Sonntag, November 24, 2024

Festsetzungen für das Klima in Neubaugebieten – Politik gespalten

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Werne. Wohnraum, vor allem bezahlbarer, ist auch in Werne knapp, die Nachfrage nach Neubaugebieten entsprechend groß. Doch wie kann man beim Bau von neuem Wohnraum, sei es nun das Eigenheim oder die Mietwohnung im Mehrfamilienhaus, gleichzeitig auch dem Klimaschutz und einer wirksamen Anpassung an des Klimawandel Genüge tun? Dasselbe gilt für andere städtebauliche Neubauprojekte Gewerbe- und Mischnutzungen.

Um in Sachen Klimaschutz und -anpassung das Heft des Handels in der Hand zu behalten, ging es im Ausschuss für Stadtentwicklung, Planung und Wirtschaftsförderung (ASPW) am Dienstag, 30. Januar 2024, um Strategien, wie man in der „gebauten Umgebung“ den Folgen des Klimawandels begegnen könne, hieß es sinngemäß in der Beschlussvorlage.

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Dazu stellte Klimaschutzmanager Dr. Tobias Gehrke einen Festsetzungskatalog für künftige Neubaugebiete vor. Darin enthalten sind bauliche Maßnahmen mit denen man kommenden Hitze- und Starkregenereignissen vorbeugen kann. Die Nutzung Erneuerbarer Energien in den Neubauten gehört ebenfalls dazu. Den rechtlichen Rahmen liefert dazu Paragraph 9 Baugesetzbuch (BauGB).

Der Festsetzungskatalog greift drei Themenfelder auf, die sich auf die klimatischen Herausforderungen beziehen, denen die Stadt Werne ausgesetzt ist. So gehe es um den nachhaltigen Umgang mit den wasserbezogenen Extremwettereignissen Hitze und Starkregen sowie um eine Forcierung des Ausbaus Erneuerbarer Energien. Auf diese Weise sollen städtebauliche Neubauprojekte betrachtet und eine klimafreundliche Bauleitplanung gewährleistet werden.

Bei der Auswahl der Festsetzungen habe man darauf geachtet, die Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung bestmöglich berücksichtigen, ohne dabei die baulichen Möglichkeiten von Investoren und/oder Privateigentümern zu stark einzuschränken.

Stärkere Bindungen für das Bauen erfolgten dabei durch folgende Festsetzungen: Dach- und Fassadenbegrünung, Festsetzen von flachgeneigten Dächern und Flachdächern, Vermeidung von Mauern oder Gabionenzäunen, Schaffung von Retentionsflächen, Rückhaltung und verzögerte Ableitung von Niederschlagswasser und Einsatz Erneuerbarer Energien.

Ausschuss diskutiert Vorgaben für klimaschonendes Bauen kontrovers

Die Diskussion im Ausschuss teilte die politischen Akteure in zwei fast gleich große Lager, die sich in der Abstimmung mit 10 Ja- und 9 Nein-Stimmen widerspiegelte. Benedikt Lange (FDP) wies auf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum hin. „Weitere Bestimmungen verstärken das Problem, das sollte man nicht gesetzlich vorschreiben“, argumentierte er für „Augenmaß bei Regularien“.

Artur Reichert (FDP) betonte, dass das Bauen ohnehin sehr teuer geworden sei. Dies lasse viele Bauentscheidungen scheitern. Warum müsse es denn vom ersten Tag an die Solaranlage und die Dachbegrünung sein, fragte er und warb für ein größeres Zeitfenster für die Umsetzung solcher Regelungen. Ferdinand Schulze Froning (CDU) sah ausreichende Regelungen auf Bundesebene. „Das müssen wir nicht im Kleinen regeln“, fand er.

Für die SPD hielt Ulrich Höltmann dagegen. Wer sich darauf einlasse, in einem Neubaugebiet zu bauen, müsse sich auf solche Maßnahmen einrichten. „Wenn wir nicht anfangen, verschenken wir eine Chance“, sagte er. „Es muss was passieren“, stimmte Adelheid Hauschopp-Francke zu. Den Zeitfaktor könne man mit einbringen, sodass nicht sofort alles gemacht werden müsse.

Klaus Schlüter (Die Grünen) sah angesichts von „Starkregen alle zwei Jahre“ großen Handlungsdruck. So werde der Ausstoß von CO2 auch bepreist, deshalb sei der Einsatz von Photovoltaikanlagen nachvollziehbar. Ähnlich sah des Grünen-Mitglied Christopher Diedrich. „Persönlich ärgert es mich, wenn es heißt, alles würde so viel kosten.“ Familien bräuchten aber auch Sicherheit für ihre Planungen.

