Freitag, Oktober 31, 2025

OVG nimmt sich Kalkulation der Abwassergebühren vor

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Werne. Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat seine Rechtsprechung zur Berechnung der Abwassergebühren geändert und einem Kläger gegen die Stadt Oer-Erkenschwick Recht gegeben. Das Urteil könne weitreichende Folgen für die Gebührenkalkulationen aller Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen haben, heißt es Berichten zufolge zum Urteil.

Weil demnach alle Städte gleichermaßen kalkuliert haben, dürfte der Richterspruch im Falle von Oer-Erkenschwick nun Kreise ziehen. Grundsätzlich dürfen Gebühren maximal kostendeckend erhoben werden.

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Das OVG Münster komme in seinem Urteil zu der Auffassung, dass die Berechnung von kalkulatorischen Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen in der Abwassergebühr zu einem Gebührenaufkommen führt, das die Kosten der Anlagen überschreitet. So lägen laut der Änderung der bisherigen, 1994 begründeten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts, zwei grundlegende Kalkulationsfehler vor:

Anders als bei der bisherigen Rechtsprechung, sei der gleichzeitige Ansatz einer Abschreibung der Entwässerungsanlagen mit ihrem Wiederbeschaffungszeitwert sowie einer kalkulatorischen Verzinsung des Anlagevermögens mit dem Nominalzinssatz (einschließlich Inflationsrate) unzulässig. Der Wiederbeschaffungszeit ist der Preis, den eine Anlage gleicher Art und Güte für die Neuanschaffung gezahlt werden müsste.

Außerdem sei der von der Stadt (Oer-Erkenschwick) in der Gebührenkalkulation – ebenfalls auf Basis der bisherigen Rechtsprechung – angesetzte Zinssatz von 6,52 Prozent sachlich nicht mehr gerechtfertigt. Bislang wurde der einheitliche Nominalzinssatz für Eigen- und Fremdkapital aus dem Durchschnitt der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere über einen Zeitraum von 50 Jahren zugrunde gelegt. Ferner konnten Städte und Gemeinden einen pauschalen Zuschlags von 0,5 Prozentpunkten für höhere Fremdkapitalzinsen erheben. Das gehe über eine angemessene Verzinsung des für die Abwasserbeseitigungsanlagen aufgewandten Kapitals hinaus, urteilte jetzt das OVG.

Stattdessen hält es das Oberverwaltungsgericht für angemessen, bei einer einheitlichen Verzinsung den zehnjährigen Durchschnitt dieser Geldanlagen ohne einen Zuschlag zugrunde zu legen. Daraus ergäbe sich für das Jahr 2017 bei der von der Stadt Oer-Erkenschwick ansonsten gewählten Methode ein Zinssatz von 2,42 Prozent.

Aktuell käme bei einer Durchschnittsberechnung über zehn Jahre angesichts der allgemeinen Zinsentwicklung wohl ein noch geringerer Zinssatz zustande, schätzte Alexander Höring, Referent von Kämmerer Marco Schulze-Beckinghausen auf Nachfrage von WERNEplus, ein. Anders als im Beispiel der Stadt Oer-Erkenschwick hatte die Stadt Werne bei der Kalkulation der Abwassergebühren im Jahr 2021 bereits einen reduzierten Zinssatz von 4,75 Prozent zugrunde gelegt. Auf Basis des OVG-Urteils werde man die Gebühren im Herbst neu kalkulieren, hieß es.

Ina Scharrenbach, geschäftsführende NRW-Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, zum Richterspruch: „Das Urteil ist weitreichend und bedarf einer intensiven Prüfung. Die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Eine Prüfung schließt auch mögliche Veränderungen an landesgesetzlichen Grundlagen ein, damit in Zukunft eine qualitativ hochwertige Abwasserentsorgung gesichert werden kann, wie sie auch das europäische Recht fordert. Das Urteil ist noch nicht bestandskräftig und es ist abzuwarten, ob die beklagte Stadt Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhebt.“

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