Werne. 80 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau haben in Werne den 27. Januar zu einem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus mit eindrucksvollen und bewegenden Aktionen an verschiedenen Orten in der Stadt gemacht.
Schon am Morgen ab 8.30 Uhr entstand auf dem Kirchplatz der St.-Christophorus-Kirche die Installation „111 vergessene Leben“ der WEREmber AG des Anne-Frank-Gymnasiums (AFG) eine Installation mit ebenso vielen weißen Stühlen und weißen Ballons, die darüber schweben. Mit den so geschaffenen wirkungsvollen Bildern erinnerten die Jugendlichen an die 111 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die auf dem Friedhof am Südring bestattet sind.
„WEREmeber-AG“des AFG: Weiße Stühle und Ballons für „111 vergessene Leben“
Bis 14.30 Uhr kamen die Jugendlichen mit Passanten in Gespräch und berichteten über ihre Arbeit, die aus dem lange Zeit kaum bekannten Friedhof die würdevolle „Gedenkstätte Zwangsarbeit Werne“ gemacht hat. So gelang es den Jugendlichen, Informationen über die Werne erstorbenen Zwangsarbeiter/innen herauszufinden, Namen und Schicksale zu benennen. Heute wird die Gedenkstätte von der WEREmeber AG gepflegt und dient regelmäßig als außerschulischer Lernort.
MSS-Schüler-AG „Projekt Auschwitz“ – Reise nach Polen
Wie die Jugendlichen des Anne-Frank-Gymnasiums nehmen auch die Schüler/innen der Marga-Spiegel-Sekundarschule das Schicksal ihrer Namensträgerin zum Anlass, an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. So reiste mit der Schüler-AG „Projekt Auschwitz“ erstmals eine Gruppe der Marga-Spiegel-Schule nach Polen. Die Jugendlichen berichteten am Montag in der Westfälischen Stube des Stadtmuseums von ihrem Besuch des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau, umrahmt von einem Musikbeitrag. „Dort fanden sie in einem Buch die Namen von Helene Herz und Helmut Heimann aus Werne sowie erschütternde Relikte von ermordeten Juden“, wie Bürgermeister Lothar Christ bei der Kranzniederlegung auf dem Friedhof schilderte.
Den Spuren jüdischer Menschen, die einst in Werne lebten, gingen am Nachmittag unter Führung des Stadtmuseums und des Kulturbüros der Stadt Werne bei einem einstündigen Rundgang entlang der Stolpersteine vor deren ehemaligen Häusern nach und machten am Jüdischen Friedhof an der Südmauer halt.
Bürgermeister zollt Erinnerungsarbeit der Jugendlichen Respekt und Dank
Zur „Gedenkstätte Zwangsarbeit Werne“ kamen viele Menschen aller Altersgruppen und gedachten bei der Kranzniederlegung in großer Runde still jenen, die dort fern ihrer Heimatländer bestattet sind. „Fest steht, dass wir Deutschen eine ganz besondere Verantwortung haben, denn hier und von hier aus sind die Verbrechen begangenen worden, an die wir heute erinnern.“ Leider sei die Gefahr nicht von der Hand zuweisen, dass Gedenktage wie der 27. Januar und der 9. November zu einer Routineveranstaltung, zu einem Ritual erstarrten, sagte der Bürgermeister und hob deshalb die Erinnerungsarbeit der Werner Schülerinnen und Schüler hervor.
„Wir können froh sein, dass junge Menschen, die vielleicht offener als ihrer Vorfahren auf die Vergangenheit schauen, sich nicht nur mit den Darstellungen der Nazizeit in ihren Geschichtsbüchern begnügen, sondern – oft angeregt durch engagierter Lehrpersonal – an konkreten Beispielen die Vergangenheit, vor allem den Holocaust, erforschen“, sagte Christ und zollte ihnen Respekt und Dankbarkeit.
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