Tobias Gehrke verwies auf den Präventionscharakter der Maßnahmen, besonders auch im öffentlichen Raum, etwa bei der Beschattung von Plätzen oder Freiflächen für Starkregenereignisse. Das gehöre auch zur Realität. Außerdem könne man bei Bedarf bei den Festsetzungen nachjustieren. Er nannte die ab Januar 2024 geltenden Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes, wonach in Neubaugebieten jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden müsse. Eine weitere rechtliche Grundlage schaffe die Solaranlagenpflicht in NRW, die ab dem 1. Januar 2024 bei neuen Nichtwohngebäuden und ab dem 1. Januar 2025 bei neuen Wohngebäuden greife.

Der Festsetzungskatalog findet sich im Bürgerinformationssystem unter Anlage_1_VV0307_2023_Festsetzungskatalog_Klimaschutz_und_Klimaanpassung.pdf

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1 Kommentar

  1. Kopfschütteln, Augenreiben, mit der Faust auf den Tisch hauen? Man weiß gar nicht, was man bei der Lektüre der Vorlage und der hierzu verfassten Artikel in der Presse zuerst machen soll. Oder vielleicht alles gleichzeitig? Schaut man mal in die aktuellen Wahlprogramme aller vertretenen Parteien, so findet man eigentlich überall Formulierungen wie „Schaffung und Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums.“ Oder „Schaffung von Wohneigentum für junge Familien.“ Soweit, so gut. Aber wie sieht die Realität aus? Handelt „die Politik“ danach, diese selbstformulierten Ziele zu erreichen? Wie hilft sie beispielsweise jungen Familien dabei, den Traum vom Eigenheim zu realisieren? Hält man hier einen Moment inne, fallen einem ad hoc eigentlich keine, oder wenn überhaupt nur wenige Initiativen wie die Unterstützung beim Kauf von Baugrundstücken für Familien mit Kindern ein. Was aber sofort in den Sinn kommt, sind immer mehr Vorschriften, Regulierungen, Restriktionen. Die Folgen hiervon lassen sich sehr gut im Wohnungsmarktbericht Nordrhein-Westfalen 2023 ablesen: „Die Baugenehmigungen sind im ersten Halbjahr 2023 in Nordrhein-Westfalen insgesamt um 33 Prozent eingebrochen. Dramatisch war der Rückgang vor allem im Neubau. Beim Neubau von Ein- und Zweifamilienhäusern wurden im Vorjahresvergleich 43 Prozent weniger Wohnungen genehmigt, beim Neubau von Geschosswohnungen betrug der Rückgang 36 Prozent.“ Natürlich spielen hier die Zinsentwicklung und Baupreise eine nicht unerhebliche Rolle. Aber als gebe es nicht schon genug Vorschriften innerhalb des Baugesetzbuches, seit Januar 2024 neue Vorgaben aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEE) und ab dem 01. Januar 2025 die Solaranlagenpflicht in NRW bei neuen Wohngebäuden, legt die Verwaltung dem Ausschuss für Stadtentwicklung die Vorlage „Festsetzungskatalog Klimaschutz und Klimaanpassung“ zur Abstimmung vor, die diese bestehenden Vorschriften in vorauseilendem Gehorsam freiwillig weiter verschärfen und den Wohnungsbau damit weiter verteuern werden. Der Satz in der Vorlage: „Der Beschluss des Festsetzungskatalogs erzeugt keine unmittelbaren Kosten. Im Rahmen der Ausführung von Bauvorhaben sind im Einzelfall zusätzliche Kosten nicht ausgeschlossen. Die Kosten müssen von Bauherren oder Investoren getragen werden.“, klingt fast schon zynisch. Die in Werne selbst auferlegte Verpflichtung, dass bei Wohnbauvorhaben ab einer Größe von 10 Wohneinheiten, mindestens 30% davon öffentlich gefördert sein müssen wirkt schon jetzt wie ein Hemmschuh auf Investoren im Mietwohnungsbau. Um nicht falsch verstanden zu werden. Klimaschutz ist wichtig und muss betrieben werden. Aber mit Augenmaß. Der Weg über Anreize, Förderung und Unterstützung die Ziele des Klimaschutzes und des Wohnungsbauförderung zu einen, zu beschreiben, wie etwas funktionieren kann, anstatt Hürden aufzubauen, wie etwas gerade nicht geht, sollte das Bestreben einer Kommune sein. Immer mehr Vorschriften werden dabei nicht helfen.

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