Donnerstag, Dezember 26, 2024

Neues Kapitel für altehrwürdiges Bauhaus an der Steinstraße 14

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Werne. 1919 gründete der Architekt Walter Gropius mit dem Staatlichen Bauhaus in Weimar eine Keimzellen modernen Designs. Der Einfluss der fortschrittlichen Akademie reichte bis nach Werne: Die Architekten Theodor Wenning und Otto Wehmeyer entwarfen mehrere Häuser in einem Stil, der sich an der Architektur des Bauhauses orientierte. Dazu zählt auch das Gebäude an der Steinstraße 14, seit wenigen Tagen Heimat der Bürogemeinschaft „Bauhaus 1929“ mit BTW Marketing und WERNEplus.

Klare geometrische Formen, eine Vorliebe für rechte Winkel, Glas und Stahlbeton bei Gebäuden sowie Chrom und Aluminium bei Möbeln kennzeichnen den Bauhaus-Stil. Überflüssige Schnörkel, wie sie die Gründerzeit und auch der Jugendstil bevorzugten, lehnten Gropius und seine Mitstreiter ab. Das gefiel zunächst längst nicht allen. Kritiker empfanden den neuen Stil als kahl und ungemütlich. Trotzdem setzte das Bauhaus in den 14 Jahren seines Bestehens entscheidende Maßstäbe – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

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In Werne zeigte sich das Architekten-Team Theodor Wenning und Otto Wehmeyer aufgeschlossen für die neue Formensprache. Die beiden Männer führten ihr Architekturbüro an der Südmauer 27, wo später ein Schustermeister seine Werkstatt hatte. Und sie interessierten sich offenbar grundsätzlich für Neues. Das zeigt ihr Entwurf für eine Häuserzeile an der B54, entstanden um 1911. Hier verwandten sie Elemente des Jugendstils. Sie brachten die steinernen Fassaden in Bewegung – durch bewusste Asymmetrie. Zwar gliedern hohe Fenster und Säulenornamente die Front in senkrechte Proportionen. Doch die unregelmäßige Anordnung sowie pflanzliche und geometrische Schmuckformen bringen Abwechslung ins Spiel. Ganz im Sinne des Jugendstils.

Auch bei der Villa Kroes an der Horneburg experimentierten Wenning und Wehmeyer mit verschiedenen Formen. Franz und Wilhelmine Kroes, Besitzer des gleichnamigen Modegeschäfts am Markt, ließen das Haus 1924 bauen. Die repräsentative Giebelfront ist noch dem Historismus verhaftet, der sich ungeniert bei vergangenen Epochen – in diesem Fall der Antike – bediente. Typisch für das Stilempfinden der 1920er-Jahre sind dagegen die wellen- und zackenförmige Zierformen, die die Architekten an der Gartenfront anbrachten, ebenso wie die strahlenförmigen Sprossen im Oberlicht über der Haustür.

Ein klassisches Haus im Stil der Bauhaus-Akademie schufen Wenning und Wehmeyer dann Ende der 1920er-Jahre mit dem Café und der Bäckerei Schulze Bisping. Das Gebäude fällt aus den Geschäftshäusern entlang der Steinstraße deutlich heraus. Nicht nur wegen seiner Größe von drei Geschossen, sondern auch wegen seiner Formen. 1928 gab Matthias Schulze Bisping, der Großvater des heutigen Besitzers Hubert Schulze Bisping, das Haus in Auftrag. Bei ihrem Entwurf orientierten sich Wenning und Wehmeyer nun gänzlich an der fortschrittlichen Stilrichtung des Bauhauses. Die Akademie war inzwischen von Weimar nach Dessau umgezogen. Dort entstand das von Walter Gropius entworfene Bauhausgebäude, eines der einflussreichsten Gebäude des 20. Jahrhunderts. Zentrales Gestaltungsmittel war der rechte Winkel, in dem Fenster, Balkone und die würfelförmigen Gebäudeteile angeordnet waren.

Nach monatelangem Leerstand haucht die Bürogemeinschaft „Bauhaus 1929“, bestehend aus BTW Marketing und WERNEplus, dem Gebäude neues Leben ein. Foto: Gaby Brüggemann
Nach monatelangem Leerstand haucht die Bürogemeinschaft „Bauhaus 1929“, bestehend aus BTW Marketing und WERNEplus, dem Gebäude neues Leben ein. Foto: Gaby Brüggemann

Viele dieser Elemente finden sich auch an der Steinstraße 14 wieder. Das Spiel mit rechtwinkligen Formen, den waagerechten und senkrechten Geschoss- und Fensterlinien, gliedert die Hausfronten. Typisch für den Bauhaus-Stil ist außerdem das Flachdach. Ein weiteres Merkmal des Bauhaus-Stils erklärt Hubert Schule Bisping: „Tragende Funktion haben allein die Außenmauern und -pfeiler. Die Innenmauern könnten theoretisch alle entkernt werden.“ Früher wurde der lineare Eindruck noch durch Schaufenster mit Sprossen und eine senkrechte Reklametafel mit der Aufschrift „Café Bisping“ verstärkt. Beides musste im Laufe der Zeit Umbaumaßnahmen weichen. Einen Kontrast zu den sonst kantigen Formen des Hauses bildet einzig der runde Vorbau zur Ecke Magdalenen-/Steinstraße. In diesem Vorbau befand sich der ehemalige Haupteingang des Cafés. An dem Rundbau können Passanten noch heute – vor allem in den Abendstunden – ein kleines Schmuckstück bewundern: ein Art-Deco-Fenster, das eine stilisierte Mosellandschaft zeigt, gestaltet von dem Kölner Künstler Ludwig Preckel.

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