Werne. Der Friedhof am Südring gehört mit seinem parkähnlichen Charakter zu den stadtbildprägenden Gedenkstätten Wernes. Wie andernorts auch befindet sich hier die Bestattungskultur in einem stetem Wandel.
Waren noch vor wenigen Jahrzehnten Erdbestattungen die Norm, werden die Verstorbenen heute zum großen Teil in Urnengräbern bestattet. Das hat zur Folge, dass die Freiflächen in den einst geschlossenen Reihen von Gruften und Einzelgräbern immer mehr und größer werden.
Weil diese Entwicklung einerseits einen Anstieg der Kosten und andererseits sinkende Einnahmen bedeutet, hat die Katholische Kirchengemeinde St. Christophorus nun entschieden, dem gestiegenen Pflegeaufwand mit einer deutlichen Reduzierung der Friedhofspflege zu begegnen. „Heute liegt der Anteil der Urnenbestattungen bei 70 bis 80 Prozent“, schilderte Robert Schulze Kalthoff, der sich im Friedhofsausschuss engagiert, gegenüber WERNEplus. Deutlich spüre man auch die Auswirkungen von alternativen Angeboten wie des Friedwalds in Cappenberg.
Ganz unterschiedliche Beisetzungsformen wie Baumbestattungen, Rosenfelder oder Reihen von Urnengräbern finden sich neben den Erdbestattungen heute auch schon auf dem Hauptteil des Friedhofs nördlich des Südrings, beschrieb Schulze Kalthoff den Wandel.
Sinkende Einnahmen – Kirchengemeinde St. Christophorus zieht Reißleine
Mit der Reduzierung der Pflegemaßnahmen müsse man dennoch nun die Reißleine ziehen, erläuterte er die Entscheidung des Kirchenvorstands. Dies werde sich auf die Taktung der Pflegemaßnahmen wie Wege harken, Hecken schneiden oder das Schneiden des Rasens auf den Freiflächen auswirken, nannte er Beispiele.

Auf lange Sicht soll zudem der katholischen Friedhofsteil jenseits des Südrings aufgegeben werden. Hier wolle man künftig keine neuen Bestattungen mehr gewähren. Zubestattungen von Ehepartnern und Angehörigen blieben jedoch weiterhin möglich, hieß es. Dies sei eine sehr langfristige Planung über 50 bis 60 Jahre. Auch andere Lösungsansätze, die geeignet seien, das Missverhältnis von Kosten und Einnahmen in den Griff zu bekommen, überlege man sehr wohl. Doch diese ließen sich eben nicht schnell umsetzen, hofft man im Kirchenvorstand auf Verständnis.
Ursachen für die Reduzierung der Pflege
Mitteilung im Wortlaut: „In einer bedeutenden Entscheidung hat die Kirchengemeinde St. Christophorus beschlossen, die Pflege des Friedhofs zu reduzieren. Diese Maßnahme ist eine direkte Folge der drastisch gesunkenen Einnahmen, die auf eine veränderte Bestattungskultur zurückzuführen sind.
Die Einnahmen des Friedhofs sind in den letzten Jahren deutlich gesunken. (…) Während traditionelle Bestattungen lange Zeit die Norm waren, bevorzugen heutzutage immer mehr Menschen alternative Bestattungsformen wie Urnenbeisetzungen, Naturbestattungen oder Seebestattungen. Diese sind oft kostengünstiger und benötigen weniger Platz und Pflege, was zu einem Rückgang der Grabkäufe und damit auch der Einnahmen führt. Weiterhin werden dadurch auch viele Grabflächen frei, die wiederum auch gepflegt werden müssen. Dadurch wurden die Kosten für die allgemeine Pflege des rund 59.000 Quadratmeter großen Friedhofes stetig höher und sind so nicht mehr von der Kirchengemeinde zu stemmen.

Finanzielle Herausforderungen für die Kirchengemeinde
Die Kirchengemeinde sieht sich daher mit erheblichen finanziellen Herausforderungen konfrontiert. Mit den sinkenden Einnahmen können die laufenden Kosten für die Instandhaltung und Pflege des Friedhofs nicht mehr gedeckt werden. Dazu gehören unter anderem die regelmäßige Pflege der Grünflächen, die Instandhaltung von Wegen, die Pflege der Hecken und Bäume. (…) Daher wurde im Kirchenvorstand beschlossen, die Pflege des Friedhofes deutlich zu reduzieren und keine weiteren Bestattungen auf dem südlichen Teil mehr vorzunehmen.
Reaktionen aus der Gemeinde
Die Entscheidung der Kirchengemeinde hat gemischte Reaktionen in der Gemeinde hervorgerufen. Viele Menschen zeigen Verständnis für die schwierige finanzielle Situation, in der sich die Gemeinde befindet. Andererseits gibt es auch Kritik an der Entscheidung. Einige Gemeindemitglieder äußern Bedenken, dass die Reduzierung der Pflegequalität zu einem Verfall des Friedhofs führen könnte. Sie sorgen sich um die Würde und den respektvollen Umgang mit den Verstorbenen sowie um das Erscheinungsbild des Friedhofs als Ort des Gedenkens und der Trauerbewältigung.
Zukunftsaussichten und Lösungen
Der Blick in die Zukunft zeigt, dass die Kirchengemeinde nicht nur auf kurzfristige, sondern auch auf langfristige Lösungen setzen muss. Ein umfassender Plan zur Gestaltung des Friedhofs wurde schon vor zwei Jahren erarbeitet, um den veränderten Bedürfnissen und Wünschen der Gemeindemitglieder gerecht zu werden. Dazu gehört auch die Schaffung von Bereichen für alternative Bestattungsformen, die weniger Pflegeaufwand erfordern, sowie die Integration von naturnahen Konzepten, die sowohl ökologisch wertvoll als auch finanziell tragbar sind.

Die Kirchengemeinde steht nun vor der Herausforderung, innovative und nachhaltige Lösungen zu finden, um die Pflege des Friedhofs auch in Zukunft zu gewährleisten. Die Entscheidung der Kirchengemeinde, die Pflege des Friedhofs zu reduzieren, markiert einen Wendepunkt in der Bestattungskultur und den Umgang mit Friedhöfen. Es bleibt zu hoffen, dass durch gemeinschaftliches Engagement und innovative Ansätze eine Lösung gefunden wird, die sowohl den finanziellen Herausforderungen gerecht wird als auch die Würde und den Respekt für die Verstorbenen bewahrt.“