Donnerstag, Januar 30, 2025

Nach intensivem Austausch im Rat: Bürgerentscheid am 3. Advent

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Werne. Ein echtes Stück Basisdemokratie steht am Sonntag, 12. Dezember, im Adventskalender. Denn dann werden die wahlberechtigten Werner Bürger/innen ab 16 Jahre aufgerufen, im Bürgerentscheid ihre Stimmen pro oder contra Gewerbe- und Industriegebiet Nordlippestraße abzugeben.

Mit Menschenkette und Trecker-Parade hatten die Mitglieder und Unterstützer der Bürgerinitiative gegen die Pläne (BIN) vor der Ratssitzung am Mittwoch, 29. September, dafür geworben, die Entwicklung rund 30 Hektar großen Fläche zu einem Gewerbe- und Industriestandort nicht weiter zu verfolgen. 31 von 41 Ratsmitgliedern entsprachen der Bürgerforderung mehrheitlich nicht und setzten wie berichtet den zweiten Teil des Verfahrens, den Bürgerentscheid, in Gang.

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An der Ratssitzung im Kolpingsaal konnte – coronabedingt – nur eine überschaubare Zahl an Bürgern teilnehmen. Zu Beginn würdigte Bürgermeister Lothar Christ den Ausgang des Bürgerbegehrens. „Das ist eine bemerkenswerte Resonanz“, sagte er zu dem Verfahren, das er als wichtiges Instrument der Regionalverfassung bezeichnete.

Die Aussprache eröffneten Gaby Preisker und Martin Schwerdt von der BIN als offizielle Antragsteller des Bürgerbegehrens und die Sprecher der Fraktionen schlossen sich an:

Gabriele Peisker (BIN): Sie lenkte die Aufmerksamkeit mit emotionalen Worten auf das „Grüne Tor zum Münsterland“, das erhalten bleiben müsse, und wandte sich in diesem Sinne gegen weiteren Landschaftsverbrauch durch Gewerbe und Industrie. Als Werner Bürgerin liege ihr die Stadt sehr am Herzen. In der Bürgerinitiative hätten sich Menschen aus allen Generationen und Bevölkerungsgruppen mitgemacht, freute sie sich. „Was man liebt, das schützt man. Flächenschutz ist Klimaschutz“, sagte sie.

Martin Schwerdt (BIN): Der Diplom-Ingenieur lehnte den „immensen Flächenfraß“ ab und äußerte erhebliche Zweifel an den Argumenten der Befürworter, es würden dringend mehr Arbeitsplätze und Gewerbesteuern benötigt. „Wir haben in Werne mit rund 5 Prozent Arbeitslosigkeit fast eine Vollbeschäftigung, In Unna betrage diese 8, in der Metropole Ruhr 10 und und im Gelsenkirchen 15 Prozent, lieferte er weitere Zahlen. Demgegenüber stünden 1,2 Millionen offenen Stellen. „Wählen und entscheiden, das ist existenziell“, meinte er.

Vor der Ratssitzung kam es zu Demonstrationen gegen das geplante Gewerbe- und Industriegebiet an der Nordlippestraße Nord. Foto: Isabel Schütte

Wilhelm Jasperneite (CDU): Er verwies auf lange Diskussionen in den eigenen Reihen. „Wir wollen Werne nach vorne entwickeln und keine Chancen verbauen“, sagte er. Die BIN habe ein gutes Ergebnis erzielt. Im Dezember sei mit einem Bürgerentscheid dann alles möglich und man werde das Ergebnis akzeptieren, hieß es sinngemäß. Die Anlage des Standorts müsse unter ökologischen Gesichtspunkten erfolgen. „Die Auswahl der Firmen werden wir beobachten“, versicherte Jasperneite.

Benedikt Striepens (Bündnis 90/ Die Grünen): „Ich bin überwältigt von der Zahl der Unterschriften aus breiten Bevölkerungsschichten.“ Es brauche einen Paradigmenwechsel für die Nachhaltigkeit der Stadt und keine Gewerbegebiete mehr, sprach er sich angesichts von immer häufigerem Extremwetter für Klimaschutz aus. Deswegen müsse in Werne keine Schule oder das Schwimmbad etc. zumachen, stellte er fest. „Wir begrüßen sehr, dass ein größerer Teil der Bevölkerung so ein Signal gesetzt hat“, kündigte er die acht Grünen-Stimmen pro Bürgerbegehren an.

Lars Hübchen (SPD) erinnerte an die Finanzierung des Gemeinwesen und betonte: „Ein ,es ist gut`ist nicht die unsere Politik.“ Es gehe auch um die Bestandsentwicklung, also um Werner Firmen, die sich beispielsweise erweitern wollen. Sonst werde man Arbeitsplätze verlieren, warnte er. „Wir werden nur noch diesen Spielraum bekommen“, mahnte er mit Blick auf die Flächenzuweisung durch den Regionalplanung. Über die demokratische Abstimmung sei er froh, ergänzte Hübchen.

Claudia Lange (FDP): „Wir konsumieren alle. Wenn der Standort nicht in Werne entwickelt wird, dann woanders. Das ist nicht nachhaltiger“, meinte sie. Man habe viele junge Menschen in der Stadt und eine gute Schullandschaft. Werne werde profitieren, fand sie und sprach sich im Namen ihrer Fraktion für die Entwicklung des Standorts aus.

In geheimer Abstimmung entschieden die Ratsmitglieder über das Bürgerbegehren. Foto: Wagner

Reinhard Stalz (UWW): Er zeigte sich beeindruckt von den gesammelten Stimmen der BIN. Die Unabhängigen Wähler hätten sich mit der Bürgerinitiative und den Landwirten intensiv ausgetauscht. Das Gebiet müsse so nachhaltig wie möglich ausgestaltet werden.

Matthias Stiller (Wirtschaftsförderung): Das Werner Unternehmen Hella (Sonnenschutz etc.) habe Erweiterungspläne und wolle neue Arbeitsplätze für die maschinelle Fertigung schaffen, informierte der Wirtschaftsförderer über einen lokalen Interessenten für eine Ansiedlung in dem Gewerbegebiet.

Der Rat könne dem nun folgen oder nicht, fasste der Bürgermeister vor der Abstimmung in geheimer Wahl zusammen: „Das ist kein Votum gegen ihre Interessen“, gab er in Richtung BIN zu Protokoll. Die Regionalplanung sei nicht das Problem des zu hohen Flächenverbrauchs, sondern die Lösung.

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