Mittwoch, März 22, 2023

Krippenschäfchen mit Standpalme unterm Bauch

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Mini­ma­lis­ti­schen Men­schen mag zu Weih­nach­ten eine Krip­pe mit Jesus, Maria und Josef genü­gen. Ande­re lie­ben es üppi­ger. In Kir­chen haben sich seit Jahr­hun­der­ten die viel­fi­gu­ri­gen Krip­pen ein­ge­bür­gert. Eine beson­ders umfang­rei­che Staf­fa­ge stammt aus St. Kon­rad und wird zu Weih­nach­ten in der neu­en Kapel­le auf dem Kirch­berg auf­ge­stellt. Und zwar frisch restauriert.

18 Gips­fi­gu­ren sind es, die sich der­zeit noch in der Werk­statt von Anne-Sophie Hin­nüber-Eysing und Patri­cia Sche­ring befin­den: von der Kern­grup­pe Maria, Kind und Josef über Hir­ten und Scha­fe bis hin zu Wei­sen aus dem Mor­gen­land samt Kame­len und Kamel­trei­bern. Die bei­den Restau­ra­to­rin­nen aus Coes­feld haben die etwa 30 bis 50 Zen­ti­me­ter hohen Skulp­tu­ren fach­män­nisch gerei­nigt und aus­ge­bes­sert. Und sind sehr ange­tan von der Voll­stän­dig­keit der Krip­pe. Denn vom Jesus­kind ein­mal abge­se­hen, haben sich alle Figu­ren der ursprüng­li­chen Aus­stat­tung erhal­ten. Gefer­tigt wur­de die Krip­pe um 1900, eine Mar­ke an den Figu­ren­rück­sei­te weist eine Manu­fak­tur aus Keve­laer als Her­stel­ler aus.

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„Wir haben hier eine ein­heit­li­che Staf­fa­ge, kein Sam­mel­su­ri­um von vie­len Scha­fen und unvoll­stän­di­gen Wei­sen“, sagt Hin­nüber-Eysing. Ihre Kol­le­gin ergänzt: „Sie tra­gen sogar noch die ori­gi­na­le Fas­sung.“ Die hat aller­dings im Lau­fe der Zeit sicht­bar gelit­ten. „Die Figu­ren haben halt das typi­sche Krip­pen­schick­sal durch­ge­macht: Sie wur­den raus­ge­holt, auf­ge­stellt, weg­ge­packt – und das immer wie­der“, erklärt Sche­ring. Dabei platz­te die Far­be auf dem Gips ab; hier und da bra­chen Arme oder Fin­ger ab. Zum Glück für die Restau­ra­to­rin­nen: Fast alle Bruch­stü­cke wur­den auf­be­wahrt – wohl um sie bei­zei­ten anzu­kle­ben. In eini­gen Fäl­len war das bereits gesche­hen, als Sche­ring und Hin­nüber-Eysing die Krip­pe in Obhut nah­men. „Lei­der unsach­ge­mäß, aber dafür haben sich die Frag­men­te erhal­ten“, sagt Hinnüber-Eysing.

Wo ein Fin­ger­chen oder Schäf­chen­ohr unwie­der­bring­lich ver­lo­ren gegan­gen sind, gips­ten die Restau­ra­to­rin­nen die frag­li­chen Tei­le nach. Anschlie­ßend kit­te­ten sie ori­gi­na­le und neue Bruch­stü­cke sach­kun­dig auf und pass­ten sie farb­lich an. Dafür ver­wen­de­ten sie rever­si­ble Far­ben wie Gou­ache oder Aqua­rell­far­ben. Die­se sind was­ser­lös­lich und daher wie­der abnehm­bar. Grund­sätz­lich ach­ten die Exper­tin­nen dar­auf, dass neue von alten Tei­len zu unter­schei­den sind. Und sie grei­fen so wenig wie mög­lich in den ursprüng­li­chen Zustand ein. „Die alte Optik soll tun­lichst erhal­ten blei­ben“, lau­tet ihr Credo.

Die Krippenfiguren in St. Konrad haben viele liebevolle Details. Foto: Anke Schwarze
Die Krip­pen­fi­gu­ren in St. Kon­rad haben vie­le lie­be­vol­le Details. Foto: Anke Schwarze

Wie die mehr als 100 Jah­re alte Krip­pe in den 1950er- oder 1960er-Jah­ren nach St. Kon­rad gekom­men ist, ver­mag der Haus­herr, Pfarrd­e­chant Jür­gen Schä­fer, nicht mehr nach­zu­voll­zie­hen. Jetzt strah­len die zuvor stark ver­ruß­ten Krip­pen­fi­gu­ren in neu­em Glanz. Der lenkt den Blick auf lie­be­vol­le Details: ein Weih­rauch­fass, dass in der Hand eines Königs bau­melt sowie ein Hir­ten­stab, der extra aus Metall geformt wur­de. Sche­ring weist auf ein wei­te­res put­zi­ges Ele­ment hin: Man­che Scha­fe haben zur Unter­stüt­zung ihrer dünn geform­ten Bein­chen eine klei­ne Stand­hil­fe – eine Art Pal­me, die unter ihren Bauch mon­tiert wurde.

Ursprung der Weihnachtskrippe

Um den Ursprung der Weih­nachts­krip­pe ran­ken sich vie­le Geschich­ten. So soll der Brauch auf den hei­li­gen Franz von Assi­si zurück­ge­hen: Anstel­le einer Pre­digt stell­te er 1223 die Weih­nachts­ge­schich­te mit leben­den Tie­ren und Men­schen nach. Früh­christ­li­che Dar­stel­lun­gen redu­zie­ren das Gesche­hen auf das Jesus­kind in der Krip­pe, flan­kiert von Ochs und Esel. Weder der eine noch der ande­re wer­den in den Evan­ge­li­en erwähnt. Lukas, der die Geburt Chris­ti in Beth­le­hem aus­führ­li­cher beschreibt, erwähnt ledig­lich dass Maria ihr Neu­ge­bo­re­nes in Win­deln wickel­te und in eine Krip­pe leg­te. Ochs und Esel wur­den spä­ter hin­ein­in­ter­pre­tiert, wohl auf Grund­la­ge einer mah­nen­den Bibel­stel­le im Buch Jesa­ja. Auch Weih­nachts­dar­stel­lun­gen auf spät­go­ti­schen Gemäl­den oder Schnitz­al­tä­ren kom­men als Vor­bild für die Krip­pen infra­ge. Erst in die­ser Zeit setz­te sich die drei­fi­gu­ri­ge Kern­fa­mi­lie als Mit­tel­punkt durch. Davor hat­ten die Künst­ler Josef als Nähr­va­ter Jesu lan­ge ver­nach­läs­sigt. Er tauch­te ent­we­der gar nicht auf oder führ­te ein Schat­ten­da­sein am Ran­de. Immer­hin wird er dort oft als ers­ter Haus­mann der Geschich­te tätig – wäscht Win­deln oder kocht Brei fürs Baby.

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