Donnerstag, März 23, 2023

„Ich möchte den Kindern wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern”

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Wer­ne. Unter dem Titel „Der Euro bleibt!“ hat Arthur Arm­brecht jun., Schau­stel­ler aus Han­no­ver, einen Offe­nen Brief ver­öf­fent­licht, der das Leben der Schau­stel­ler und die gegen­wär­ti­ge miss­li­che Situa­ti­on des Berufs­stan­des deut­lich macht. Arm­brecht ist ein Enkel­sohn Otto Wend­lers, der sein gan­zes Leben zusam­men mit Bru­der Rudi Sim-Jü-Beschi­cker gewe­sen ist. Arthur Arm­brecht und sei­ne Eltern sind rund 20 Jah­ren eben­falls eng mit Sim-Jü ver­bun­den. Der Kir­mes­park „Mini-Sim-Jü” war ein Hoff­nungs­schim­mer, die Absa­ge auf­grund stei­gen­der Infek­ti­ons­zah­len ein wei­te­rer her­ber Rück­schlag. In sei­nem emo­tio­na­len Schrei­ben kri­ti­siert er die Bundesregierung.

„Vie­le unse­rer Stamm­kun­den am Auto Scoo­ter ken­nen die­sen Euro nur zu gut! Vor vie­len Jah­ren saß ich bei mei­nem Onkel im Wel­len­flug in der Kas­se, da war ich viel­leicht neun oder zehn. Er hat­te ein Euro­stück auf den Tre­sen geklebt, ein­fach wahl­los drauf. Ich habe mich oft gewun­dert, war­um er das gemacht hat, bis ich mit­be­kom­men habe, dass jemand ein Ticket gekauft hat­te. Die Gäs­te bezahl­ten und mein Onkel  leg­te das Rück­geld auf den Tre­sen. Der Gast, wel­cher sein Wech­sel­geld bis auf einen Euro schon hat­te bemüh­te sich ihn abzu­be­kom­men und als mein Onkel ihm ein neu­es Geld­stück dane­ben leg­te begann er den Spaß zu ver­ste­hen. Er lach­te, bedank­te sich und hat­te noch eini­ge Zeit ein Lächeln im Gesicht. Ich fand die­ses Spiel so toll, dass ich bestimmt drei Stun­den lang Tickets ver­kauft habe, nur um zu sehen,  wie die Leu­te reagieren.

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Ich war so begeis­tert davon, dass man den Leu­ten mit einem ein­fa­chen Euro so viel Spaß berei­ten konn­te, dass ich zu mir sag­te: „Wenn ich groß bin mache ich das auch mal!“ Und da sind wir nun. Ich bin Arthur Arm­brecht, 25 Jah­re jung, und die 7. Gene­ra­ti­on unse­rer Schau­stel­ler­fa­mi­lie. Ich bin seit mei­nem 20. Lebens­jahr selbst­stän­dig, habe eine tol­le Frau eine wun­der­vol­le Toch­ter und wei­te­rer Zuwachs ist auf dem Weg.

Die­ses Jahr war das schlimms­te was ich und mei­ne klei­ne Fami­lie in den jun­gen Jah­ren erle­ben muss­ten. Es ging nicht nur um die finan­zi­el­le Situa­ti­on die in jedem ande­ren Schau­stel­ler­be­trieb min­des­tens genau­so schlecht aus­sieht, son­dern um die enor­me emo­tio­na­le Belas­tung bei jedem von uns. Ängs­te um die Exis­tenz die man sich in jah­re­lan­ger har­ter Arbeit auf­ge­baut hat. Man liegt abends im Bett und fragt sich wie es denn bit­te mit unse­rem Leben wei­ter­ge­hen soll, nicht mit unse­rem Beruf son­dern mit unse­rem Leben. Denn vie­le wis­sen nicht, dass das Schau­stel­ler­sein nicht ein­fach irgend­ein Beruf ist den man aus­übt und abends heim kommt und dann ist die Arbeit vor­bei. Wir leben unse­re Arbeit! Wir wer­den groß unter Auf­bau­lärm, Krä­nen, die gro­ße Fahr­ge­schäf­te und Ach­ter­bah­nen auf­bau­en. Wir spie­len hin­ter den Kulis­sen fan­gen oder ver­ste­cken wäh­rend drau­ßen vie­le Men­schen Spaß haben. Als Kin­der schla­fen wir im Wohn­wa­gen hin­ter unse­rem Geschäft, wäh­rend der Fest­platz gera­de anfängt rich­tig auf­zu­dre­hen. Wenn wir älter wer­den, arbei­ten wir mit, eine Selbst­ver­ständ­lich­keit und kei­ne „Kin­der­ar­beit“. Wir haben als Kin­der die schöns­ten Spiel­plät­ze der Welt mit aller­lei Lecke­rei­en und Attraktionen.

Wie die Zukunft für mei­ne Kin­der aus­se­hen wird möch­te ich mir aktu­ell nicht aus­ma­len, denn in unse­rer Gesell­schaft läuft momen­tan ganz schön was schief! Ich bin kein Leug­ner oder Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker, jedoch schla­gen mir eini­ge Ent­schei­dun­gen der Bun­des­re­gie­rung auf den Magen. Wenn ich die Ungleich­be­hand­lung in unse­rem Land sehe, dann möch­te der inne­re Rebell aus mir raus! Wie­so? Wie­so dür­fen Volks­fes­te nicht statt­fin­den? Es gibt mobi­le Frei­zeit­parks,  in denen bun­des­weit bewie­sen wur­de, dass wir auf Ver­an­stal­tun­gen ein Hygie­ne­kon­zept auf­fah­ren kön­nen wo sich ande­re „nicht Ein­ge­schränk­te“ mal eine dicke Schei­be von abschnei­den könn­ten. Allein auf dem „Herbst­ver­gnü­gen“ in Han­no­ver ste­hen ca. 230 Des­in­fek­ti­ons­spen­der für maxi­mal 3800 Besu­cher bereit. Nur ein klei­nes Bei­spiel, denn in kei­ner Innen­stadt, bun­des­weit, gibt es eine Begren­zung wie vie­le Leu­te dort schlen­dern dür­fen ohne eine ein­zi­ge öffent­li­che Des­in­fek­ti­ons­mög­lich­keit. Dort steht kein Sicher­heits­dienst der die Pas­san­ten bit­tet,  Abstand zu hal­ten oder eine Mas­ke zu tra­gen. Wie­so also muss­ten wir von Anfang an die Leid­tra­gen­den der gan­zen Pan­de­mie sein. Nicht nur wir Schau­stel­ler auch alle ande­ren aus der Ver­an­stal­tungs­bran­che erlie­gen fak­tisch einem Berufsverbot!

Wir wol­len doch nichts wei­ter als wie­der unser Leben zu füh­ren,  für das wir gebo­ren sind. Ich möch­te wie­der auf Volks­fes­ten und Kir­mes­sen im gan­zen Land Freu­de und Ver­gnü­gen berei­ten, den Kin­dern wie­der ein Lächeln ins Gesicht zau­bern. Ich möch­te wie­der in mei­ner Kas­se sit­zen ohne Angst zu haben, was mor­gen ist. Ich möch­te, dass unse­re Kin­der genau­so auf­wach­sen kön­nen, wie wir auf­ge­wach­sen sind, und ich möch­te unse­re Besu­cher mit dem auf­ge­kleb­ten Euro wei­ter zum Lächeln brin­gen. Ich möch­te die Welt lächeln sehen, ohne Maske!

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