Dienstag, März 21, 2023

Neues Kapitel für altehrwürdiges Bauhaus an der Steinstraße 14

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Wer­ne. 1919 grün­de­te der Archi­tekt Wal­ter Gro­pi­us mit dem Staat­li­chen Bau­haus in Wei­mar eine Keim­zel­len moder­nen Designs. Der Ein­fluss der fort­schritt­li­chen Aka­de­mie reich­te bis nach Wer­ne: Die Archi­tek­ten Theo­dor Wen­ning und Otto Weh­mey­er ent­war­fen meh­re­re Häu­ser in einem Stil, der sich an der Archi­tek­tur des Bau­hau­ses ori­en­tier­te. Dazu zählt auch das Gebäu­de an der Stein­stra­ße 14, seit weni­gen Tagen Hei­mat der Büro­ge­mein­schaft „Bau­haus 1929“ mit BTW Mar­ke­ting und WERNEplus.

Kla­re geo­me­tri­sche For­men, eine Vor­lie­be für rech­te Win­kel, Glas und Stahl­be­ton bei Gebäu­den sowie Chrom und Alu­mi­ni­um bei Möbeln kenn­zeich­nen den Bau­haus-Stil. Über­flüs­si­ge Schnör­kel, wie sie die Grün­der­zeit und auch der Jugend­stil bevor­zug­ten, lehn­ten Gro­pi­us und sei­ne Mit­strei­ter ab. Das gefiel zunächst längst nicht allen. Kri­ti­ker emp­fan­den den neu­en Stil als kahl und unge­müt­lich. Trotz­dem setz­te das Bau­haus in den 14 Jah­ren sei­nes Bestehens ent­schei­den­de Maß­stä­be – nicht nur in Deutsch­land, son­dern weltweit.

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In Wer­ne zeig­te sich das Archi­tek­ten-Team Theo­dor Wen­ning und Otto Weh­mey­er auf­ge­schlos­sen für die neue For­men­spra­che. Die bei­den Män­ner führ­ten ihr Archi­tek­tur­bü­ro an der Süd­mau­er 27, wo spä­ter ein Schus­ter­meis­ter sei­ne Werk­statt hat­te. Und sie inter­es­sier­ten sich offen­bar grund­sätz­lich für Neu­es. Das zeigt ihr Ent­wurf für eine Häu­ser­zei­le an der B54, ent­stan­den um 1911. Hier ver­wand­ten sie Ele­men­te des Jugend­stils. Sie brach­ten die stei­ner­nen Fas­sa­den in Bewe­gung – durch bewuss­te Asym­me­trie. Zwar glie­dern hohe Fens­ter und Säu­len­or­na­men­te die Front in senk­rech­te Pro­por­tio­nen. Doch die unre­gel­mä­ßi­ge Anord­nung sowie pflanz­li­che und geo­me­tri­sche Schmuck­for­men brin­gen Abwechs­lung ins Spiel. Ganz im Sin­ne des Jugendstils.

Auch bei der Vil­la Kroes an der Hor­ne­burg expe­ri­men­tier­ten Wen­ning und Weh­mey­er mit ver­schie­de­nen For­men. Franz und Wil­hel­mi­ne Kroes, Besit­zer des gleich­na­mi­gen Mode­ge­schäfts am Markt, lie­ßen das Haus 1924 bau­en. Die reprä­sen­ta­ti­ve Gie­bel­front ist noch dem His­to­ris­mus ver­haf­tet, der sich unge­niert bei ver­gan­ge­nen Epo­chen – in die­sem Fall der Anti­ke – bedien­te. Typisch für das Stil­emp­fin­den der 1920er-Jah­re sind dage­gen die wel­len- und zacken­för­mi­ge Zier­for­men, die die Archi­tek­ten an der Gar­ten­front anbrach­ten, eben­so wie die strah­len­för­mi­gen Spros­sen im Ober­licht über der Haustür.

Ein klas­si­sches Haus im Stil der Bau­haus-Aka­de­mie schu­fen Wen­ning und Weh­mey­er dann Ende der 1920er-Jah­re mit dem Café und der Bäcke­rei Schul­ze Bis­ping. Das Gebäu­de fällt aus den Geschäfts­häu­sern ent­lang der Stein­stra­ße deut­lich her­aus. Nicht nur wegen sei­ner Grö­ße von drei Geschos­sen, son­dern auch wegen sei­ner For­men. 1928 gab Mat­thi­as Schul­ze Bis­ping, der Groß­va­ter des heu­ti­gen Besit­zers Hubert Schul­ze Bis­ping, das Haus in Auf­trag. Bei ihrem Ent­wurf ori­en­tier­ten sich Wen­ning und Weh­mey­er nun gänz­lich an der fort­schritt­li­chen Stil­rich­tung des Bau­hau­ses. Die Aka­de­mie war inzwi­schen von Wei­mar nach Des­sau umge­zo­gen. Dort ent­stand das von Wal­ter Gro­pi­us ent­wor­fe­ne Bau­haus­ge­bäu­de, eines der ein­fluss­reichs­ten Gebäu­de des 20. Jahr­hun­derts. Zen­tra­les Gestal­tungs­mit­tel war der rech­te Win­kel, in dem Fens­ter, Bal­ko­ne und die wür­fel­för­mi­gen Gebäu­de­tei­le ange­ord­net waren.

Nach monatelangem Leerstand haucht die Bürogemeinschaft „Bauhaus 1929“, bestehend aus BTW Marketing und WERNEplus, dem Gebäude neues Leben ein. Foto: Gaby Brüggemann
Nach mona­te­lan­gem Leer­stand haucht die Büro­ge­mein­schaft „Bau­haus 1929“, bestehend aus BTW Mar­ke­ting und WERN­Eplus, dem Gebäu­de neu­es Leben ein. Foto: Gaby Brüggemann

Vie­le die­ser Ele­men­te fin­den sich auch an der Stein­stra­ße 14 wie­der. Das Spiel mit recht­wink­li­gen For­men, den waa­ge­rech­ten und senk­rech­ten Geschoss- und Fens­ter­li­ni­en, glie­dert die Haus­fron­ten. Typisch für den Bau­haus-Stil ist außer­dem das Flach­dach. Ein wei­te­res Merk­mal des Bau­haus-Stils erklärt Hubert Schu­le Bis­ping: „Tra­gen­de Funk­ti­on haben allein die Außen­mau­ern und ‑pfei­ler. Die Innen­mau­ern könn­ten theo­re­tisch alle ent­kernt wer­den.“ Frü­her wur­de der linea­re Ein­druck noch durch Schau­fens­ter mit Spros­sen und eine senk­rech­te Rekla­me­ta­fel mit der Auf­schrift „Café Bis­ping“ ver­stärkt. Bei­des muss­te im Lau­fe der Zeit Umbau­maß­nah­men wei­chen. Einen Kon­trast zu den sonst kan­ti­gen For­men des Hau­ses bil­det ein­zig der run­de Vor­bau zur Ecke Mag­da­le­nen-/Stein­stra­ße. In die­sem Vor­bau befand sich der ehe­ma­li­ge Haupt­ein­gang des Cafés. An dem Rund­bau kön­nen Pas­san­ten noch heu­te – vor allem in den Abend­stun­den – ein klei­nes Schmuck­stück bewun­dern: ein Art-Deco-Fens­ter, das eine sti­li­sier­te Mosel­land­schaft zeigt, gestal­tet von dem Köl­ner Künst­ler Lud­wig Preckel.

Die gan­ze Geschich­te lesen Sie in WERN­Eplus – die (gedruck­te) Zei­tung, Oktober-Ausgabe!

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