Werne. Klar und markant durchdrang ihr Klang das Foyer der Marga-Spiegel-Schule, schön kontrastierend zu seiner sonoren Resonanz: Das Zusammenspiel von Mandoline und Akkordeon machte das erste Konzert der Musikfreunde im neuen Jahr zu einem ungewöhnlichen Hörgenuss. Die mehr als 100 Zuhörer sparten weder mit Applaus noch mit beifälligen Zwischenrufen nach besonders virtuosen Stücken.
Und davon standen einige auf dem Programm. Das gestaltete sich allerdings etwas anders als ursprünglich geplant. Denn eigentlich hätte die Mandolinenspielerin Lotte Nuria Adler mit der Gitarristin Emma Schützmann auftreten wollen. Doch die musste aufgrund einer Verletzung kurzfristig absagen. Daraufhin sprangen Adlers Bruder Emil und sein Knopfakkordeon kurzfristig ein. Dem Publikum boten die Geschwister nicht nur ein abwechslungsreiches Konzert, sondern auch Einblicke in die Geschichte und Klangwelt ihrer Instrumente.
Während das aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts stammende Akkordeon relativ jung ist, entwickelte sich die Mandoline im 18. Jahrhundert aus verschiedenen Lauteninstrumenten. Ludwig van Beethoven schrieb einige Werke für Mandoline. Das Duo Adler startete mit zwei kleinen Pretiosen aus diesem Repertoire, der behutsamen Sonatine WOO 43A und ihrer tänzerisch-flotten Nachfolgerin WOO 44A. Das Akkordeon übernahm dabei souverän den ursprünglich dem Cembalo zugewiesenen Part. Damit stimmten Lotte Nuria Adler und ihr Bruder auf die unterschiedlichen Charaktere ihrer Instrumente ein: Das Klangbild malte ein flüchtiges Etwas, das um eine bedächtigere Figur herumschwirrte.
Ebenfalls pittoresk erschien „Das weiße Fahrrad“ (La bicicleta blanca) von Astor Piazzolla. Mit ihrer Interpretation beschworen die Geschwister einen lauen Sommertag herauf. Die Mandoline ließ die Luft flirren, das Akkordeon trat sozusagen in die Pedale, forcierte das Tempo und glitt dann wieder wie im Freilauf dahin. Solistisch ließ Emil Adler sein Instrument mit einem Barockstück von Jean-Philippe Rameau – „dem französischen Bach am Hof von Versailles“ – glänzen. Er schmiegte sich in das sehnsuchtsvolle „Gespräch der Musen“ („L’Entretien des Muses“), dessen weite Melodiebögen an ländliche Panoramen denken ließen.
Einen Gegenpol schuf Lotte Nuria Adler mit ihrem Solopart: einer romantischen Komposition des italienischen Mandolinenspieler Raffaele Calace. Virtuos zelebrierte sie das charakteristische Tremolieren auf ihrem Instrument, mit dessen Hilfe sich ein Ton verlängern lässt – was dem Spiel gleichzeitig eine pulsierende Spannung verleiht. Die unterstrich Adler dynamisch, vom fast tonlosen Piano bis zum scharfen Forte. Zum Finale entfachte sie ein wildes Inferno. Fritz Kreislers Werk „Sicilienne und Rigaudon“ brachte dann wieder den Kontrast zwischen dem tonreichen Fluss des Akkordeons und dem schlanken Staccato der Mandoline zur Geltung.
Der zweite Teil des Abends begann mit den lebhaften rumänischen Volkstänzen von Béla Bartók. Zwei weitere Stücke von Piazzolla fügten eine bittersüße Note hinzu: „Oblivion“ und „Adiós Nonino“. In letzterem verarbeitete der Argentinier den Tod seines Vaters. Emil Adler intonierte diesen Solopart mit orgelähnlicher Sakralität. Seine Schwester übernahm das nächste Solo, eine Hommage des zeitgenössischen Mandolinisten Vincent Beer-Demander an Raffaele Calace. Nach ein paar romantischen Anklängen absolvierte Lotte Nuria Adler dissonante Tonsprünge mit versierter Fingerfertigkeit.
Gegen Ende des Konzerts versprach Emil Adler augenzwinkernd „ein bisschen Kitsch“ – schrappte dann aber mit seiner Schwester gekonnt daran vorbei: Den oft gehörten Song „Over the Rainbow“ spielten sie mit einer zurückhaltenden Nachdenklichkeit, die ihm mehr als guttat.
INFO
Das nächste Konzert: „Carl und Veronika“. Ein Abend mit Musik der Comedian Harmonists und Carl Orffs am Donnerstag, 20. Februar 2025, ab 20 Uhr im Foyer der Marga-Spiegel-Schule.