Rückmeldungen auch für mein Feiergefühl sehr hilfreich. Viel mehr Menschen als ich zuvor angenommen hatte – übrigens in einer recht großen Alterspannbreite – haben die Gottesdiente angeklickt. Dabei waren die Situationen ganz unterschiedlich: Einige saßen ähnlich wie in der Kirche im Wohnzimmer, andere mit der Familie beim Frühstück, von zweien habe ich die Rückmeldung erhalten, sie hätten im Bett mitgefeiert – also sind wir in ganz neue Dimensionen vorgedrungen!

Wie gestaltet sich die tägliche Arbeit als Pfarrer in Zeiten von Corona? Stichwort: Abstand halten und Kontaktverbote.

Vieles läuft digital oder am Telefon. Gremien, Gruppen und Vorbereitungstreffen finden vielfach per Videokonferenz statt – wir haben uns erstaunlich schnell mit diesem Medium arrangiert. Gleichzeitig bin ich froh, dass jetzt auch manches wieder real möglich ist, denn zwar sind organisatorische Dinge gut per Videokonferenz zu regeln, kreative Entwicklungen aber viel schwieriger in diesem Format. Mir ist aufgefallen, dass Gespräche zur Zeit länger dauern und oft auch intensiver sind. Es scheint ein wenig mehr Zeit vorhanden zu sein und das Bedürfnis, zu sprechen.

Sie waren vor Ihrer Amtsantritt in Ochtrup Burgkaplan in Gemen. Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit heute von der auf der Burg?

Beide Aufgaben unterscheiden sich doch recht stark. Die Jugendburg Gemen ist die Jugendbildungsstätte des Bistums Münster. Es gibt also eine klare Zielgruppe – junge Menschen – für die Angebote und Gottesdienste erarbeitet werden mussten. Dazu kamen die Besucher meist für drei Tage auf die Burg, sie waren also viel freier und zeitlich ungebundener, meist auch gut motiviert. Es galt also viel auszuprobieren, mit dem Team kreativ zu sein und auch mal unkonventionelle Dinge zu machen. Mir hat das eine sehr große Freude gemacht. Der Nachteil war vielleicht, dass es zwar intensive, aber natürlich zeitlich sehr begrenzte Begegnungen mit unglaublich vielen Menschen innerhalb eines Jahrs gab. Heute umfasst meine Aufgabe die eines ganz normalen Pfarrers. Das Schöne ist, Menschen wirklich von der Taufe bis zur Trauerfeier begleiten zu dürfen, also ansprechbar zu sein für viele Momente im Leben. So können Beziehungen wachsen und sich entwickeln und es ist möglich gemeinsam zu schauen wie sich Gottes Geist im Leben zeigt.

Im Februar sind Sie zum Dechant ernannt worden. Welche weiteren Aufgaben umfasst das Amt?

Im Grunde ist man als Dechant eine Art Koordinator und Moderator für die Pfarreien eines Dekanats. Das Dekanat Steinfurt besteht aus elf Pfarreien. Es gibt übers Jahr verteilt mehrere Konferenzen und Zusammenkünfte, bei denen die Seelsorger/-innen über gemeinsame Themen in Austausch kommen oder sich fortbilden, aber auch geistige Tage. Und zu den Aufgaben des Dechants gehören noch die Einführung neuer Pfarrer sowie die Beerdigung von Seelsorger/-innen. In beiden Fällen hoffe ich aber auf wenig Arbeit.

Im zweiten Teil des Gesprächs mit WERNEplus erzählt Stefan Hörstrup am Pfingstsonntag von seiner engen Verbundenheit zu seinem Geburtsort Werne, der bewussten Entscheidung, Priester zu werden, und Entwicklungen in der katholischen Kirche.

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