Samstag, April 19, 2025

Mit Orgel-Improvisationen durch das Kirchenjahr

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Werne. Von Aschermittwoch bis Pfingsten dauert der Osterfestkreis, die wichtigste Zeit im christlichen Kirchenjahr. Die Stiftung Musica Sacra Westfalica widmet sich diesen Wochen des Leidens, der Trauer und der Freude mit drei besonderen Orgelkonzerten.

„Im Fokus steht die Kunst der Improvisation“, erklärt Dr. Hans-Joachim Wensing, künstlerischer Leiter der Stiftung. Am Palmsonntag, 13. April, gastiert der Organist Prof. Theo Jellema aus Leeuwarden, Niederlande, in der St. Christophorus-Kirche. Am 27. April, dem Weißen Sonntag nach Ostern, gibt Wensing als Kantor der St. Christophorus-Gemeinde sozusagen ein Heimspiel. Und mit Blick auf Pfingsten reist der Kölner Kirchenmusiker Otto Maria Krämer für ein Orgelkonzert am 1. Juni an.

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„Improvisiert wird innerhalb bestimmter kompositorischer Strukturen“, erklärt Wensing. Beispielsweise der Orgelsuite, die einen prägnanten Aufbau hat. Innerhalb festlich klingender Rahmensätze können die variationsreichen Klangfarben der Orgel in Mittelsätzen vorgestellt werden. Innerhalb einer „Partita“ wiederum werden verschiedene Formen von Variationen eines Choralthemas vorgestellt. „Dabei können die Zuhörenden Bekanntes im Unbekannten entdecken, also musikalische Motive aus ihnen vertrauten Kirchenliedern wiederfinden“, sagt Wensing. Improvisieren bedeutet so viel wie „aus dem Stegreif komponieren“. Anders ausgedrückt: „Improvisieren ist wie sprechen lernen.“ Den Satz hörte Wensing bei einer Weiterbildung und fand ihn sehr einprägsam. „Es geht dabei schließlich darum, etwas von sich selbst verständlich auszudrücken.“

Zu Zeiten von Bach, Mozart und Beethoven sei die Improvisation innerhalb der klassischen Musik etwas Selbstverständliches gewesen. „Im vergangenen Jahrhundert ist diese Technik aber außerhalb des Jazz in den Hintergrund gerückt“, so Wensing. Wer sich dagegen im 18. Jahrhundert als Kirchenmusiker bewerben wollte, wurde schief angesehen, wenn er beim Vorspiel nur auf vorgegebene Orgelliteratur zurückgriff. „Die musikalische Kreativität zeigt sich ja gerade in der Improvisation.“

Innerhalb der Liturgie gibt es auch ganz praktische Gründe fürs Improvisieren. „Zunächst führt man ja ein Kirchenlied ein, damit die Leute wissen, was kommt“, erläutert Wensing. „Dann braucht es aber auch etwas Schwung in Richtung Abwechslung, damit nicht alle sechs oder sieben Strophen gleich klingen.“ Ein Organist müsse außerdem in der Lage sein, unabsehbare Verzögerungen im Gottesdienst zu überbrücken – etwa, wenn die Kommunion sich je nach Menge der Kirchenbesucher länger hinzieht. Ein Blick auf das Konzertprogramm von Theo Jellema zeigt, dass dieser Komposition und Improvisation gegenüberstellt. Für letztere hat sich der Musikwissenschaftler Lieder aus dem Gotteslob zur Passion herausgesucht. Zum Beispiel „O Mensch, bewein dein Sünde groß“, ein lutherisches Passionslied, dem er das „Thema met variaties“ von Hendrik Andriessen entgegensetzt. Oder Improvisationen über die Kirchenlieder „Beim letzten Abendmahle“ und „Holz auf Jesu Schulter“, die zwischen Messiaens Stück „Jésus accepte la souffrance“ („Jesus nimmt das Leiden an“) und der „Fugue en fa-mineur“ von Marcel Dupré stehen. Die entsprechenden Nummern der Lieder aus dem Gotteslob werden im Programm angegeben. Wer mag, kann die Variationen des Orgelspiels anhand der Noten im Gotteslob mitverfolgen.

INFOKASTEN

Theo Jellema wurde schon früh durch die historischen Orgeln seiner friesischen Heimat geprägt. Er gewann zahlreiche Preise und unterrichtete als Professor an verschiedenen niederländischen Musikhochschulen. 2017 wurde er zum Stadtorganist an der Müller-Orgel in Leeuwarden ernannt. In Werne spielt er auf Einladung der Stiftung Musica Sacra Westfalica am Sonntag, 13. April, ab 17 Uhr in der St. Christophorus-Kirche. Der Eintritt ist frei, die Veranstalter bitten um eine Spende.

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