Werne. Der „Liebling aller“ wird er in der Chronik der Kirchengemeinde St. Johannes genannt: Pater Flavian Ascher, ehemaliger Guardian des Kapuzinerklosters. Am Dienstag, 24. November, ist der in Werne immer noch bekannte Pater im Alter von 85 Jahren gestorben.
1967 kam der junge Priester als Religionslehrer und Krankenseelsorger nach Werne. Von 1968 bis 1977 war er als Guardian des Kapuzinerklosters verantwortlich für die Gemeinschaft der Werner Patres und Brüder. „Vielleicht war es das eigene Lebensschicksal, das ihn an allen Orten besonders für die Alten und Kranken da sein ließ“, heißt es im Nachruf der Deutschen Kapuzinerprovinz.
Pater Flavian stammte aus Sternberg im Sudetenland, wo er am 4. März 1935 als Otto Franz Ascher geboren wurde. 1946 wurde die Familie aus ihrer Heimat vertrieben und kam ins hessische Bischhausen. 1951 erlitt Ascher einen schweren Schicksalsschlag: Innerhalb eines Jahres starben ihm beide Eltern an Krebs. In dieser Zeit war dem 16-jährigen Hauptschüler das Gebet eine große Kraftquelle. Bei einem Gebet in der Konradkapelle von Waldkappel begegnete Ascher einem Kapuziner, der ihn für den Orden gewann.
Priesterweihe 1963 in Münster
1957 trat der junge Mann in den Orden ein und absolvierte sein Noviziat in Stühlingen. Bei der Einkleidung erhielt er den Ordensnamen Flavian. Er studierte Philosophie und Theologie an den ordenseigenen Hochschulen in Krefeld und Münster; am 24. August 1963 wurde Ascher in Münster zum Priester geweiht. Nach ersten seelsorgerischen Erfahrungen in Krefeld kam er 1967 nach Werne. Hier half er unter anderem tatkräftig beim Aufbau der noch jungen Gemeinde St. Johannes mit. „Er war immer bereit zu helfen, an Sonntagen wie an Werktagen, bei Trauungen und Beerdigungen. Sei es auch im Sommer im Ferienlager, wo er oft mit dabei war. Beim Volke hieß er kurz: der Kaplan von St. Johannes“, würdigt die Gemeindechronik sein Wirken.
Eng verbunden war Pater Flavian auch der Seniorenarbeit. So unterstützte er Anfang der 1970er-Jahre die ABC-Senioren. Die Frauengruppe war unter dem Motto „Alle brauchen Caritas (ABC)“ von Gertraude Göhler ins Leben gerufen worden. Die neue Gruppe fand schnell Zulauf, aber keinen Raum für ihre Zusammenkünfte – bis Pater Flavian ihnen einen Raum im Kloster anbot. Dort fanden die Frauen ein festes Zuhause und engagierten sich im Gegenzug regelmäßig für die Kapuziner.
Vor 43 Jahren verließ Pater Flavian Werne
1977 wurde Pater Flavian zum Leidwesen der Werner Bürger ein anderer Aufgabenbereich im südhessischen Bensheim zugewiesen. Sein Abschied wurde von Jung und Alt bedauert, „besonders von zahlreichen Kranken“, vermerkt die Chronik St. Johannes. Auf Pater Flavian warteten viele weitere Stationen und neue Aufgabenbereiche. Eng verbunden ist sein Name mit dem Wallfahrtsort Deggingen im Filstal, wo er die Wallfahrtskirche und das Kapuzinerkloster Ave Maria betreute.
Zu einer festen Tradition wurde die Motorrad-Wallfahrt, deren Seelsorger der „Bikervater“ Flavian übernahm. Nach dem Fortgang der Kapuziner aus Deggingen wechselte Pater Flavian 2018 als Hausgeistlicher zu den Vinzentinerinnen ins benachbarte Bad Ditzenbach. Nach einer Erkrankung im September lebte er im Seniorenzentrum St. Martin in Deggingen. Dort starb er am Morgen des 24. November 2020. Seinen Glauben und sein Gottvertrauen fasste Pater Flavian gerne in poetische Worte. Erst im April 2020 ist sein Buch „Pater Flavian erzählt“ erschienen.
Das Requiem mit anschließender Beisetzung auf dem Kapuzinerfriedhof findet am Dienstag, 1. Dezember, ab 13 Uhr in der Wallfahrtskirche „Ave Maria“ in Deggingen statt. Aufgrund der coronabedingten Auflagen kann nur eine begrenzte Teilnehmerzahl der Feier beiwohnen. Die Gemeinde organisiert einen Livestream, der unter https://hl-kreuz-deggingen.drs.de zu sehen sein wird.